Thema Windkraft: Unverantwortliche Kehrtwende

Von Moritz Kircher

Horst Seehofer (CSU) will neue Abstandsregeln für Windräder. Zwei Kilometer Distanz zum nächsten Wohnhaus, das klingt erst einmal nicht schlecht. Denn wer will so einen 200 Meter hohen Turm mit seinem riesigen Rotor schon vor der Haustür haben? Doch mit ihrem Gesetzesvorhaben tritt die Regierung in München drei Jahre Regionalplanung in die Mülltonne. Im Landkreis Bayreuth könnte mittelfristig kein einziges Windrad mehr genehmigt werden. Das ist unverantwortlich.

 
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Über drei Jahre hinweg hat es in Bayern viele Gespräche, Anhörungen und Verhandlungen gegeben. Bürgerinitiativen haben sich mit Gemeinderäten gestritten, Rathaus-Chefs mit Regionalplanern verhandelt. Das alles mit dem Ziel, eine gemeinsame Landkarte zu erarbeiten, auf der Windenergie in Bayern eine Chance hat. Regionalplaner in Bayern nehmen an, dass dafür schon Millionen Euro ausgegeben wurden. Das spielt jetzt alles keine Rolle mehr. Denn die mühsam ausgehandelten Vorrangflächen für Windkraft werden mit einem Handstreich aus München von der Landkarte gewischt – wenn die neue Abstandsregel kommt.

Dabei verfolgte die Regierung bis vor wenigen Monaten noch ein entgegengesetztes Ziel. Bis zu 1500 neue Windräder sollten im Freistaat bis zum Jahr 2021 gebaut werden, um sechs bis zehn Prozent des Stroms aus Windenergie zu gewinnen. „Energie innovativ“ nennt sich dieser Plan, den bisher niemand widerrufen hat. Doch das Energiekonzept ist das Papier nicht mehr wert, auf dem es steht, sollte die geplante Abstandsregel tatsächlich Gesetz werden.

Irgendwoher muss der Strom kommen. Aus der Steckdose kommt er nicht. Doch dann muss auch die Frage gestellt werden: Wer profitiert von einer Abstandsregel, die die Windkraft in Bayern um Jahre zurückwirft? Bleibt wenigstens der Atomausstieg beschlossene Sache, sind es die Energiekonzerne als Betreiber großer Kohle- und Gaskraftwerke, die Kasse machen. Dezentrale Energieversorgung, Bürgerwindräder und Wertschöpfung in der Region – das ist dann erst einmal Schnee von gestern.

Die Energiewende ist kein Selbstläufer. Das muss jeder wissen, der sich dafür einsetzt. Das lernen wir aus der angekündigten Kehrtwende in der Seehofer’schen Energiepolitik. Die Energiewende muss jeden Tag neu erstritten und gegen Widerstände verteidigt werden – oder sie wird scheitern.