Knackpunkt ist die Beratung in der Apotheke Pille danach rezeptfrei: Gemischte Reaktionen in Bayreuth

Von Katharina Wojczenko
Links im Bild zu sehen ist die derzeit noch rezeptpflichtige Pidana, rechts die nun frei verkäufliche Ellaone. Bevor eine Frau sie ausgehändigt bekommt, muss der Apotheker sie jedoch beraten. Foto: Ronald Wittek Foto: red

Seit 15. März können Frauen die "Pille danach" rezeptfrei in der Apotheke kaufen. Der vorherige Besuch beim Arzt, der früher Pflicht war, entfällt damit. Die Reaktionen bei Ärzten, Apothekern und Eltern auf die neue Regelung zum Notfallverhütungsmittel sind in Bayreuth gespalten.

 
Schließen

Diesen Artikel teilen

Das sagt der Apotheker-Sprecher:

"Ich finde die neue Regelung gut, weil man den Betroffenen schneller helfen kann", sagt Helmut Steinhauser, Sprecher der Bayreuther Apotheker. Denn die Zeit drängt. "Je früher die Einnahme erfolgt, desto besser", sagt Steinhauser. "Es kann aber Zeitprobleme geben, wenn die Frau erst einen Arzt erreichen muss." Seiner Erfahrung nach kommen die Frauen fast alle im Notdienst. Eine ist immer dabei, manchmal sogar drei bis vier. Und sie haben nur begrenzt Zeit.

Zwei Pillen-Typen zur Notfallverhütung sind auf dem Markt: Der eine, genannt Pidana, muss binnen 72 Stunden eingenommen werden und enthält den Wirkstoff Levonorgestrel. Den anderen, vertrieben unter dem Namen Ellaone, muss die Frau binnen 120 Stunden nach dem Sex einnehmen. Er enthält den Wirkstoff mit dem komplizierten Namen Ulipristalacetat.

Nur Ellaone ist nun rezeptfrei erhältlich, betont Steinhauer. Die andere Pille, die Pidana, sei zwar schon freigegeben, aber bis die Verpackungen mit dem entsprechenden Aufdruck erhältlich ist, vergehen wohl noch einige Wochen, sagte Steinhauser.

Checkliste mit 11 Fragen

Dass nun die Apotheker, und nicht mehr Ärzte, die Betroffene vor der Abgabe beraten müssen, findet Steinhauser in Ordnung: "Die Bundesapothekerkammer hat uns mit Infomaterial reichlich versorgt." Dazu gehört unter anderem eine Checkliste mit elf Fragen, die der Apotheker mit der Frau vor der Abgabe abklären muss. Zum Beispiel, wann sie den ungeschützten Sex hatte und wie lange die letzte Monatsblutung zurückliegt.

Das sagen die Ärzte:

Dass Apotheker nun die Beratung übernehmen, ist genau der Punkt, weshalb Gynäkologe Ulrich Megerle, Ärztekammervorsitzender für Oberfranken, die neue Regelung kritisch sieht. "Ein Apotheker kann dies möglicherweise nur mit Einschränkung leisten." Rechtlich sei die Lage nun eindeutig. Medizinisch aber nicht. Er befürchtet, dass wichtige Aufklärung fehlt - und vor allem die weitere Versorgung nach Einnahme des Notfallverhütungsmittels. Zum Beispiel eine ärztliche Zellbildkontrolle vom Muttermund nach der nächsten Periodeblutung. Auch müssten Infektionen, die durch den ungeschützten Sex auftreten können, abgeklärt werden.

Vor allem glaubt er, dass die bisherige Regelung eine bessere Kontrolle ermöglichte, zum Schutz der Betroffenen. "Wenn eine Frau einen Tag danach wieder eine Pille danach verlangt, weiß das der Apotheker nicht." Dabei könne es schwerwiegende Folgen haben, wenn eine Frau mehrfach im Zyklus die Pille danach nehme. "Das verursacht eine Hormonstörung, die sich gewaschen hat." Die Freigabe sei nur für einen "sehr kleinen Kreis" eine Erleichterung: "Die Frauen, die von vornherein verantwortungsbewusst mit Verhütung umgehen."

Bei Beratung am Tresen können andere mithören.

Diese Sorgen teilt Stefan Wirth, Vorsitzender des Hausarztvereins Bayreuth Stadt/Land. Zwar kenne sich ein Apotheker auch mit den Wirkstoffen aus, räumt Wirth ein. Aber eine Beratung über den Tresen findet er aus praktischen Gründen "problematisch". Da könnten schließlich andere Kunden in der Schlange das Gespräch mithören. Im Sprechzimmer sei das anders. Eine endgültige Meinung hat Wirth zu dem Thema allerdings nicht. "Wenn dadurch Abtreibungen verhindert werden können, ist das sinnvoll."

Dass wegen der neuen Regelung die Fallzahlen in die Höhe schnellen, glauben beide nicht. Ein Grund ist der "erzieherische Wert" des Preises, wie sich Megerle ausdrückt: Mit 35 Euro ist die Pille "ganz schön teuer". Wer unter 20 Jahren alt ist und das Geld sparen will, muss außerdem weiter zum Arzt: Denn nur auf Rezept zahlt die Krankenkasse diesen Frauen die Pille danach.

Das sagt ein Vater:

Jürgen Färber glaubt nicht, dass speziell Jugendliche wegen der neuen Rezeptfreiheit unvorsichtiger werden. Der Vorsitzende des Elternbeirats am Richard-Wagner-Gymnasium hat zwei Kinder: Seine Tochter ist 13, sein Sohn 15. Zu jung, um von dem Thema Pille danach betroffen zu sein, sagt Färber. "Aber ich würde meiner eigenen Tochter raten, vorher einen Arzt zu konsultieren." Weil dieser den fachmännischen Rat geben kann.

Für Färber steht grundsätzlich fest: "Wir sind in einer sehr gut aufgeklärten Gesellschaft." Und das beginnt für ihn schon im Elternhaus. Dort könne man auch am ehesten sagen, wieso es zu der Verhütungspanne kam - und Rat geben, damit es sich nicht wiederholt.

Mehr zum Thema Pille danach und unerwünschte Schwangerschaft lesen Sie im Lauf des Nachmittags an dieser Stelle.

Einen Hintergrund, um was es geht und warum jeder siebte Deutsche falsche Vorstellungen von der "Pille danach" hat, lesen Sie hier.

Bilder