Auf der Landesgartenschau entsteht die größte Netzlandschaft der Welt: Ein Jahr Vorbereitung, zwei Wochen Aufbau Hier entsteht das weltgrößte Kletternetz

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Die Spannung ist riesig. Gut ein Jahr haben sie geplant. In Stuttgart. Haben es produziert. In Berlin. Und die Vorarbeiten gemacht, Fundamente gebaut. In Bayreuth. Jetzt liegt es da. Nach gut zwei Tagen Vorbereitungszeit. Ausgebreitet. Gelb. Fast 500 Quadratmeter groß. Vier Tonnen schwer. Das größte Kletternetz der Welt.

 
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Die große Frage: Wird es funktionieren, wie sie es sich gedacht haben? Sie, das sind die technischen Planer und Produktgestalter um Thomas Ferwagner von Officium aus Stuttgart. Und diejenigen, die es erfunden haben. Alexander Bölk und Inga Hahn von den Landschaftsplanern Hahn Hertling von Hantelmann (Berlin). Es soll sich anfühlen wie Laufen auf dem Mond, hat Thomas Ferwagner gesagt. "Wir haben die Idee aus der Düsseldorfer Kunsthalle mitgebracht", sagt Alexander Bölk. "Dort war die Ausstellungshalle mit einem Netz überspannt. Das gab so ein tolles Körpergefühl beim Drüberlaufen. Das wollten wir für die Landesgartenschau in den Freiraum übersetzen. Das war der Anfang dieser Idee." Das Ergebnis soll die in dieser Art bislang weltweit einzigartige Netzlandschaft werden.

"Spektakulär"

Mathias Krause und sein Team mit dem Bauleiter Wolfgang Ebert an der Spitze sind seit Dienstag in Bayreuth. Nicht weit vom Eingang Nord der Landesgartenschau, im Sportkabinett, haben sie den Aufbau vorbereitet, haben die rund 300 Kilo schweren Pylonen aufgestellt. Haben die Widerlager des Netzes in den Fundamenten verschraubt. Seit Freitag hängen die ersten Teile in den Aufhängungen. Gut vier Meter hoch. "Spektakulär", sagt Mathias Krause im Gespräch mit unserer Zeitung. "Wir haben schon viel gemacht. Aber so etwas noch nicht." Krause arbeitet für die Berliner Corocord Gmbh, die Spielnetze in die ganze Welt verkauft. Die auch das Netz für den Brasilianischen Pavillon auf der Expo in Mailand vergangenes Jahr gebaut hat. Auch ein Riesending, mehr als 60 Meter lang. "Aber das in Bayreuth, das ist dreidimensional. Gemacht in einer Technik, die wir extra für das Projekt entwickelt haben. Nur durch die Rautenfertigung kriegt man die Topografie hin", sagt Krause. "Um das in der Länge von bis zu 35 Metern produzieren zu können, mussten wir einige Arbeitsplätze zur Seite räumen bei uns."

Schwerstarbeit für leichtes Spiel

Es ist Schwerarbeit. "Jedes der vier Netzteile wiegt mindestens 920 Kilo, das größte rund 1100 Kilo", sagt Krause. Auf Paletten, die in Folie eingepackt, sind die Netze in Bayreuth angeliefert worden. Ein Schwerlastkran zieht die bis zu 35 Meter langen Teile sachte in die Höhe. Zu viert richten Krause und seine Kollegen die Netze aus. So, dass sie richtig zu den Spannpunkten liegen. Zu den Elementen, mit denen sie verbunden werden müssen. Mit den Pylonen, den Auflagern. Und dem großen Ring. "In dem Ring wird eine große Kugel aus Glasfaserverbundwerkstoff ruhen. Zwei bis zweieinhalb Tonnen schwer wird die Kugel", sagt Krause. "Sie ist das schwebende Fundament des Netzes. Auch für den Physikunterricht ist die Netzlandschaft interessant."  Mit Sand wird die Kugel gefüllt. In Handarbeit, aus 80 Kilo schweren Säcken. Die Kugel sorgt zusammen mit den beweglich gelagerten Pylonen dafür, dass Bewegung ins Netz kommt, wenn sich die Menschen drauf bewegen, sagt Jonathan Schnepp, der Produktgestalter von Officium. "Das zumindest ist die Theorie. Deshalb ist ziemlich viel Spannung auch bei uns drin, wie es funktionieren wird." Denn Erfahrungswerte gibt es nicht. "Direkt Vergleichbares wurde noch nicht gebaut."

Aufbau kommt gut voran

"Wir können uns eigentlich selbst auf die Schulter klopfen", sagt Wolfgang Ebert, der seit 35 Jahren Netzlandschaften und Spielnetze baut. "Wir hätten nicht gedacht, dass wir in so kurzer Zeit so weit kommen." Die Netze sind ausgelegt, aber was jetzt in den nächsten Tagen kommt, das ist die "Detailarbeit, die Zeit kostet", wie Krause sagt. Die Netze müssen miteinander verbunden werden. "S-Klemmen heißen die Verbindungen, mit denen wir die Nähte schließen." Ende der kommenden Woche, schätzt Krause, ist die in der Art weltweit größte Netzlandschaft fertig. 

Schwefelgelb war ein Streitpunkt

Sie sticht dann in einer Farbe, die sich Alexander Bölk am Anfang gar nicht vorstellen konnte, aus dem Sportkabinett heraus. Schwefelgelb. "Wir wollten erst Schwarz. Und haben dann lange gestritten, welche Farbe es werden sollte. Denn einen Farbtupfer wollten wir schon haben", sagt Bölk. "Ich bin glücklich, dass das bald fertig ist. Vor allem, weil wir Kritik einstecken mussten, dass es teurer geworden ist. Allein das Netz kostet rund 300.000 Euro. Insgesamt kostet die Netzlandschaft rund eine halbe Million."

Gemacht für die Ewigkeit

Ausgelegt ist das Netz für eine halbe Ewigkeit. Kunststoffummantelt. Auch auf höhere Schneelast gerechnet, die es in Bayreuth durchaus geben kann, wie Schnepp sagt. "Durch den Kunststoff ist das Seil sehr griffig, fasst sich gut an. Damit die Verletzungsgefahr gering ist." Beim Hüpfen, beim Klettern. Schwerelos, wie auf dem Mond.  

Hier spricht der Planer Thomas Ferwagner

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