Raser: Bayreuths ältester Blitzer erzählt

Von Thorsten Gütling
Foto: Patrick Seeger/dpa Foto: red

Hans-Werner Sack ist 60 Jahre alt und damit der dienstälteste Blitzer der Region. Seit 1993 ist er zuständig für Geschwindigkeits- und Abstandsmessungen in Stadt und Landkreis Bayreuth. Zum 60. Jahrestag der ersten Radarfalle in Deutschland erzählt er von pikanten Beifahrerinnen und Rasern, die 1200 Euro bar bezahlen.

 
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Herr Sack, immer wieder liest man Meldungen, wonach Traktoren oder Omas mit Rollator in in die Radarfalle getappt sind. Haben Sie solche Bilder auch schon geschossen?
Hans-Werner Sack: Solche nicht, das würde ja bedeuten, dass mit der Messung etwas nicht in Ordnung ist. Aber der ein oder andere Geblitzte kommt schon mal zurück zur Messstelle und hat es eilig zu zahlen. Weil er eine mandeläugige Schönheit auf dem Beifahrersitz sitzen hat, mit der er gar nicht liiert ist. Andere wollen, dass der Bescheid an eine andere Adresse geschickt wird. Weil die Frau zuhause glaubt, dass der Mann zum Kartenspielen in der Kneipe ist, er aber tatsächlich auf dem Weg nach Tschechien zu gewissen Etablissements war.

Gleich an der Messstelle bezahlen, geht das?
Sack: Bei Verwarnungen bis 35 Euro innerorts und 30 Euro außerorts geht das. Also bei Geschwindigkeitsüberschreitungen von bis zu 20 Stundenkilometern. Alles darüber bringt eine Anzeige mit sich.

 

Hans-Werner Sack.   Foto: Andreas Harbach

 

Bringt es etwas, abzustreiten, dass ich der auf dem Foto bin?
Sack: Kaum. Wer es abstreitet, landet vor Gericht. Das gibt biometrische Gutachten in Auftrag und ein Experte vergleicht dann die Form der Ohrmuschel, Hängebäckchen, Falten und Haaransatz. Es gibt 14 Merkmale, die helfen, eine Person zu identifizieren.

Die Polizei blitzt in Oberfranken jedes Jahr rund 100.000 Fahrer. Da rastet doch betimm mal einer aus...
Sack: Stimmt. Meinem Kollegen wurde die Batterie abgezwickt und unsere Kameras wurden auch schon auf die Fahrbahn und eine Böschung hinunter geworfen.

In Deutschland stehen 1800 Starenkästen. Wieviele davon bei uns?
Sack: In Stadt und Landkreis Bayreuth kein einziger. Auf der A 9 sind einige in den Schilderbrücken montiert, aber die Standorte werden regelmäßig getauscht. In Bayreuth gibt es Starenkästen am Josephs- und am Annecyplatz. Die waren früher dazu da, dass niemand bei Rot über die Ampel fuhr. Sie funktionieren aber mit Nassfilm und so etwas haben wir nicht mehr. Die Stadt lässt sie wohl stehen, weil sie allein durch ihre Anwesenheit zur Verkehrssicherheit beitragen.

Sind die Leute eigentlich lernresistent, wenn seit 60 Jahren geblitzt, aber immer noch gerast wird?
Sack: Mit Starenkästen erwischen Sie ja vor allem die Auswärtigen. Aber sie haben Recht: Zwischen den Radarfallen fahren auch Einheimische zu schnell. Wenn wir mal unseren Standort um 100 Meter variieren, haben wir gleich viel mehr Treffer. Nur ein Beispiel: An der Autobahnauffahrt Bayreuth Nord haben wir immer auf der linken Seite geblitzt. Eines Tages haben wir uns rechts hingestellt, die Mainwelle hat durchgesagt, dass wir blitzen, und wir haben viele Fotos von Fahrern gemacht, die nach links geschaut haben.

Was kostet es, wenn ich mit einem Radarwarngerät erwischt werde?
Sack: 75 Euro und einen Punkt. Wir haben schon Gegenblitzanlagen in den Umrandungen von Nummernschildern entdeckt. Mit technischen Mitteln haben wir die Kennzeichen aber jedes Mal herausgefunden. Beliebt sind auch Klebebuchstaben, die man mit bloßem Auge gar nicht sieht, sondern erst, wenn man darauf blitzt. Nur: Das Kennzeichen ist ein amtliches Dokument und darf nicht verändert werden. Wenn die Trickserei auffliegt, stellen wir es sicher und der Ärger für den Fahrer beginnt schon damit, dass er sein Auto erst ab- und dann wieder anmelden darf.

 

Der Leiter des deutschen Polizeimuseums, Felix Hoffmann, mit dem Radargerät VRG 2 aus dem Jahr 1957.    Foto: Oliver Krato/dpa

 

Wer sind die schlimmsten Raser?
Sack: Osteuropäer in großen Geländewagen oder Luxuslimousinen. Bei der Raststätte Sophienberg haben wir mal einen erwischt, der mit 249 Stundenkilometern unterwegs war, wo 130 erlaubt waren. Das kostet 600 Euro und weil er zu diesem Zeitpunkt bereits mehrere Schilder zur Geschwindigkeitsbegrenzung passiert hatte, geht man von Vorsatz aus und es kostet das Doppelte. Der Fahrer hatte noch angedeutet, dass er kein Geld bei sich hatte, da ging hinten im Wagen eine Trennscheibe runter und jemand hat 1200 Euro nach vorne gereicht. Damit war die Sache erledigt.

Das gab kein Fahrverbot?
Sack: Doch. Aber Fahrverbote werden ja nicht vor Ort ausgesprochen und gelten im Ausland sowieso nicht.

Hat schon mal jemand versucht zu handeln?
Sack: Ja, aber der Bußgeldkatalog steht ja fest. Aber ich höre immer wieder, dass man in Polen oder Tschechien über die Höhe des Bußgelds verhandeln kann.

Sind Sie selbst schon einmal geblitzt worden?
Sack: Natürlich. In den 70er Jahren, innerorts, hat damals 10 DM gekostet.

Zuletzt in den 70er Jahren? Sie fahren wohl kein Auto mehr?
Sack: Doch. Auto und Motorrad. Aber ich kenne die Stellen. Da aber ständig drauf zu achten, ist mir zuwider. Ich fahre einfach nur so schnell, wie ich sollte.

Polizisten werden doch bestimmt auch mal im Einsatz geblitzt...
Sack: Das kommt öfters vor. Auch solche Bilder werden ausgewertet. Wenn er nachweislich im Einsatz war, hat er ja nichts zu befürchten. Wenn er auf dem Weg zum Brotzeitholen war, dann hat er aber Pech gehabt.

Das kommt vor?
Sack: Selten.

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