"PR-Gag der AOK"
Torsten Fricke, Sprecher des Bayerischen Hausärzteverbandes, sagt: „Die zehn Prozent höhere Vergütung ist ein PR-Gag der AOK,“ die dafür im Gegenzug eine Flatrate verlange. Die Hausärzte wollten aber nach Leistung bezahlt werden. Außerdem sei die Qualität der Versorgung mit Hausarztverträgen besser und billiger als ohne. Eingeschriebene Hausärzte verpflichteten sich zu strukturierter Fortbildung und Abendsprechstunden, leisteten bestimmte Vorsorgeuntersuchungen. Und wenn Versicherte erst zum Hausarzt gehen und nicht gleich zum Facharzt, werde es für das System auch billiger.
Hausarzt Philipp Eder zählt auf: Der Hausarztvertrag erlaube Ultraschalluntersuchungen an Gefäßen wie der Bauch-Aorta, die wichtige Rückschlüsse auf Gefäßkrankheiten und Herz-Kreislauf-Erkrankungen böten, als Vorsorgeleistung; außerdem Hautkrebsscreening ab einem Lebensalter von 19 Jahren und Demenztests für über 70-Jährige. Eder geht es nicht in erster Linie ums Geld, sagt er. „Wenn ich aber an manchen Tagen 13, 14 Stunden in der Praxis stehe, soll der Aufwand auch vergütet werden.“ Momentan weiß er nicht, ob er für alle seine Leistungen später Geld sehen wird.
Am Verband vorbei
Dazu wäre es nötig, dass der Rechtsstreit rasch entschieden würde oder dass sich AOK und Hausärzteverband doch noch einigen. Wenn es nach Bayerns größter Krankenkasse ginge, würde sie den Hausarztvertrag gerne auch am Hausarztverband vorbei aushandeln und öffentlich ausschreiben. Ein heikles Thema. Die Verteilung der Gelder hat dem Hausarztverband, der bereits früher mit den Krankenkassen heftig im Clinch lag und schon einmal aus dem Kassensystem aussteigen wollte, einen großen Bedeutungszuwachs gebracht. Das würde die AOK offenbar gerne wieder ändern.
„Ich arbeite sehr gerne als Arzt“, sagt Philipp Eder, „und eine gute Zusammenarbeit auch mit der AOK hier vor Ort ist mir wichtig. Aber was die AOK als Bayerns größte Krankenkasse für Signale aussendet, das motiviert meine jungen Kollegen ganz und gar nicht.“
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