Keine offizielle Information über Razzia in Unternehmenszentrale NKD-Mitarbeiter: Wir wissen nichts

Von Peter Engelbrecht und Stefan Schreibelmay
 Foto: red

Auf dem weitläufigen NKD-Firmengelände in Bindlach herrscht sommerliche Ruhe. Es ist 15 Uhr. Die Fahnen vor dem großen, grauen Verwaltungsgebäude flattern im Wind. Doch es herrscht Angst, den Arbeitsplatz zu verlieren.

 
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Am Mittwoch war es hier wesentlich unruhiger. Pünktlich um 8.30 Uhr fuhren Polizisten und Staatsanwälte vor, um eine Razzia durchzuführen. Es ging um Vorwürfe der Untreue gegen den  früheren Geschäftsführer Michael Krause, die Rede ist von 3,7 Millionen Euro. Der Mann wurde festgenommen, sitzt jetzt in Untersuchungshaft. Eine spektakuläre Aktion, die für Gesprächsstoff sorgt. Doch die Beschäftigten haben Redeverbot von "oben" bekommen, dürfen mit Journalisten nicht sprechen.

Bindlacher Bürgermeister: "Wichtig ist, die Arbeitsplätze zu erhalten."

"Ich darf nichts sagen", wehrt eine Mitarbeiterin entsprechende Nachfragen ab und geht weiter. "Wir arbeiten ganz normal wie immer", meint ein anderer Beschäftigter und läuft von dannen. Doch Unsicherheit ist zu spüren. Der Textildiscounter soll umstrukturiert und dann verkauft werden, ein Arbeitsplatzabbau scheint möglich. Und dann noch die aufsehenerregende Razzia, die bundesweit für Schlagzeilen sorgt. "Ich habe von der Durchsuchung aus der Zeitung erfahren", sagt der Bindlacher Bürgermeister Gerald Kolb. Ein Arbeitsplatzabbau würde die Gemeinde schwer treffen, mehr als 200 Bindlacher arbeiten bei dem Discounter, schätzt er. "Wichtig ist, die Arbeitsplätze zu erhalten. Ich hoffe, dass ein Investor gefunden wird", sagt er mit viel Zweckoptimismus.  

"Wir wissen nichts", meint eine Mitarbeiterin am Telefon. Niemand könne sagen, welche Restrukturierungsmaßnahmen auf die Beschäftigten zukommen werden. Dass eine Razzia stattgefunden hat, sei im Haus bekannt. Doch seitens der Geschäftsführung habe es keinerlei Erklärungen dazu gegeben. "Die Angst vor Arbeitsplatzabbau geht um", sagt die Frau noch.

Es ist nicht leicht, Mitarbeiter zum Reden zu bewegen. Sie haben Angst, vor allem um ihren Arbeitsplatz. Doch wenn sie dann später, in geschützter Umgebung doch ins Reden kommen, wird die große Unsicherheit deutlich. So viel ist klar, und natürlich nicht verwunderlich: Die Stimmung ist schlecht. Das war sie schon nach der überraschenden Trennung von Geschäftsführer Michael Krause, das war sie nach der Ankündigung von Daun & Cie., NKD verkaufen zu wollen, und noch schlechter ist sie jetzt nach der Razzia der Staatsanwaltschaft.

Mitarbeiter berichten von Absatzproblemen

„Das kann doch gar nicht wahr sein", sagt eine Mitarbeiterin kopfschüttelnd, die natürlich nicht genannt werden will. Ein anderer berichtet von zuletzt spürbaren Absatzproblemen, ausgelöst auch durch zu hohe Preise und teils mangelhafte Qualität, und davon, dass sich in der Verwaltung viele schon länger gefragt hätten, warum Krause so lange habe allein schalten und walten dürfen. Neben seinem aggressiven Expansionskurs habe es auch noch Umstrukturierungen gegeben, die die Arbeit mancher Abteilung erschwert statt erleichtert habe.

Einen guten Eindruck machen offenbar die beiden Unternehmensberater und neuen Geschäftsführer von Ziems und Partner - die hätten angepackt und würden einen sehr kompetenten Eindruck machen. Allerdings: Sie sollen ja einen Rettungsplan erarbeiten, der wohl auch Einschnitte vorsehen wird. Und, so die Sorge einer anderen Mitarbeiterin: „Was passiert denn, wenn wir übernommen werden, wie von Daun gewünscht. Was ist, wenn das Unternehmen eine eigene Verwaltung hat, was wird dann aus der Zentrale in Bindlach, was wird aus uns? Und was, wenn es Filialüberschneidungen gibt? Was wird dann aus den Mitarbeitern dort?" Die Hoffnung der Menschen ist: Vielleicht verkauft Daun ja doch nicht, wenn der Laden erst wieder auf Kurs ist und Gewinn abwirft. Schließlich habe es 2009 ja schon mal so einen Testballon gegeben.

Foto: Harbach

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