Unsere Chronik zeigt, wie es dazu kam Stadthalle: Warum es jetzt die Sondersitzung des Stadtrates braucht

Von Frank Schmälzle
Ein verglaster Verbindungsgang zwischen den Bereichen für Kultur und Tagung gehört zum Konzept der Dresdner Architekten Knerer und Lang: Ob der Entwurf umgesetzt wird, ist jetzt allerdings fraglich. Foto: Wittek Foto: red

Zweieinhalb Jahre lang schien alles klar. Die Stadthalle kann Kultur, sie taugt aber zugleich auch für Tagungen und Kongresse. Und sie muss endlich angepackt werden. Dann kam der Schock: Sanierung und Umbau werden um die Hälfte teurer. Seither herrscht Streit im Stadtrat. Eine Chronik der Beschlüsse zeigt, wie es dazu kam.

 
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26. September 2012: Der Stadtrat stellt fest: Sanierung und Umbau der Stadthalle haben ab sofort höchste Priorität. Sie soll in Zukunft als modernes Kulturzentrum mit multifunktionaler Nutzung zur Verfügung stehen. Also für Kultur und Bälle, Tagungen und Kongresse. Die Verwaltung bekommt den Auftrag, ein verbindliches Rahmen- und Funktionsprogramm aufzustellen. Dies soll Grundlage für einen Architektenwettbewerb sein.

28. November 2012: Dem Stadtrat liegt ein Gutachten zu dem Raum- und Konzeptprogramm für die Stadthalle vor. Die Unternehmensberatung ghh consult kommt zu dem Ergebnis: „Die Konzeption eines Tagungs- und Konferenzbereiches ist keinesfalls als Notlösung oder als Provisorium zu bezeichnen, sondern lässt eine überaus ansprechende, attraktive Gestaltung zu.“ In dieser Sitzung gibt der Stadtrat der Verwaltung auch den Auftrag, eine variable Bestuhlung im Großen Haus mitzubedenken. Damit dort Tagungen und Kongresse stattfinden können.

15. Mai 2013: In einer Sondersitzung legt der Stadtrat fest, dass die Architekten, die sich an dem Gestaltungswettbewerb beteiligen, Sanierung und Umbau in Bauabschnitte aufteilen sollen. Eine folgenschwere Entscheidung: Denn damit zeichnet sich ab, dass das Projekt lange dauern wird. Heute geht man davon aus, dass die Stadthalle zwischen dreieinhalb und vier Jahren geschlossen bleiben wird. Vorausgesetzt der Stadtrat bleibt dabei, dass die Halle künftig auch Kongress- und Tagungsort sein wird. In dieser Sitzung ist auch vom Geld die Rede. Das Projekt soll nicht mehr als 30 Millionen Euro kosten. Zu diesem Zeitpunkt weiß allerdings noch niemand, wie schlecht die Substanz des in den 1960er Jahren in Betrieb genommenen Gebäudes wirklich ist.

26. Juni 2013: In nichtöffentlicher Sitzung verabschiedet der Stadtrat den Auslobungstext für den Architektenwettbewerb. Darin heißt es wörtlich: „Die Stadt Bayreuth plant seit vielen Jahren, sich im Tagungs- und Kongressbereich neu aufzustellen und sich mit neuen Angebotskapazitäten nachhaltiger zu positionieren.“ Und es ist auch ausdrücklich die Rede davon, dass das Kleine Haus künftig dem Tagungs- und Kongressbetrieb vorbehalten sein soll. Gegen beides wird sich noch Widerstand regen.

18. September 2013: Eine Panne im Rathaus wird in einer Bauausschusssitzung öffentlich. Der Stadtrat muss sowohl den Auslobungstext als auch das Preisgeld ändern. Der Wettbewerb wird um rund 50 000 Euro teurer und verzögert sich um zwei Monate.

20. November 2013: Vorberatungen zum Haushalt 2014. Auf Antrag der CSU berichtet Finanzreferent Michael Rubenbauer über das Stadthallen-Projekt. Wieder ist von einer Nutzung als Kultur- und Tagungshalle die Rede. Es gibt keinen Widerspruch.

29. Januar 2014: Dem Stadtrat liegen die Entwürfe der vier Erstplatzierten des Architektenwettbewerbs vor. Sie rücken ins Vergabeverfahren vor – immer noch mit der Maßgabe einer Multifunktionshalle. Der Stadtrat gibt einstimmig grünes Licht. Die Ausschreibung der Leistungen der Fachingenieure beginnt. Das Ziel: Planung und Kostenberechnung sollen bis zur Genehmigungsreife gebracht werden.

26. März 2014: Das Dresdner Architekturbüro Knerer und Lang bekommt den Zuschlag. Dieser Entwurf soll umgesetzt werden – mit Tagungsbereich. In der Folge wird klar: Für 30 Millionen Euro wird die Stadthalle nicht zu sanieren und umzubauen sein. Und der Kurswechsel der CSU bahnt sich an: In einem Dringlichkeitsantrag fordert sie, dass dem Großen Haus mehr Augenmerk geschenkt werden müsse. Bessere Akustik, bessere Sicht auf die Bühne, variablere Nutzung. Kulturschaffende sollen die Stadt dabei beraten. Die Verwaltung leistet diesem Auftrag Folge. Bei der jetzt bevorstehenden Sondersitzung will sie Varianten vorstellen.

8. Juli und 13. August 2014: Ingenieurleistungen und Planungsaufträge für Bühne, Beschallung, Beleuchtung und Tragwerk werden vergeben.

10. März 2015: Der Paukenschlag. Was CSU-Fraktionschef Stefan Specht seit Wochen in Redebeiträgen andeutet, hat er jetzt in einem Antrag niedergelegt. Die Baukosten sind auf 44 Millionen Euro nach oben geschnellt, die Bauzeit hat sich auf vier Jahre verlängert, ein Mehrwert gegenüber dem jetzigen Zustand sei kaum erkennbar: Das sei weder verantwortbar noch in der Öffentlichkeit zu erklären. Also: Die Kosten bei 30 Millionen Euro deckeln. Den Tagungsbereich streichen, aus dem Großen Haus ein reines Theater- und Konzerthaus machen. Im Rathaus ist man konsterniert. „Wir haben seit zweieinhalb Jahren immer entsprechend der Stadtratsbeschlüsse gearbeitet. Wenn dieser Antrag durchkommt, wird nicht nur ein großer Teil unserer Arbeit wertlos. Sondern auch der Architektenwettbewerb.“

25. März 2015: Oberbürgermeisterin Brigitte Merk-Erbe reagiert. Im Stadtrat sagt sie. „Einmal getroffene Beschlüsse sind umzusetzen. Und diese Einigkeit sehe ich gefährdet.“ Nicht zuletzt wegen des CSU-Antrags. „Für die Verwaltung stellt sich die Frage, was geschehen soll.“ Eine außerordentliche Stadtratssitzung am 18. April soll Klarheit bringen. „Ortstermin um 10 Uhr, danach Sitzung im Rathaus“, legt Merk-Erbe fest.

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