Jagdverbandspräsident kritisiert den Einsatz von Nachtzielgeräten auch aus Imagegründen Jagd mit Nachtzielgerät? Jäger schießen sich selbst ins Knie

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Der Bayerische Landtag könnte die Jagd mit Nachtsichtgerät bald ermöglichen. Bisher ist es verboten. Eine schwierige Entscheidung mit vielen Aspekten. Symbolbild: Drückjagd im Limmersdorfer Forst am 12.12.2014. Foto: Bernhard Foto: red

Er hat verloren und ist wütend auf die Politik: Bayerns oberster Jäger Jürgen Vocke (71) war gegen Nachtzielgeräte für Jäger. Militär-Ausrüstung schade dem Image, sagt er.

 
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Seit vergangener Woche ist es amtlich: Bayerns Sonderweg beim Nachtzielgerät. Bisher strengstens verboten, dürfen es die Jäger bald verwenden, um gegen die überbordende Wildschweinpopulation vorzugehen. Noch sind die rechtlichen Rahmenbedingungen nicht geklärt. Aber schon jetzt sagt Jürgen Vocke (71), Bayerns oberster Jäger und Vorsitzender des Bayerischen Jagdverbandes (ehemals CSU-Politiker), er wolle am Verhandlungstisch sitzen. Die erste Verhandlung hat er bereits verloren: Er war dagegen, seinen Jägern das Nachtsichtgerät zu erlauben. In einem Interview mit dem Kurier erklärt er, warum.

Sie dürften nicht zufrieden sein, oder ein Kompromiss, mit dem Sie leben können, weil Sie es müssen?

Jürgen Vocke: Ich habe mich insgesamt über die Art und Weise, wie das zustande gekommen ist, geärgert. Jeder Minister macht uns große Versprechungen, dass wir vorher, wenn Beschlüsse kommen, unseren Sachverstand einbringen können. Die Fachleute wurden überhaupt nicht gehört. Erst als alles entschieden war. Das hab ich, als ich im Parlament war, nicht erlebt. Aber ich muss den Beschluss akzeptieren. Bei den Bedingungen muss ich jedoch ein klares Mitspracherecht haben: Damit die Mitglieder des Verbandes geschützt sind. Es drohen bis zu drei Jahren Strafe, der Verlust von Revier, Waffen- und Jagdschein. Die Bedingungen für den Einsatz sind allerdings noch nicht definiert, somit können wir auch noch nicht sagen, ob unsere Mitglieder mit dieser Lösung einverstanden sind und dies so als Kompromiss akzeptieren.

(Klicken Sie auf das Bild um das Wildschwein ohne und mit Nachtsichgerät zu sehen.)

Wildsau mit Nachtsichtgeräte



Vocke hat Sorge, wie sich die Aufrüstung der Jäger auf deren Image auswirken könnte:

Wie kommt das in der Bevölkerung an, wenn wir mit solchen Dingen arbeiten wie dem Nachtzielgerät. Wir haben eine weitestgehende verstädterte Bevölkerung. Die Fairness gegenüber Tieren ist sehr wichtig, wenn auch teilweise kitschig. Alles, was Waffen auf der Jagd angeht, ist ein hochemotionales Thema. Die Zukunft der Jagd wird zunehmend nicht mehr nur auf dem Land entschieden, sondern immer öfter in den Städten. Dort sitzen die meisten Wähler, die mit ihren Wahlergebnissen entscheiden dazu beitragen, wie die Jagd er Zukunft politisch gesehen wird. Daher ist es für uns von entscheidender Bedeutung die Akzeptanz der Bevölkerung für das was wir tun hoch zu halten. Parallel müssen wir natürlich unseren Grundeigentümern helfen. Wir jagen auf deren Grund und Boden und haben mit der Jagd natürlich die Möglichkeit Wildtierbestände zu regulieren.

Und Vocke stellt den Nutzen des Gerätes infrage:

Sie schießen ein, zwei Sauen, dann hauen die anderen ab ins nächste Revier. Zum Nachbarn. In keinem Bundesland kommt auch nur ansatzmäßig die Forderung – trotz viel höherer Schwarzwildbestände, in Rheinland-Pfalz. Auch nicht aus Unterfranken. Die schießen 4000 bis 5000 Stück pro Jahr – ohne Nachtsichtgerät. Wir dürfen nicht die Nacht zum Tag machen. Man darf nicht glauben, dass der Ansitz mit einem Nachtzielgerät immer zum Erfolg führt, so einfach ist Schwarzwild nicht zu bejagen.

Und von den Bauern erwartet der Jagdpräsident auch Entgegenkommen:

Ich erwarte, dass der Bayerische Bauernverband (BBV) Flächen schafft, wo wir die Nachtsichtgeräte einsetzen können. Sechs, sieben Monate ist der Raps hoch genug, da sieht man keine Sau mehr. Was soll ich mit dem Nachtsichtgerät? Der BBV muss helfen, dass wir jagen können.

Manche sagen, Vocke hätte den Rückhalt bei den Jägern verloren – weil er gegen die Geräte war und sich nicht durchgesetzt hat:

Natürlich haben wir hier ein hochemotionales Thema, das will ich nicht schönreden. Mir wird in der Politik vorgehalten, du hast die Leute nicht alle hinter dir.  Das ist wie bei den Starkstromtrassen – man hat nie alle Leute hinter sich. Aber die Politik ist schlecht beraten, wenn sie die Verbände schwächt, indem sie den Keil reintreibt und den Verband lasch macht. Es geht darum, die Verbände nicht auseinanderzutreiben. Natürlich weiß ich, dass wir unterschiedliche Meinungen auch innerhalb der Jäger haben. Ich muss aber als Präsident den Laden zusammen halten.

Der Kurier thematisiert Jagd mit Nachtsichtgeräten heute den ganzen Tag über. Lesen Sie auch den Hintergrund.

Hier finden Sie den Antrag der CSU-Abgeordneten an den Bayerischen Landtag, Nachtzielgeräte für Jäger zu genehmigen.

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