Haftstrafe fällt geringer aus

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Die Haftstrafe wegen gefährlicher Körperverletzung für eine 34-Jährigen aus dem südlichen Landkreis wird reduziert. Foto: Ronald Wittek Foto: red

Vor knapp einem halben Jahr hatten vor dem Amtsgericht die Handschellen geklickt. Ein 34-Jähriger aus dem südlichen Landkreis kam wegen Verdunkelungsgefahr in Untersuchungshaft und erhielt wegen gefährlicher Körperverletzung – er hatte seine Ehefrau geschlagen, getreten und psychisch misshandelt – eine Haftstrafe in Höhe von knapp drei Jahren. Der Angeklagte und die Staatsanwaltschaft haben Berufung eingelegt. Am Donnerstag werden die Fußfesseln vor dem Landgericht aufgeschlossen. Der Haftbefehl wird aufgehoben, die Haftstrafe auf zwei Jahre und drei Monate reduziert.

 
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„Wenn es den geringsten Vorfall gibt, gehören Sie der Katz“, mahnt Richter Werner Kahler den Angeklagten nach dem Urteil, „dann gnade Ihnen Gott.“ Den Haftbefehl aufheben muss er, weil der 34-Jährige ein Geständnis abgelegt hat. „Er räumt ein, seine Frau gestoßen, geschlagen, getreten, hochgehoben und zu Boden geworfen zu haben, obwohl er damit rechnen musste, dass sie sich verletzt“, verliest Verteidiger Thomas Goldfuß eine Erklärung des Angeklagten.

Der 34-Jährige selber richtet an den Anwalt seiner Frau eine Entschuldigung, er möchte ihr ausrichten, dass es ihm leid tut. Und ans Gericht: „Es tut mir leid, dass ich das Verfahren so lange rausgezögert habe, wir hätten es schon längst abschließen können.“

Geständnis, um Strafe zu reduzieren

In einer Verhandlungspause erklärt der Angeklagte auf Kurier-Nachfrage: „Manchmal muss man etwas zugeben, was man nicht gemacht hat.“ Er habe das Geständnis nur gemacht, um eine mildere Strafe zu bekommen, sagt er. Am ersten Verhandlungstag des Berufungsverfahrens Mitte Dezember hatte er vor Gericht alle ihm zur Last gelegten Taten abgestritten.

Vor den Plädoyers berichtet er dann dem Richter kurz von seinem Lebenslauf: Hauptschulabschluss, abgebrochene Lehre als Industriemechaniker, Bundeswehr, abgeschlossene Ausbildung zum Bestattungshelfer, seit 2016 arbeitslos aus gesundheitlichen Gründen. Der Angeklagte berichtet von 12.000 Euro Schulden. „Meine Frau hat mir das Erbe meiner Mutter geklaut“, sagt er.

Er ist unterhaltspflichtig drei Kindern gegenüber, zahlt momentan aber nichts. Er hat einen neuen Wohnsitz und eine Arbeit als Servicekraft in einem Casino. Die neue Adresse will er nicht öffentlich nennen, denn er will Ruhe von seiner Frau haben. Er hofft nur, dass die Strafe so gering ausfällt, dass er die Arbeit behalten kann. Vorstrafen: keine.

Erhebliche Verletzungen

„Ich habe so einen Fall noch nie gesehen“, sagt Staatsanwältin Eva-Maria Heßler. Zugunsten hält sie dem Angeklagten das – wenn auch späte – Geständnis, dass er sich entschuldigt und keine Vorstrafen hat. Zulasten legt sie ihm ein brutales und rücksichtsloses Verhalten. Und, dass sich insbesondere der Vorfall mit dem Tritt gegen das Kinn über mehrere Stunden hingezogen hat.

Auch, dass er seiner Frau im Krankenhaus gedroht hat, er gehe gegen die Tochter, die alles gesehen hat, vor, legt sie ihm zur Last. „Sie haben Ihre Frau erheblich verletzt“, sagt die Staatsanwältin und fordert zwei Jahre und neun Monate Haft. „Es sind mehrere Taten, die nicht in der Nähe einer Bewährung liegen.“

Auch Verteidiger Thomas Goldfuß hebt das Geständnis, die Entschuldigung und die Tatsache, dass keine Vorstrafen vorliegen, hervor. Er sieht es positiv, dass sein Mandant die Frau ins Krankenhaus brachte. Der Angeklagte habe seit Verfahrensbeginn erhebliche Nachteile erlitten, habe keinen Kontakt mehr zu seinen Kindern und auch zur gemeinsamen Tochter, sei aus dem persönlichen Umfeld herauskatapultiert worden, die U-Haft belaste ihn sehr. „Die Haftstrafe darf nicht höher als zwei Jahre sein“, fordert er.

Von Brutalität gezeichnet

„Eine Heldentat war das nicht“, sagt Richter Kahler in der Urteilsbegründung. Stoßen, stürzen, treten, durch die Wohnung ziehen – es sei heiß hergegangen. Als Bestattungshelfer hätte er willen müssen, dass der Tritt gegen den Kopf zu Hirnblutungen und zum Tod hätte führen können. „Das war von Brutalität und Rücksichtslosigkeit gezeichnet, war massiv menschenverachtend“, so Kahler.

Es sei nicht gewiss, ob der Angeklagte ein inneres Bedauern habe. „Aber Sie haben es zumindest nach außen bekundet“, so der Richter. Und er habe durch sein Geständnis der Tochter eine Aussage vor Gericht erspart. „Aber für eine Bewährung waren es zwei, drei Sachen zu viel“, sagt Richter Kahler.

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