Landrat Hermann Hübner scheitert fast

Von Thorsten Gütling
Hitzige Sitzung im Landratsamt: Beinahe die Hälfte der Kreisräte stimmt gegen den Haushaltsentwurf. gestritten wird darüber, ob sich der Kreis auf Kosten der Gemeinden entschulden darf. Foto: Ronald Wittek Foto: red

Das gab’s noch nie. 23 von 53 Kreisräten haben gegen den Haushalt des Landkreises gestimmt. Die Gegner stammen aus beinahe allen Fraktionen, nur nicht aus der CSU und von den Grünen. Der Grund für die Ablehnung: Der Anteil, den die Städte und Gemeinden in diesem Jahr berappen müssen, damit der Landkreis seine Schulden abbauen kann.

 
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Obwohl der Bezirk 0,4 Prozent weniger vom Landkreis fordert als im Jahr zuvor, muss der Kreis mehr überweisen. Nämlich 1,33 Millionen. Der Grund: Die Kommunen im Landkreis Bayreuth haben mehr Steuern eingenommen als im Jahr zuvor. Und sie haben mehr Hilfe vom Freistaat erhalten, weil Oberfranken als strukturschwache Region gilt.

Bezirk verlangt prozentual weniger vom Kreis

Einen Teil dessen, was ihm der Bezirk in diesem Jahr erspart, will der Kreis an seine Gemeinden weitergeben. Nach der knappen Entscheidung des Kreistags steht fest: Die Kommunen zahlen ein Prozent weniger als im Vorjahr. Aber trotzdem 3,4 Millionen Euro mehr.

Bis zuletzt haben Vertreter von Freien Wählern, SPD, Wahlgemeinschaft Land und FDP um mehr Entlastung für die Gemeinden gerungen. Haben vorgerechnet, dass ein Prozentpunkt weniger 8,50 Euro mehr pro Einwohner in den Kassen der Kommunen bedeuten würde. Für die Stadt Hollfeld, die sich wegen ihres zehn Millionen Euro großen Schuldenberges schon den Blumenschmuck an den Ortseingangschildern nicht mehr leisten kann, würde das eine Entlastung von mehr als 40.000 Euro bedeuten. Pegnitz hätte gar 120.000 Euro mehr in der Kasse.

Kommunen kämpfen um ausgeglichene Haushalte

Einigen der 33 Kommunen im Landkreis Bayreuth geht es ähnlich. Zehn erhalten derzeit Stabilisierungshilfen des Freistaats in Höhe von insgesamt 5,5 Millionen Euro. Das sind zwei Kommunen und fast zwei Millionen Euro mehr als noch ein Jahr zuvor. Das Geld soll dazu dienen, Schulden abzubauen. Gleichzeitig müssen sich die Gemeinden aber ein striktes Sparprogramm auferlegen. Nur 22 der 33 Kommunen im Kreis erwirtschaften einen Überschuss. Elf andere müssen im Umkehrschluss darauf hoffen, dass das Landratsamt bei der Genehmigung des Haushaltes ein Auge zudrückt.

CSU rückt nicht vom Vorschlag ab

Die Fraktionen von CSU und Grünen im Kreistag bleiben aber geschlossen dabei: Auf mehr als einen Prozentpunkt kann der Landkreis nicht verzichten. Um den nachfolgenden Generationen nicht durch übermäßig hohe Schulden den Gestaltungsspielraum zu nehmen.

Das Geld der Gemeinden soll dazu genutzt werden, den bald 34 Millionen Euro großen Schuldenberg des Kreises bis zum Jahresende um etwa 800.000 Euro zu verringern. Dieses Ziel ist umstritten. Weil neue Kredite derzeit aufgrund niedriger Zinsen beinahe zum Nulltarif zu bekommen sind.

1,5 Millionen Euro sollen mehr investiert werden als im Vorjahr

Außerdem soll das Geld für Investitionen genutzt werden. Mit 9,3 Millionen Euro sogar rund 1,5 Millionen mehr als im Vorjahr. Vor allem in die Sanierung von Schulen, wie die Johannes-Kepler-Realschule in Bayreuth und die Realschule Pegnitz. Danach soll es an die Sanierung der Gesamtschule Hollfeld gehen. Dazu laufen die Pläne für einen teilweisen Abriss und Neubau der Jugendstätte Haidenaab.

