Kreis: Polster auf Kosten der Gemeinden?

Von Thorsten Gütling
Der Landkreis um Landrat Hermann Hübner soll seine Überschüsse im vergangenen Jahr absichtlich geringer kalkuliert haben, um mehr Geld von den Gemeinden zu bekommen, sagen die Freien Wähler im Landkreis Bayreuth. Archivfoto: Andreas Harbach Foto: red

Die Freien Wähler im Kreistag wagen einen neuen Anlauf. Seit Monaten fordern sie, der Landkreis möge die Kommunen durch eine geringere Kreisumlage entlasten, weil auch der Kreis selbst weniger als in den Vorjahren an den Bezirk abführen muss. Eine Klage der Freien Wähler gegen den Landkreis ist noch anhängig, da soll im Kreisausschuss erneut diskutiert werden. Über einen schweren Vorwurf, den die Freien Wähler erheben.

 
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Ein Überschuss von 2,4 Millionen Euro war im vergangenen Jahr geplant, mehr als 7,3 Millionen sind es schließlich geworden. Und der Fraktionssprecher der Freien Wähler, Hans Hümmer, sagt: „Einsparungen sind dafür nicht der Grund.“ In dem Antrag, das neben Hümmers Unterschrift auch die des Pottensteiner Bürgermeisters Stefan Frühbeißer trägt, wird dem Landkreis vielmehr eine vorsätzliche Falschberechnung unterstellt: „Es ist schon Tradition im Landkreis Bayreuth, dass die Jahresergebnisse niedrig kalkuliert werden, denn so ist es möglich, bei den Gemeinden ein hohes Kreisumlagesoll einzuheben.“

Hümmer wiederholt den Vorwurf

Am Telefon wiederholt Hümmer den Vorwurf: „Der Landkreis hat sich bewusst mehr Geld von den Gemeinden eingeholt, um sich ein Polster zu schaffen“, sagt Hümmer. Zur Folge habe das, dass die Gemeinden im Landkreis Bayreuth zu den am höchsten verschuldeten in ganz Bayern gehörten. Aus dem Landratsamt hieß es dazu bereits im Juli, der Überschuss resultiere aus aufgeschobenen Deckensanierungsarbeiten, weniger Kosten beim Straßenunterhalt wegen eines milden Winters und mehr Einnahmen aus Gastschulbeiträgen. Dazu kämen immer weiter steigende Kosten im sozialen Bereich. Landrat Hermann Hübner (CSU) erklärte den Überschuss deshalb so: „Das sind keine Gewinne, sondern Dinge, die auf das Jahr 2016 übertragen wurden.“

Mehr genommen, als die Gemeinden bekamen

Hümmer hält dagegen: Der Landkreis Bayreuth habe die Summe, die er von seinen Kommunen fordert, in den vergangenen sieben Jahren um insgesamt 17,5 Millionen Euro angehoben. Damit habe er mehr Geld aus den Gemeinden abgezogen also diese durch den gleichzeitigen Anstieg von Steuerkraft und Schlüsselzuweisungen durch den Freistaat eingenommen hätten. Hümmer sagt: Der Landkreis Bayreuth sei der einzige Kreis in Oberfranken, der seine Kommunen nicht an den Einnahmesteigerungen teilhaben lasse. Während der Landkreis Bayreuth die Kreisumlage um ein Prozent gesenkt habe, hätten das mit Forchheim, Wunsiedel, Hof, Kronach und Coburg gleich fünf Kreise um mehr als vier Prozent getan.

Klage vor dem Verwaltungsgericht

Schon im März hatten die Freien Wähler daher eine Senkung um 2,3 Prozent gefordert. Der Kreistag stimmte über seinen Antrag aber nicht ab. Landrat Hermann Hübner erklärte das mit der Geschäftsordnung. Die sehe vor, dass der Kreistag als erstes über die Empfehlung des Kreisausschusses abzustimmen habe, der sich zuvor mit sieben zu sechs Stimmen für eine Umlage in Höhe von 45 Prozent ausgesprochen hatte. Erst nach einem Scheitern dieses Antrags hätte Hümmers Antrag behandelt werden können, so Hübner. Dazu sei es nicht notwendig, auf der Tagesordnung auf dessen Antrag hinzuweisen. 23 von 53 Kreisräten hatten sich daraufhin für eine Senkung der Kreisumlage von 46 auf 45 Prozentpunkte ausgesprochen. Die Kommunen im Landkreis Bayreuth zahlen wegen ihrer gestiegenen Umlagekraft aber dennoch 3,4 Millionen Euro mehr als im Jahr zuvor. Hümmer reichte daraufhin Klage beim Verwaltungsgericht Bayreuth gegen den Landkreis Bayreuth ein. Weil er glaubt, dass sich einige Kreisräte, hätten sie von seinem alternativen Antrag gewusst, anders entschieden hätten. Das Gerichtsverfahren ist noch nicht terminiert. Hümmer sagt: Den neuen Antrag stellen wir, solange der Streitfall noch nicht entschieden ist.“ Plänen, die Überschüsse im Haushalt des nächsten Jahres zu berücksichtigen, erteilt Hümmer eine Absage: „Auf solche Spielchen lasse ich mich nicht ein.“

Entscheiden muss der Kreistag

Darüber entscheiden, ob der Landkreis Teile seines zuletzt erzielten Überschusses an die Kommunen abgibt, kann der Kreisausschuss aber nicht. Entscheidungen, die den Haushalt betreffen, obliegen dem Kreistag. Die Diskussion am Freitag gilt als Gradmesser. Der Kreistag trifft sich voraussichtlich im Dezember wieder.

Zum Hintergrund

Zehn der 33 Kommunen im Kreis erhalten derzeit Stabilisierungshilfen des Freistaats in Höhe von insgesamt 5,5 Millionen Euro. Das sind zwei Kommunen und fast zwei Millionen Euro mehr als noch ein Jahr zuvor. Das Geld soll dazu dienen, Schulden abzubauen. Wollen sie beispielsweise in ein neues Baugebiet investieren, müssen sie darauf hoffen, dass das Landratsamt bei der Genehmigung des Haushaltes ein Auge zudrückt. Der Landkreis wiederum hat derzeit rund 34 Millionen Euro Schulden. Das Geld, das er über die Kreisumlage von den Kommunen einnimmt, will er dazu nutzen, den Schuldenstand zu senken. Dieses Ziel ist umstritten. Weil neue Kredite derzeit aufgrund niedriger Zinsen beinahe zum Nulltarif zu bekommen sind. Außerdem soll das Geld für Investitionen genutzt werden. Mit 9,3 Millionen Euro investiert der Kreis in diesem Jahr rund 1,5 Millionen mehr als im Vorjahr. Vor allem in die Sanierung von Schulen.

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