Interview mit dem Fraktionsvorsitzenden SPD-Krise: Jetzt redet Bauske

Von Frank Schmälzle
Attacke ist Thomas Bauskes Metier. Er sagt: "Ich versuche im Stadtrat meinen Standpunkt engagiert zu vertreten und lasse dabei Persönliches bei Seite. Andere können das leider nicht. Hier scheint der intellektuelle Überbau zu fehlen." Foto: Andreas Harbach Foto: red

Was wird aus der Bayreuther SPD? Seit den 1970er Jahren geht der Trend im Stadtrat nach unten. Und zuletzt nehmen die personellen Veränderungen in der Fraktion zu: Erst der Rausschmiss von Wolfgang Kern, dann der Parteiaustritt von Tina Krause und jetzt hat  Christa Müller-Feuerstein die Fraktion verlassen. Seit einem Jahr ist Thomas Bauske Vorsitzender der SPD-Stadtratsfraktion. Auch er steht im Feuer wegen seines offensiven Politikstils im Stadtrat. Was wird aus der Bayreuther SPD, Herr Bauske?

 
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Mit Christa Müller-Feuerstein ist jetzt eine der profiliertesten SPD-Stadträtinnen aus der Fraktion ausgetreten. Wie groß ist der Schaden, wie groß ist der Machtverlust?
Thomas Bauske: Mit ihrer langjährigen kommunalpolitischen Erfahrung war Christa Müller-Feuerstein zweifellos ein wichtiges und gefragtes Mitglied in unserer Fraktion. Die hat sie nach eigenem Entschluss - und für uns überraschend - verlassen. Von einem Schaden würde ich nicht sprechen.  Ärgerlich ist es aber sicher, dass der politische Gegner von ein paar Sitzen in Ausschüssen und Aufsichtsräten profitiert. Von einem Machtverlust möchte ich nicht sprechen, denn im Stadtrat geht es um das Wohl unserer Stadt. Und weniger um die Macht.

Welchen Anteil haben Sie persönlich an der Entscheidung von Frau Müller-Feuerstein? Die Differenzen zwischen Ihnen beiden sind in öffentlichen Sitzungen deutlich geworden.
Bauske: Bei einigen Themen, wie zum Beispiel dem Neubau der Graserschule oder der Sanierung der Stadthalle, lagen wir tatsächlich nicht auf einer Wellenlänge. Das waren aber keine Meinungsverschiedenheiten zwischen mir persönlich und ihr, sondern zwischen der Fraktion und ihr. Andere Meinungen sind in unserer Fraktion durchaus erlaubt und legitim. Es handelte sich dabei um politische Ansichten, die man teilen kann oder auch nicht. Ich stufe das nicht als persönliche Differenzen ein.

Welche Konsequenzen für Ihre Führungsrolle ziehen Sie daraus?
Bauske: Wir setzen in der Fraktion weiter auf Teamwork, von einer one-man-show halte ich jedenfalls nichts. Seit meiner Wahl hat sich das Auftreten der Fraktion verbessert. Es kommen jetzt mehr Kolleginnen und Kollegen aus der Fraktion im Stadtrat zu Wort und wir teilen uns die Gebiete auf. Jeder ist von Anfang an eingebunden, kann sich einbringen. Wir stimmen uns in der Fraktion ab, diskutieren und finden einen Konsens. Das Erarbeiten einer gemeinsamen Position, die nicht immer meine ist, funktioniert prima.

Wie schätzen Sie den Rückhalt Ihrer Fraktion ein?
Bauske: Diesen Rückhalt spüre ich zweifellos, vielleicht jetzt mehr als vor dem Austritt von Christa Müller-Feuerstein. Wir pflegen einen guten Umgangston in den Sachdebatten und die Stimmung ist kollegial und gut. Viele Kollegen haben mir in den letzten Wochen den Rücken gestärkt.

Für manchen Stadtrat anderer Fraktionen sind Sie eine Reizfigur. Stört Sie das?
Bauske: Ich versuche meinen Standpunkt engagiert zu vertreten und lasse dabei Persönliches bei Seite. Andere können das leider nicht. Hier scheint der intellektuelle Überbau zu fehlen. Und ja, mich stört das. Anstatt sachlich zu debattieren, gleitet es in Frotzeleien und Beleidigungen ab. Das gehört nicht in den Stadtrat. Hier sollte es nur um politische Angelegenheiten gehen – in einer sachlichen Auseinandersetzung. Mit vielen Fraktionen klappt das hervorragend. Die SPD-Stadtratsfraktion gilt wieder als verlässlicher Partner. Die Bezeichnung Reizfigur ist vielleicht überzogen. Ich sehe aber ein, dass ich mich in hitzige Debatten reinsteigern kann, aber persönlich sollte man meine Art von Streitkultur nicht nehmen. Mit geht es um die Sache.

Wie schätzen Sie das Bild ein, das die SPD in Bayreuth abgibt? In Leserbriefen an unsere Redaktion ist inzwischen die Rede davon, man könne die SPD nicht mehr ernst nehmen.
Bauske: Das Bild ist natürlich etwas verzerrt dargestellt. Wir sind eine diskutierfreudige Partei und es gibt halt unterschiedliche Meinungen – gerade das gefällt mir an der SPD. In letzter Zeit bekommen wir Zuspruch, dass wir mit unseren Themen und Ansichten richtig liegen. Dass wir uns um Schulen und Bildung kümmern, stand übrigens in unserem Wahlprogramm.

