Fun-Run: Abschalten statt nachdenken

Von Thorsten Gütling

Holger Thauwald ist der Hornhaut auf die Spur. Wenn sie am Rand der Ferse zu finden ist, dann kann das nur eines bedeuten: Die Ferse reibt am Schuh, der Schuh ist nicht ordentlich gebunden ist, die Läufer nutzen das nach hinten versetzte, zusätzliche Loch für Schnürsenkel nicht. Die Läufer des Fun-Run-Teams, das der Kurier gemeinsam mit dem Gesundheitscenter Niklas und dem Reha-Team Bayreuth betreut, staunen nicht schlecht. Und nicht nur darüber.

 
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Eine Wasserwaage macht deutlich: Mit der Hüfte von Christiane Wölfel stimmt etwas nicht. Einen Zentimeter ist der Hüftknochen links höher als rechts, nach ein paar Dehnübungen sind es nur noch 3 Millimeter. Dazu kommt: Wölfel kann das Knie nicht komplett durchstrecken, an eine Verletzung kann sich die 45-Jährige aber nicht erinnern. In der Folge läuft die Laufanfängerin nicht rund und braucht mehr Kraft als nötig. Denn: Ist ein Bein kürzer, weil das Knie nicht voll durchgestreckt werden kann, dann kippt die Hüfte ab und muss nach jedem Schritt wieder mit viel Kraft hochgezogen werden. Ohne vollständige Beinstreckung setzt der Fuß beim Gehen auch nicht mit der Ferse auf.

Der Kopf gleicht alles aus

„Bis zum Ultramarathon könnte sie es dennoch bringen“, scherzt der Physiotherapeut. Weil der Kopf die Anormalität mit einem Zwischenschritt ausgleiche. Das könne man beim Laufen sogar hören. Nur anstrengender sei es und auf die Fehlbelastung reagiere erst der „Musculus piriformis“, der „birnenförmige Muskel“ im Gesäß, der über kurz oder lang den Ischiasnerv reize. Durch Linien, die Thauwald auf Wölfels Waden und Fersen zeichnet, wird außerdem deutlich: Der Fuß knickt beim Aufsetzen nach innen ab. Alles in allem aber nichts, was sich mit dem richtigen Paar Schuhe nicht ausgleichen ließe. Nach 45 Minuten bekommt Wölfel eine Liste mit acht Schuhen an die Hand, die der Physiotherapeut empfiehlt. Ihnen gemeinsam ist, dass sie das Eindrehen des Fußgelenks nach innen verhindern, der Fachmann spricht von Pronationsunterstützung.

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Die Schuhe, die die Mitglieder des Kurier Fun-Run-Teams an diesem Tag mit zur Laufanalyse bringen, fallen allesamt durch. Entweder sind die Sohlen bereits zu sehr abgenutzt und noch dazu auf beiden Seiten an unterschiedlichen Stellen. Oder die Schuhe wurden von Anfang an zu klein gewählt. Bei einigen ist die Dämpfung des Schuhs zu weich, weswegen sich die Sohle nach dem Auftreten nicht mehr zurück verforme. Thauwald sagt: „Für viele Läufer da draußen wäre es besser, barfuß zu laufen, als in ihren Schuhen.“

Stress für den ganzen Körper

Am Ende steht die Erkenntnis: Haltungsfehler hat fast jeder. Richtige Schuhe können helfen, sie auszugleichen. „Alles, was unten an Negativeinflüssen stattfindet, muss der Kopf in Millisekunden kompensieren“, sagt der Physiotherapeut. Das bedeute Stress für den gesamten Körper. „Dabei sollte man beim Laufen doch vor allem eines tun: abschalten.“

Tipps für den Schuhkauf

 

  • Eine kleine Laufanalyse beim Reha-Team kostet 89 Euro. Die Schuhe, die der Bewegungsanalytiker Holger Thauwald Christiane Wölfel empfiehlt, kosten zwischen 100 und 170 Euro.
  • Der Physiotherapeut empfiehlt, die Schuhe im Laden unpaarweise anzuziehen. Und er rät von zu weich gepolsterten Schuhen ab, die dem Körpergewicht zu schnell nachgeben.
  • Schuhe eine Nummer größer kaufen. Die Zehen brauchen einen Zeigefinger breit Luft, weil sie beim Laufen sowieso nach vorne rutschen. Wenn sie anstoßen, krallen sie sich aus Reflex in die Sohle. „Zehen wollen keinen taktilen Reiz“, sagt Thauwald. An eine Abrollbewegung ist dann nicht mehr zu denken.
  • Wer neue Schuhe kauft, sollte sich die Sohlen seiner alten ansehen. Sind die unterschiedlich abgenutzt, sollte das vor dem Kauf mit einem Experten besprochen werden.
  • Ob die Polsterung eines alten Schuhs hinüber ist, ist von außen zu erkennen: wenn der Gummi feine Fältchen aufweist.
  • Aus Hygienegründen sollte der Schuh eine herausnehmbare Sohle haben.

 

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