Personalkosten steigen und steigen

Gleichzeitig steigen im Landratsamt die Personalkosten. 212 Mitarbeiter beschäftigt der Kreis derzeit. Im vergangenen Jahr stellte der Landkreis vier weitere Vollzeitkräfte ein, dieses Jahr sollen es nochmals 2,5 Stellen mehr werden. Allen voran das Sozialamt braucht immer mehr Mitarbeiter. Landrat Hermann Hübner begründet das damit, dass derzeit 80 unbegleitete minderjährige Flüchtlinge, aber auch immer mehr einheimische Familien professionell betreut werden müssten. Verbunden mit Tariferhöhungen sind die Personalkosten im Landratsamt um zuletzt fast 900.000 Euro gestiegen.

Und das sagen die Fraktionsvorsitzenden

Hans Hümmer, Freie Wähler: Hätten wir die Kommunen um ein weiteres Prozent entlastet, hätte der Kreis immernoch 2,5 Millionen Euro mehr eingenommen, als im Vorjahr. In den vergangenen acht Jahren ist die sogenannte Kreisumlage explosionsartig um rund 17, 5 Millionen Euro gestiegen. Könnten die Gemeinden dieses Geld noch selbst investieren, in Projekte, für die es noch dazu Zuschüsse gäbe, könnten 43 Millionen Euro verbaut werden. Seit 2009 sind die Einnahmen der Gemeinden im Landkreis um mehr als 16 Millionen Euro gestiegen. Der Kreis hat ihnen im gleichen Zeitraum das alles und noch eine Million mehr entzogen. Unter anderem deswegen haben die Gemeinden im Kreis Bayreuth durchschnittlich 1690 Euro Schulden pro Einwohner, während es im strukturschwachen Landkreis Hof nur 948 Euro sind. Bei nahezu identischen Ausgaben pro Kopf.

 

Karl Lappe, WG: Dass wir in Schulen und Straßen investieren gefällt mir. Wenig begeistert bin ich von den vielen Konzepten und Studien, für die wir viel Geld ausgeben und die dann in irgendwelchen Schubladen verschwinden. Zum Beispiel zum Klimaschutz. Da können wir alleine wenig bewirken. Maßnahmen für Senioren wären sinnvoller, als den Papiertiger zu füttern. Schade auch, dass dieses Jahr erstmals der Ältestenausschuss abgeschmettert wurde, in dem wir einen Kompromiss in Sachen Kreisumlage hätten finden können. Ich plädiere für zwei Prozent weniger, hätte mich aber auch mit 1,5 zufrieden gegeben. Jetzt ist es leider so: Der Landkreis badet in Wein, während für die Gemeinden das karge Wasser rationiert wird. Wegen der mangelnden Gesprächsbereitschaft habe ich gegen den Haushalt gestimmt.

 

Stephan Unglaub, SPD: Wir haben eine gefordert, die Gemeinden um zwei Prozent zu entlasten. Tatsächlich zahlt jetzt die Mehrheit der Kommunen mehr als im Vorjahr. Investitionen des Kreises wären auch anders möglich gewesen. Auf Kredite zahlt man derzeit null Zinsen.

 

 

 

 

 

Georg Röhm, Junge Liste: Unsere freiwilligen Leistungen sinken auf 1,4 Millionen Euro, das sehen wir sehr positiv. Sie müssen aber noch weiter sinken. Bei der Höhe der Kreisumlage reden wir nur über Nuancen. Das ist eine rein politisch motivierte und populistische Diskussion.

 

 

 

 

Günter Dörfler, CSU: Der Haushalt ist zukunftsweisend, wir müssen Schulden abbauen. Indem wir an die Kommunen weitergeben, was uns der Bezirk erspart, beweisen wir unsere Kommunalfreundlichkeit. 9,3 Millionen sollen investiert werden. Davon haben auch die Bürger in den Kommunen was.

 

 

Manfred Neumeister, Grüne: Wir waren für eine Kreisumlage von 46 Prozent, wie im Vorjahr. Weil unsere Aufgaben in Zukunft noch wachsen werden. Was bringt denn eine Absenkung von einem Prozent? Wir reden von 8,50 Euro pro Einwohner. Da wird ein Verwirrspiel inszeniert.

 

 

 

 

 

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