Die geplante Veranstaltung am Samstag in Wunsiedel ist eine Mischung aus purer Provokation und Stärke-Demonstration. Die Rechten wollen zeigen, dass das Vereinsverbot sie keineswegs geschwächt habe. Im Gegenteil, die Aufmärsche seien, sagt ein Verantwortlicher fast trotzig, „jetzt sogar verdoppelt in Wunsiedel“. Wie immer hatten die Rechten bereits im November einen Aufmarsch in der Stadt abgehalten.
Die Anmeldung der Demonstration werde noch geprüft
In Wundsiedel liegt die Anmeldung seit Montag vor. „Wir prüfen“, sagt Horst Martini, Sprecher des Landratsamtes. Sollte es Diskussionsbedarf geben, werde zum Kooperationsgespräch geladen: „Der normale Ablauf.“
Der geplante Aufmarsch zeigt tatsächlich, dass keine Ruhe in der regionalen rechten Szene herrscht. Zwar sind die Neonazis logistisch schwer getroffen seit der Beschlagnahmung ihres Treffs, aber sie stellen sich seitdem in der Breite auf. Ein Hinweis darauf ist, dass seit 1. Februar die „hochfränkischen“ Gebiete politisch neu aufgeteilt sind. Jetzt gibt es in der Region zwei politische Einheiten und zwei „Stützpunktleiter“, so nennt die neue Partei die Führer der jeweiligen Regionen.
Hochfranken-Vogtland wurde unter den Neonazis neu aufgeteilt
Der bisherige Bereich Hochfranken-Vogtland wurden in zwei Bereiche geteilt: Vogtland, dem er ehemalige Vize-Chef Döhler vorsteht. Und der Bereich Oberfranken, zu die Städte und Landkreise von Hof, Kulmbach und Bayreuth gehören. Dieser wird durch einen Stützpunktleiter geleitet, zu dem die Partei „noch keine Angaben machen möchte“. Ob auch die Mitgliederzahl der Partei gewachsen ist und deswegen das Gebiet aufgeteilt wurde oder ob dies nur aus strategischen Gründen passiert, darüber schweigen die Verantwortlichen.
Ehemalige führende Neonazis haben sich noch nicht aus Oberfranken zurückgezogen
Tony Gentsch (30), der ehemalige Stützpunktleiter, hat „andere Aufgaben“ in der Partei übernommen, sich aber nicht aus der Politik zurückgezogen – und ist auch innerhalb der Partei nicht entmachtet. Er ist nach eigenen Angaben für den „Aufbau von Strukturen der Partei in Mitteldeutschland“ verantwortlich. Gentsch ist zwar nach Plauen gezogen, nicht aber aus politischen Gründen, wie er sagt. Dem Kurier sagte er auf Anfrage, er sei aber auch „immer noch in Oberfranken“ aktiv. Auch Matthias Fischer, ein führender Rechtsextremer aus dem Umfeld des FNS aus Fürth, hat Franken nicht wegen der Zerschlagung des Treffpunktes in Oberprex verlassen. Auch er ist noch in der Region aktiv.
Gentsch und Fischer wollen am Samstag als Redner auftreten
Sowohl Gentsch als auch Fischer zählen zu den Rednern am Samstag in Wunsiedel, ebenso Walter Strohmeier (25), einst FNS-Mitglied, jetzt Stützpunktleiter der neuen Partei in Ostbayern. Döhler, der die Versammlung angemeldet hat, zählte zum Führungskader der Revolutionären Nationalen Jugend (RNJ) Vogtland, die sich später auflöste. Beim bayerischen Freien Netz Süd war er nie aktiv, stand aber in Verbindung – jetzt ist auch er in der neuen Partei.
Die rechte Versammlung ist erst ab 16 Uhr geplant – die Veranstaltung soll nämlich im Dunkeln sein. Daher das Motto „Ein Licht für Dresden“. Geplant ist ein Trauermarsch mit Fackeln und Kerzen. Der Weg soll die Rechten laut Anmelder durch die Innenstadt führen.
Gerhard Ittner soll aus der Haft heraus noch einiges lenken
Vergangene Woche war bekannt geworden, dass Gerhard Ittner (56), ein in Bayreuth inhaftierter Neonazi, aus der Haft heraus eine Demo in Dresden angemeldet hatte – ebenfalls für diesen Samstag, ebenfalls zum Gedenktag an die Bombardierung Dresdens. Allerdings sieht die Anmeldung einer Demo ein Kooperationsgespräch vor, das aber aus der Haft heraus unmöglich ist. Ittner, in der rechten Szene höchst umstritten, hatte im vergangenen Jahr angekündigt hat, die Demo in Dresden wieder „aufleben“ zu lassen.
Rede mit volksverhetzenden Inhalten wieder aus dem Internet verschwunden
Er sitzt nach sieben Jahren Flucht wegen mehrfacher Volksverhetzung. Auch aktuell soll er neue Anzeigen wegen des gleichen Deliktes am Hals haben. In seiner diesjährigen „Neujahrbotschaft an das Deutsche Volk“, die auf einer verbotenen Internetseite verbreitet worden, soll er wieder volksverhetzende Äußerungen veröffentlicht haben. Seine Freundin (38), die in Nürnberg wohnt, soll den Text wieder aus dem Internet gelöscht haben – er ist nicht mehr verfügbar. Die Nürnbergerin warnte die Szene vor einer Veröffentlichung von Ittners Texten. Sie wolle sie „vorab auf strafrechtlich relevante Inhalte, sowie auf Rechtschreib- und Grammatikfehler“ überprüfen. Die rechte Szene hält seine Demo-Anmeldung für eine „plumpe Provokation zur eigenen Selbstdarstellung“. Ein ranghoher Rechter spricht von „Augsburger Puppenkiste“.
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