Was ist Ihrer Meinung nach in den vergangenen Jahrzehnten falsch gelaufen? Der Niedergang der Bayreuther SPD ist ja nach wie vor nicht gestoppt.
Bauske: Die Zeiten, in denen es nur drei Parteien gab und die SPD die absolute Mehrheit im Stadtrat hatte, ist vorbei. Die politische Landschaft hat sich verändert – eigentlich schade. Kleine Gruppierungen tragen auch in der Arbeit im Stadtrat nicht zur Effektivität bei. Jeder will sein eigenes Süppchen kochen und sich nie unterordnen. Aufgabe der SPD ist es einerseits, eine innerparteiliche Diskussion zur Kommunalpolitik zu gestalten und andererseits ein öffentliches Forum zu schaffen. Dies ist nicht Aufgabe der Fraktion und war es auch nie früher. Wir machen unseren Job als Fraktion, aber die Partei muss auch ihren Teil dazu beitragen. Von meiner Seite gibt es eine vorher nie dagewesene Transparenz in die Partei.

Welche Ziele haben Sie für die Partei und die Fraktion? Wie werden Sie diese umsetzen?
Bauske: Die Menschen haben vergessen, wie Stadtpolitik unter einem SPD-Oberbürgermeister war. Verlässlichkeit und klare, überschaubare Strukturen, sowie soziales Engagement waren das Markenzeichen. Zuerst wollen wir wieder näher an die Basis rücken. Im November hatte ich die Ortsvereinsvorsitzenden zu Gesprächen in die Fraktion geladen. Im Februar sind zwei Termine für Informations- und Gedankenaustausch vorgesehen. Die Chefs der Ortsvereine erhalten die Tagesordnung der Fraktionssitzungen und können sich dadurch einen Überblick über unsere Themen verschaffen. Wir kritisieren die Oberbürgermeisterin nicht um ihrer selbst willen, sondern weil wir der Meinung sind, dass im Rathaus Optimierungspotenzial besteht.

Und das sagt der ehemalige Fraktionsvorsitzende, Werner Ponsel:
Werner Ponsel macht sich Sorgen. „Man wird den Eindruck nicht los, dass sich die SPD-Stadtratsfraktion in einem Prozess der Auflösung und des Zerfalls befindet“, sagt Ponsel, der 28 Jahre lang Vorsitzender der Fraktion der Sozialdemokraten war. Ponsel fordert seine Genossen auf: „Setzt Euch zusammen, organisiert Euch und schmiedet eine funktionierende Fraktion.“

Ponsel: "Mir wäre himmelangst."

Einzelne Abweichler in Diskussionen und bei Abstimmungen im Stadtrat und seinen Ausschüssen. Anträge von bestimmten Stadträten, von denen die Fraktion überrascht wird. Öffentliches „Schwadronieren“ über Ideen, bevor die überhaupt als Antrag im Rathaus vorliegen. Das hat Ponsel in den vergangenen Wochen und Monaten von der Stadtratsfraktion seiner Partei immer wieder erlebt. Er sagt: „Was sollen die Bayreuther denken, wenn die SPD-Fraktion nicht einmal in der Lage ist, den eigenen Laden in Schuss zu halten? Man wird ihr sicher nicht zutrauen, die öffentlichen Belange dieser Stadt zu lösen.“ Wäre er jetzt Fraktionsvorsitzender – „mir wäre himmelangst“.

Die Bürger denken: Die SPD weiß nicht, was sie will

Einer allein ist nie schuld, sagt Ponsel. Also auch nicht der aktuelle Fraktionsvorsitzende Thomas Bauske. Aber Bauske hat besondere Verantwortung. „Ich bin nicht sein Schulmeister“, sagt Ponsel. „Aber ich habe eine Vorstellung von den Aufgaben eines Fraktionsvorsitzenden.“ Er sollte die unterschiedlichen Interessen innerhalb der Fraktion unter einen Hut bringen. Er sollte dafür sorgen, dass die Fraktion nach außen das Bild der Geschlossenheit abgibt. Er sollte in wichtigen Fragen für Fraktionsdisziplin sorgen. „Es ist schwierig, wenn sich eine Stadträtin oder ein Stadtrat in einer Sitzung komplett anders äußert als der Fraktionsvorsitzende. Dann kommt draußen bei den Bürgern an: Die SPD weiß nicht, was sie will.“

Welche Rolle spielt Christoph Rabenstein?

Viel Zeit hat die SPD-Fraktion nicht mehr, sagt Ponsel. „Wenn sich Eindrücke verfestigen, kommt man da schlecht wieder raus.“ In vier Jahren steht die nächste Stadtratswahl an. Jetzt also sei der Zeitpunkt für eine Neuausrichtung. „Jetzt muss aus diesem Laden eine Fraktion werden. Und dazu muss jeder SPD-Stadtrat an sich arbeiten.“ Mit Christoph Rabenstein gehört ein Landtagsabgeordneter der Stadtratsfraktion an. Der, sagt Ponsel, sei der Richtige für eine besondere Funktion.

 

 

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