Aufsichtsratsvorsitzender spricht lieber von Verbesserungen und nimmt ehemaligen Geschäftsführer in Schutz Klinikum: Keiner will schuld sein

Von Frank Schmälzle
Eine halbe Stunde später als geplant stellten Oberbürgermeisterin Brigitte Merk-Erbe, Landrat Hermann Hübner, Kommissionsvorsitzender Ulrich Megerle, ÄÖrztlicher Direktor Klaus Henneking und Klinikum-Geschäftsführer Joachim Haun der Bericht der Expertengruppe Geburtshilfe vor. Die Diskussion zuvor im Aufsichtsrat hatte sich hingezogen. Foto: Harbach Foto: red

Ja, sagt Aufsichtsratschef und Landrat Hermann Hübner. Es gab an vielen Stellen im Klinikum Probleme. Das Größte: heftiges Kompetenzgerangel zwischen Ärzten der Geburtshilfe und der Kinderklinik. Hübner nennt es einen „Dauerschwelbrand“. Aber er sagt auch: „In den vergangenen Jahren ist ein Bündel an Maßnahmen eingeleitet worden, die Verbesserungen bringen. Das hat der Aufsichtsrat mit Genugtuung zur Kenntnis genommen.“ Und: Nicht an allem sei Ex-Geschäftsführer Roland Ranftl schuld.

 
Schließen

Diesen Artikel teilen

Stimmt, sagt Ulrich Megerle. Nachdem die Zahl der Zwischenfälle im gesamten Klinikum 2011 zugenommen hatte, die Versicherung deshalb ihre Prämie um eine halbe Million Euro angehoben und die Münchner Gesellschaft für Risikoberatung das Klinikum begutachtet hatte, „sind Defizite angepackt worden“. Was die Anzahl der Geburten angeht, bei denen Mutter oder Kind zu Schaden kommen, seien heute keine deutlichen Abweichungen gegenüber anderen Kliniken zu erkennen, sagt der Frauenarzt und Vorsitzende der Kommission, die die Vorwürfe gegen die Geburtshilfe aufgearbeitet und am Freitag ihren Bericht vorlegt hat. Die Anwesenheit von Kinderärzten bei Früh- oder Risikogeburten liege inzwischen im Normbereich. Und auch bei der Untersuchung des Nabelschnurblutes, die Aufschluss über die Belastung des Kindes während der Geburt gibt, rangiere das Klinikum nur zwei Prozent unter dem Durchschnittswert.

Aber: Es geht in allen Bereichen besser (siehe „Das ändert sich“). Und: „Manches hätte man schon früher machen können“, sagt Hübner. Für den Aufsichtsratschef ist der Kleinkrieg zwischen Ärzten der Geburtshilfe und der Kinderklinik das größte Problem. „Man hat die Möglichkeit, einen qualifizierten Kollegen einzubinden, nicht genutzt und auch nicht gewollt. Das darf sich nicht wiederholen.“ Warum das Kontrollgremium nicht viel früher einschritt? „Davon wussten nur Insider“, so Hübner. Der Aufsichtsrat habe erst durch eine unmittelbare Konfrontation beider Seiten von den Schwierigkeiten erfahren.

Der ehemalige Geschäftsführer Roland Ranftl wusste sehr wohl davon. Gegenüber dem Aufsichtsrat habe er dies allerdings als Teil des operativen Geschäftes dargestellt. Und fürs Operative sei er als Geschäftsführer zuständig. Das macht Hübner dem ihm nahe stehenden Ranftl heute zum Vorwurf: „Über diesen Dauerschwelbrand hätten wir eher informiert werden müssen.“ Über Ranftls Entscheidung, einen umstrittenen Oberarzt, der mehrfach ermahnt und abgemahnt worden war, zum Leiter der Geburtshilfe gemacht zu haben, spricht Hübner nicht. Und auch nicht darüber, dass sich der Leiter der Kinderklinik wiederholt bei Ranftl über die mangelhafte Zusammenarbeit beschwert hatte. Das wussten viele im Klinikum. Stattdessen verspricht er: Der Aufsichtsrat werde künftig genauer hinschauen, um solche Kommunikationsmängel zu vermeiden.

Warum die Chefärzte nicht auf die Barrikaden gingen? Weil sie nicht konnten, sagt Prof. Klaus Henneking. „Zu diesem Zeitpunkt hatten wir keinen Einfluss auf solche Dinge“, so der Ärztliche Direktor. Das soll sich ändern. Laut Hübner arbeiten die Klinikverantwortlichen mit einem Beratungsunternehmen an einer Doppelspitze mit einem kaufmännischen und einem medizinischen Geschäftsführer. Die Stellenausschreibung werde vorbereitet.

Hübners großes Ziel: Er will das schwer erschütterte Vertrauen der Patienten in das Klinikum Bayreuth wieder herstellen. Deshalb würde er am liebsten noch in diesem Jahr den Bericht wenigstens einer weiteren Expertenkommission vorlegen. Zwei Gruppen sind derzeit noch damit befasst, zu klären, ob das Klinikum Patienten zu lange künstlich beatmet und ihnen Herzklappen per Schlüssellochoperation eingesetzt hat. Beides zum finanziellen Vorteil des Krankenhauses. „Ich bin nicht sicher, ob das klappt. Da sind viele Akten zu lesen“, sagt Hübner. „Wir haben uns das auch etwas einfacher vorgestellt. Aber Gründlichkeit geht vor Schnelligkeit.“

Bilder