Thema Klinikum: Es ist noch lange nicht alles gut

Von Frank Schmälzle

Alles bald wieder gut am Klinikum? Aufsichtsratschef und Landrat Hermann Hübner gab sich am Freitag bei der Vorstellung des ersten Berichtes einer Expertenkommission, die Vorfälle in der Geburtshilfe aufgearbeitet hat, alle Mühe, genau diesen Eindruck zu erwecken. Ja, es habe Probleme gegeben, sagt Hübner. Die seien erkannt. Und seit 2012 habe sich ja viel verbessert. Aber es stimmt so nicht. Es war nicht alles gut.

 
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Und es ist nicht alles gut. Die Staatsanwaltschaft Bayreuth ermittelt immer noch in vier Fällen. Ein totes Baby, drei schwerbehinderte Kinder – wie kann da schon alles wieder gut sein?

Was die Kommission in ihrem Bericht festgestellt hat, ist erschütternd. Ärzte der Geburtshilfe und der Kinderklinik lieferten sich ein jahrelanges Kompetenzgerangel. Kinderärzte wurden bei Risikogeburten nicht hinzugezogen, „weil man es nicht wollte“, sagt Aufsichtsratschef Hübner. Ist es einfach nur Selbstüberschätzung, nicht auf das Können eines Fachkollegen zurückgreifen zu wollen? Ist es Eitelkeit? Sind es persönliche Querelen? Egal, nichts davon rechtfertigt ein solches Vorgehen. Es ist zumindest fahrlässig und vollkommen inakzeptabel. Dass das Klinikum Konsequenzen für die verantwortlichen Ärzte prüft, ist dringend notwendig. Jedes andere Unternehmen würde bei solch gravierenden Fehlleistungen nicht anders handeln.

Genauso inakzeptabel ist es aber, dass man die Ärzte mit ihrem unsinnigen Kompetenzgerangel gewähren ließ. Hübner sagt: „Davon wussten nur Insider.“ Und weist damit jede Verantwortung des Aufsichtsrates zurück. Damit macht er es sich zu einfach. Wer in den vergangenen Jahren auch nur ein wenig ins Klinikum hineinhörte und sich nicht nur in Nibelungentreue an die Aussagen des damaligen Geschäftsführers Roland Ranftl hielt, konnte davon wissen. Namentlich Prof. Thomas Rupprecht, Leiter der Kinderklinik, hat das Problem immer wieder angesprochen. Man hätte davon wissen können, wenn man denn gewollt hätte. Und der Aufsichtsrat hätte gegen den Kleinkrieg, der den Geschäftsführer offenbar kaltließ, vorgehen müssen. Dass Hübner jetzt verspricht, das Kontrollgremium werde genauer hinsehen, weckt dunkle Erinnerungen. Als Ranftls Vorgänger Johannes Binner gehen musste, wollte man auch schon genauer hinschauen.

Das kommt von zu viel Nähe. Dass sie sich gut verstehen, zeigten Aufsichtsratschef Hübner, der damalige Oberbürgermeister Michael Hohl und Klinikum-Geschäftsführer Roland Ranftl in der Vergangenheit ganz ungeniert und öffentlich. Ranftl schrieb mit dem Klinikum schwarze Zahlen, das sprach für ihn. Und überlagerte wohl vieles von dem, was dem Krankenhaus jetzt jede Menge Probleme und einen immensen Vertrauensverlust bei den Patienten einbringt. Hätte der Aufsichtsrat und seine Spitzenvertreter Hübner und Hohl nur mal eher kritisch hingeschaut.

Schon nach dem ersten von drei Kommissionsberichten steht fest: Die Trennung von Ranftl war richtig. Zwei weitere Berichte – zu den Vorwürfen übermäßig langer künstlicher Beatmung und Einsatz von Herzklappen per Schlüssellochoperation, beides zum finanziellen Vorteil des Klinikums – stehen noch aus. Mit der Aufarbeitung auch dieser Vorwürfe will das Klinikum das Vertrauen zurückgewinnen. Das geht nicht, wenn man mehr von den Verbesserungen spricht, die sicher eingetreten sind, aber ebenso sicher längst überfällig waren. Das geht vor allem mit mehr Mut zur Selbstkritik. Das würde vielleicht auch die Kritiker überzeugen, die sich auf der Kurier-Facebookseite zu Wort melden. Dort findet eine spannende Diskussion ums Klinikum statt. Die wäre auch im Klinikum selbst angebracht.