Geht es nach dem Bundesrechnungshof, zählt nur die Wirtschaftlichkeit. Der zählt die Betten in den acht Kliniken der DRV Nordbayern, kommt auf insgesamt 1330 und sieht: Es sind 400 zu viele. Die geplanten Neubau-Maßnahmen in Bayreuth waren nur ein willkommener Anlass, den Rotstift anzusetzen.
Aspekte wie sogenannte weiche Faktoren beachten die Rechnungsprüfer nicht. „Regionale Struktur-Politik sieht das Soziale Gesetzbuch nicht vor“, sagt Krempl. Und wenn die Entscheider in Bayreuth sich danach richten würden, wäre das ein Rechtsfehler. „Wir dürfen unsere Entscheidung nicht da richten.“ Aber mitschwingen darf es schon.
Denn der Druck auf die DRV ist in den vergangenen Monaten deutlich gewachsen, davon sprechen auch andere Mitarbeiter.
Die Stadt Bayreuth hat ein fast unmoralisches Angebot vorgelegt, ein freies Grundstück neben der Lohengrin-Therme angeboten, tolle Lage, Ärzte, Parkplätze – alles da. Am 19. Februar werden mehr als 4000 Unterschriften aus dem Bischofsgrüner Raum an den Vorstand der DRV übergeben. Ihr Ziel: Erhalt der Arbeitsplätze und der Höhenklinik. Auch das wird der DRV-Vorstand nicht übergehen können, räumt Krempl ein.
„Alle setzen ihre Möglichkeiten ein, sich für ihre Kommunen einzusetzen“, sagt er. Für Bayreuth sei das Angebot eine „Win-Win-Situation“. Andererseits müsse die Rentenversicherung „Umstände berücksichtigten, die auch für sie günstig sind“. Aber das werde „nicht das einzige und nicht das Ausschlaggebende“ sein.
Das „Ausschlaggebende“ steckt irgendwo im Getriebe der Entscheidungsfindung: Krempl spricht von „drei Grundzielen“: eine optimale Patienten-Versorgung mit bestmöglicher Reha. Die dürfe „nicht absacken“. Zweitens müssten die Interessen aller Mitarbeiter gewahrt werden. Selbst wenn es zu einer Zusammenlegung käme, betrage die Übergangszeit acht bis neun Jahre. Und „es wird keinem gekündigt“, sagt Krempl. „Im Gegenteil, wir brauchen unsere Leute.“ Das Personalkonzept zeige schon jetzt, dass die DRV weniger Mitarbeiter habe als sie mit einer neuen Klinik brauche. „Wir werden das so steuern, dass wir auf keinen Fall jemanden auf die Straße setzen.“ Bei all dem Druck im Moment aber werde leider vergessen, dass selbst eine Zusammenlegung „nicht morgen geht“.
Drittens muss der Vorstand – der Rechnungshof lässt grüßen – eine wirtschaftliche Leistung erbringen. „Egal an welcher Schrauben man dreht, es wird eine andere locker“, sagt Krempl. Und dass der Bundesrechnungshof seine Forderungen abschwächt? „Da hab ich die Hoffnungen verloren.“
60 Millionen Euro, 400 Mitarbeiter, eine Entscheidung
Der Bundesrechnungshof ist richterlich unabhängig. Er richtet sich bei seinen „Empfehlungen“ für die Rentenversicherung, die im Rechnungsprüfungs-Ausschuss des Bundestages verhandelt werden, streng nach dem Sozialgesetzbuch, § 30: Dort stehen klar die Aufgaben eines Rentenversicherers. Deswegen darf die DRV keine Wellness-Angebote machen. Und schaut neidisch nach Weißenstadt, wo für 60,2 Millionen Euro ein privates Kurzentrum entsteht.
Der Rechnungshof hat allerdings keine Möglichkeit, gegen die Entscheidung des DRV-Vorstandes vorzugehen. Aber machtlos ist er nicht: Er kann die Entscheidung dennoch kippen – auf politischem Weg. Angebliche Steuersünder können öffentlich diskriminiert werden. Bei der Entscheidung am 23. März geht es um etwa 400 Mitarbeiter in beiden Kliniken und um eine Investitions-Summe von ca. 60 Millionen Euro.