Volker Beermann über Malta, Dubai und wie er an mögliches Entlastungsmaterial kam - Doch was ist das Indiz wert? NKD-Prozess: Ex-Verteidiger im Zeugenstand

Von Manfred Scherer
Da war er noch der Hauptverteidiger des ehemaligen NKD-Chefs Michael Krause (rechts): Der Bayreuther Rechtsanwalt Volker Beermann (links) sagte fast ein Jahr nach dem Prozessbeginn als Zeuge im Prozess aus, nachdem das Verteidigermandat im "gegenseitigen Einvernehmen" beendet worden war. Foto: Archiv/dpa Foto: red

Am ersten Tag des NKD-Prozesses hinterließ Volker Beermann ein Ausrufezeichen: Am 18. März 2014 verließ er als Verteidiger den Saal unter Protest. Mit seinem letzten Auftritt am 53. Prozesstag gegen den wegen Millionen-Untreue angeklagten Ex-NKD-Chef Michael Krause hinterließ der Anwalt ein großes Fragezeichen. Es geht um eine ominöse Liste, die Krause entlasten soll.

 
Schließen

Diesen Artikel teilen

Beermann war am Freitag, fast genau ein Jahr nach Prozessbeginn, als Zeuge geladen, nachdem das Verteidiger-Mandat in "beiderseitigem Einvernehmen" beendet worden war. Beermann war als Hauptverteidiger aus dem Prozess ausgeschieden, nachdem er vor kurzem selbst als Angeklagter in Hof vor Gericht gestanden hatte und zu einer Bewährungsstrafe verurteilt worden war. Die Krause-Verteidigung sollte davon nicht belastet werden.

Wie mehrfach berichtet, soll der Angeklagte Krause für das Verschwinden von 3,7 Millionen Euro von NKD-Konten im Jahr 2012 verantwortlich sein. Während die Hofer Wirtschaftsstaatsanwaltschaft glaubt, Krause habe zusammen mit einem engen Jugendfreund einen geschickt getarnten Raubzug eingefädelt, um das Geld abzuzweigen, behauptet Krause beharrlich: Die Millionen seien für geheime Herstellerinformationen aufgewendet worden, mit denen die Einkaufspreise der wirtschaftlich schwer angeschlagenen NKD entscheidend verbessert worden seien. Einen Beweis für die Geheiminformationen gibt es nicht, laut Krause habe der Vertrag mit der geheimen Informationsquelle beinhaltet, die Informationen seien nach Gebrauch zu vernichten.

Spekulationen und Hick-Hack

Über die Geheiminformationen gab es im Verlauf des Prozesses Spekulationen und Hick-Hack. Im Sommer 2014 verdichteten sich die Hinweise, dass der Hauptverteidiger Beermann Kontakt zu dem einzigen Zeugen gehabt haben könnte, der mehr über die ominösen Informationen wissen könnte. Michael J., ein international tätiger Geschäftsmann und Jugendfreund von Krause. J. soll den Deal mit den brisanten Informationen eingefädelt haben.

Ein Drahtzieher beim Verschwinden der Millionen?

Doch J. war und ist als Zeuge nicht greifbar: Die Staatsanwaltschaft sieht in dem Mann einen  Drahtzieher beim Verschwinden der NKD-Millionen.  Tatsächlich fanden Finanzermittler der Bayreuther Kripo ein offenbar von Michael J. geflochtenes Firmennetzwerk, in dem das Geld nach Ansicht der Ankläger versickert sein dürfte. Die Hofer Staatsanwaltschaft fahndet nach Michael J. wegen Verdachts der Geldwäsche.

Die Verteidigung sah das immer anders: Der im Ausland lebende Hauptentlastungszeuge J. könne nicht aussagen, weil ihm die Verhaftung drohe.

Ungewollte Hilfe von der Kripo

Wie sich nun herausstellte, hatte Verteidiger Beermann von Beginn an über das möglicherweise entlastetende Material verfügt. Doch der Anwalt stand vor einem Dilemma: Wie das Material in den Prozess einbringen, ohne in Manipulationsverdacht zu kommen? Da kam ihm die Kripo ungewollt zu Hilfe. In einem anderen Verfahren führte die Polizei im August 2014 in Beermanns Kanzlei eine Razzia durch und nahm auch einen Umschlag mit. Der Inhalt: Die möglicherweise entlastenden Herstellerinfos.

Nicht das "Originalmaterial"

Als Zeuge berichtete Beermann nun, wie er an das Material gekommen war: Im Dezember 2013 hatte er zu Vorbereitung des Prozesses Michael J. in Malta besucht. J. zeigte sich "entsetzt" über den Umstand, dass sein Freund Krause - "mein Brüderchen" - wegen Untreue angeklagt worden war. Bei dem viertägigen Aufenthalt bekam Beermann die Unterlagen zu sehen. Zahlenkolonnen in Exceltabellen. Allerdings: Schon damals habe Michael J. klargemacht, dass die Tabellen nicht das von Krause für die Einkaufskalkulation verwendete "Originalmaterial" seien. Denn: Man müsse den Rechenweg kennen und wissen, für welchen NKD-Artikel welche Zahl aus den Tabellen herausgenommen werde. "Er hat mir das erklärt. Und obwohl ich in Mathe eine Eins hatte, habe ich das nicht verstanden." 

Kurz nach Beermanns Malta-Trip traf ein Umschlag in seiner Kanzlei in Bayreuth ein: "Ich sah hinein, es waren Listen, ähnlich wie die, die ich auf Malta an seinem Computer gesehen hatte. Ich ging davon aus, dass er mir das Material hatte zukommen lassen." Auf dem Umschlag klebte übrigens eine deutsche Briefmarke.

Beermann traf sich ein zweites Mal mit Michael J., Anfang März in Dubai, wenige Tage vor dem Beginn des NKD-Prozesses. Dieses Mal war die Anwältin von Michael J. dabei.Beermann wollte nun ans Eingemachte: "Es ging mir um die Frage: "Wie ist er an die Leistungen gekommen, wie hat er sie bezahlt, was ist mit den 3,7 Millionen passiert? Ist damit die Leistung bezahlt worden? Ich habe keine genaue Antwort gekriegt. Er wollte auf keinen Fall seine Quellen preisgeben. Er hat auf meine Fragen danach nur gelächelt."

Die Zahlenkolonnen - genügen sie zur Entlastung? Ist Ex-Verteidiger Volker Beermann als mittelbarer Zeuge glaubwürdig? Oder ist er auf Malta und in Dubai einem Kriminellen auf den Leim gegangen?

Der Pozess wird fortgesetzt.