In der Pilotschule GCE machen 80 Prozent der Schüler ein Jahr länger Mittelstufe plus: Große Resonanz

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Franz Eisentraut leitet mit dem GCE eine der Modellschule des Schulversuchs Mittelstufe plus. 80 Prozent der 92 Siebtklässler wollen die auf vier Jahre gestreckte Mittelstufe machen. Foto: Eric Waha Foto: red

Der Zulauf zur um ein Jahr verlängerten Mittelstufe am Gymnasium ist viel größer als erwartet: Am Bayreuther Gymnasium Christian-Ernestinum (GCE), einer von 47 bayerischen Pilotschulen, wollen knapp 80 Prozent der Siebtklässler in den Modellversuch Mittelstufe plus. Eine hohe Zahl. Aber nur eine von vielen hohen Quoten, die bayernweit über 50 Prozent liegen sollen.

 
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Die GCE-Schulpsychologin Anne Brendel nennt die Mittelstufe plus „eine Chance, die wir für einen Teil unserer Schüler nutzen können“. Dass sich 73 der 92 Siebtklässler für die Mittelstufe plus entschieden haben, zeige: „Der Bedarf ist da. Und wir sind ja nicht die einzigen, die so hohe Zahlen haben.“

Dadurch, dass der Stoff der Mittelstufe von üblicherweise drei auf vier Jahre verteilt wird, falle weniger Nachmittagsunterricht an. Es bleibe mehr Zeit für die Kinder, sich sportlich, musikalisch oder kulturell zu betätigen. „In den Gesprächen mit den Eltern hat man die Freude gespürt, dass man den Hobbys mehr Zeit einräumen kann. Ohne schlechtes Gewissen.“

Franz Eisentraut, der Direktor des GCE, sagt, er sei von der Höhe des Zulaufs „schon überrascht. Die meisten anderen Schulen liegen aber auch bei über 50 Prozent“. Es hätten sich aber beileibe nicht nur schwächere Schüler für die Teilnahme beworben, sondern viele sehr gute. „Es ist nicht die befürchtete Kriechspur für schwächere. Der Lehrplan gibt es her, dass die Mittelstufe plus abgekoppelt ist vom Leistungsgedanken.“ Also kein G 9 durch die Hintertür? „Das Modell ist ein Schritt in die richtige Richtung. Es ist zu kurz gegriffen, das auf die Arithmetik zu reduzieren. Der Achter steht im Stoffumfang. Mit einem Jahr mehr Lernzeit. Und Zeit, um den Schüler als Ganzes zu sehen.“

Die Sorge mancher Eltern, ihr G 8-Kind könnte durch den Plus-Zug benachteiligt werden, sei unbegründet. Eisentraut: „Wir haben ein Konzept erarbeitet, das alles möglich macht. Jeder Schüler, ob er den Plus-Zug macht oder nicht, egal mit welcher Sprache er angefangen oder welchen Zweig er gewählt hat, findet seinen Platz.“ Keine Bewerbung musste abgewiesen werden. Und in der Regelklasse mit 19 Schülern komme die Förderung sicher nicht zu kurz. Ebenso wenig wie in den drei Plus-Klassen. Am Caspar-Vischer-Gymnasium in Kulmbach, der zweiten Pilotschule im Verbreitungsgebiet, lässt die Direktorin Ulrike Endres ausrichten, die Resonanz sei gut. Zahlen gebe es noch nicht.

In einem sind die Landtagsabgeordneten aus Bayreuth einig: Sie sind nicht überrascht, dass sich viele Siebtklässler für die Mittelstufe plus entscheiden. Wobei sich überraschenderweise die Landtagsvizepräsidentin Ulrike Gote (Grüne) und Gudrun Brendel-Fischer (CSU) fast deckungsgleich äußern. Gote sagt, es wäre sinnvoller gewesen, das Gymnasium grundlegend zu reformieren. „Man hätte hinterfragen müssen, ob es in der Mittelstufe diese hohe Zahl an Fächern braucht.“ Die Mittelstufe plus sei „eine Verlängerung des Leidens“ der Schüler. Brendel-Fischer sagt, sie hätte das Flexi-Jahr nicht eingeführt und auch von der Mittelstufe plus die Finger gelassen. Stattdessen auf „mehr Tiefgang statt Stofffülle und fächerübergreifende Zusammenarbeit gesetzt“.

„Speziell der Kultusminister wird überrascht sein. Er hat ja mit 20 Prozent gerechnet“, sagt Christoph Rabenstein (SPD). Rabenstein sagt, eine Rückkehr zu einem neunjährigen Gymnasium mit „neuen Lehr- und Lernformen und neuem Konzept“ wäre der richtige Weg. Späte Genugtuung ist „die Abstimmung mit den Füßen“ für Peter Meyer (FW). „Auch wenn der politische Gegner es abstreiten wird“, sei die große Resonanz der Mittelstufe Plus eine Streicheleinheit für die wegen des gescheiterten G 9-Volksbegehrens gebeutelten Freien Wähler.

Dass die Freien Wähler mit einem Dringlichkeitsantrag Druck machen und etwa mehr Lehrerstunden fordern, kann Ludwig Unger, Pressesprecher des Kultusministeriums, nicht verstehen. „Die Schulen bekommen mehr Stunden für die Organisation.“ Und die Stunden, die im Plus-Zug weniger gehalten werden, bleiben ebenfalls erhalten. Die Resonanz verbuche man im Kultusministerium als Erfolg: „Ein deutliches Signal, dass der Schritt ein guter ist“, sagt Unger.

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