Die Vorsitzende des Kreisverbands Bayreuth-Stadt der Frauen-Union der CSU im Interview zur "Pille danach" Ingrid Heinritzi-Martin: "Frauen sollen sich ohne Ängste entscheiden können"

Die Frauen-Union der CSU beschäftigt sich schon seit Jahren mit den Themen Verhütung, ungewollte Schwangerschaft, deren Prävention und wie man jungen Müttern in Notlagen am besten helfen kann. Im Gespräch mit dem Kurier beurteilt Ingrid Heinritzi-Martin die "Pille danach" und die Diskussion um die Finanzierung der Verhütung für bedürftige junge Frauen. Sie ist Vorsitzende des Kreisverbands Bayreuth-Stadt der Frauen-Union und hat selbst jahrelang in Projektgruppen zu den Themen mitgearbeitet.

 
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Frau Heinritzi-Martin, wie bewertet die Frauen-Union die "Pille danach"?

Ingrid Heinritzi-Martin: Die "Pille danach" ist eine bessere Lösung als die Abtreibung. Aber sie ist freilich auch nicht unproblematisch. Welche Auswirkungen sie haben auf lange Zeit haben wird, wird man erst sehen. Die psychischen und körperlichen Folgen einer Abtreibung aber sind bei weitem schlimmer. Frauen können dann später womöglich nicht mehr schwanger werden. Das hat für mich auch mit Selbstbestimmung zu tun. Jede Frau sollte die Chance haben, Mutter sein zu dürfen, wenn sie es will und wann sie es will.

Es ist klar, dass sie kein Ersatz für Verhütung sein darf. Die "Pille danach" sollte außerdem nicht leichtfertig ausgegeben werden und nur an die Frauen selbst. Das ist ja keine Lutschpastille, und nach deren Einnahme ist alles wieder auf Anfang.

Am Samstag hat eine Mehrheit der CSU-Delegierten beim kleinen Parteitag in Bamberg einem Antrag der Frauen-Union zugestimmt, Verhütungsmittel bedürftigen Frauen kostenlos auf Rezept bis 27 Jahre auszugeben. Wie bewerten Sie dies?

Heinritzi-Martin: Frauen können und sollten durchaus selbst über die Einnahme der Pille entscheiden, weil ein Kind eine Entscheidung ist, die auf vieles andere im Leben Einfluss nimmt. Gerade in einem bestimmten Alter ist es manchmal schwer, alles unter einen Hut zu bekommen, auch schon ohne Kind. Und die Realität zeigt, dass es junge Frauen gibt, die ihre Ausbildung dann nicht zu Ende machen oder die eben nicht eingestellt werden, wenn sie schwanger sind.

Und man kann Leuten, die wenig Geld zur Vefügung haben, ja schlecht vorschreiben, enthaltsam zu bleiben. Drittens vergißt man in der Diskussion gern, dass die jungen Männer in einem bestimmten Alter sexuell aktiv sind, das wird gesellschaftlich immer noch ein bisschen anders beurteilt als bei Mädchen oder jungen Frauen. Die Frauen sind aber nun mal die, die dann im Falle einer ungewollten Schwangerschaft das Problem haben. Also sollten sie auch entscheiden können, und man muss sie politisch dazu ermächtigen.

Der Streit um die "Pille danach" schwelte politisch über zwei Jahre. CDU und CSU waren lange die Blockierer im Bund. Und auch die Diskussion um die kostenfreie Pille für Hartz-IV-Empfängerinnen war keine leichte. Da hätte man am Samstag in Bamberg mehr Widerstand erwartet. Sind Sie überrascht von der eigenen Partei?

Heinritzi-Martin: Nein, eigentlich nicht. Das Ganze war ja eine Entwicklung mit langer Vorbereitung, wir haben gehofft, dass es klappt. Das ist auch gut für die CSU, diese Entscheidung und sagt auch, dass auch die Herren die Realität anerkennen. Die Fakten sind ja bekannt: Frauen arbeiten, es gibt immer weniger Kinder, Frauen wollen Lösungen zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf, das Lohnniveau sinkt vielerorts. Wenn man mit weniger Geld eine Familie gründen will oder ernähren muss, gehen einem noch ganz andere Dinge durch den Kopf. Der ganze Themenkomplex ist außerdem größer, es geht beispielsweise auch um anonyme Geburt und vieles mehr. Frauen sollen sich einfach ohne Ängste entscheiden können.

Hintergrund: Ingrid Heinritzi-Martin ist verheiratet und hat vier Kinder. Sie ist seit zwei Jahren Vorsitzende des Kreisverbands-Stadt der Frauen-Union (FU) in Bayreuth, vorher war sie stellvertretende Vorsitzende. Der Verband hat etwas mehr als 100 Mitglieder, in Oberfranken gehören der FU 3300 Frauen an, in ganz Bayern 27.000. Die FU ist damit die zweitgrößte Gruppierung innerhalb der CSU. Außerdem ist Heinritzi-Martin seit Mai 2014 CSU-Stadträtin, Vorsitzende der Bayreuther Tafel und Vorsitzende von Lavenir e.V. - Hilfe für Alleinerziehende.

Die Fragen stellte Kerstin Fritzsche.

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