Handwerk fordert Waffengleichheit

Von
Zwei, die sich verstehen: IHK-Präsident Heribert Trunk (links) und sein HWK-Kollege Thomas Zimmer. ⋌Foto: Andreas Harbach Foto: red

Präsident Thomas Zimmer hat bei der Vollversammlung der Handwerkskammer für Oberfranken von der Politik gleiche finanzielle Bedingungen für Berufsausbildung und Studium gefordert. Vorher gab es aber noch einen "historischen" Auftritt.

 
Schließen

Diesen Artikel teilen

Heribert Trunk ist bekanntermaßen schlagfertig. Und so antwortete der scheidende Präsident der Industrie- und Handelskammer vor Beginn der gestrigen Vollversammlung der Handwerkskammer (HWK) für Oberfranken auf die Frage, ob er sich verlaufen habe: „Da ich ja als IHK-Präsident bald aufhöre, hoffe ich auf Asyl beim Handwerk.“ Wie dem auch sei, sein Grußwort hatte – nun ja – etwas Historisches. Denn Trunk war der erste IHK-Präsident überhaupt, der bei einer HWK-Vollversammlung das Wort ergriff. Was der Bamberger Unternehmer dazu nutzte, launig, kurz und knackig noch einmal herauszustellen, was er und sein Präsidentenkollegen Thomas Zimmer in den vergangenen Jahren schon immer wieder gepredigt hatten: „Wir müssen die Wirtschaft der Region gemeinsam voranbringen.“ Denn: „Ihr vom Handwerk habt keine Chance ohne uns von der Industrie – aber wir auch nicht ohne euch.“ Unter anderem die berufliche Bildung müsse man gemeinsam hochhalten. Für viele junge Leute sei es viel besser, eine gute Ausbildung zu machen, „als an der Uni irgend so einen Bachelor“.

Viele Lehrstellen unbesetzt

Ein Ball, den HWK-Präsident Zimmer aufnahm. Ihm gehe es gewaltig gegen den Strich, dass die Zahl der Studierenden immer mehr zunehme – zu Lasten der beruflichen Bildung. Zwar habe es für das aktuelle Ausbildungsjahr im oberfränkischen Handwerk ein Plus von 2,6 Prozent auf gut 2300 bei den neu abgeschlossenen Lehrverträgen gegeben, dennoch hätten viele von den Handwerksbetrieben angebotenen Stellen nicht besetzt werden können.

Rekord bei den Landessiegern

Natürlich müsse das Handwerk selber daran arbeiten, dass die Ausbildung attraktiv ist und den jungen Leuten vermitteln, dass ihnen anschließend vielfältige Karrieremöglichkeiten offenstehen. Der Kammerrekord von zwölf Landes- und zwei Bundessiegern beim aktuellen Leistungswettbewerb zeige, was möglich ist.

Ungleichbehandlung

Er appellierte aber auch an die Politik, für Waffengleichheit zu sorgen. So habe die Bundesregierung ihren Fokus zuletzt vor allem auf die Stärkung der akademischen Bildung gelegt, allein den Hochschulpakt und den Qualitätspakt Lehre für Hochschulen mit mehr als 22 Milliarden Euro Fördervolumen ausgestattet. Demgegenüber seien für die überbetriebliche Förderung im Handwerk für 2017 bundesweit 220 Millionen Euro vorgesehen. Ein weiteres Beispiel sei die Tatsache, dass mit Bachelor- und Masterstudium zwei Abschlüsse über das Studierenden-Bafög förderfähig seien, in der Berufsausbildung aber mit dem Meister-Bafög nur einer. „Diese Ungleichbehandlung muss aufhören“, sagte Zimmer.

Flüchtlingsausbildung braucht Sicherheit

Eine, wenn auch mit Aufwand verbundene Möglichkeit, an motivierten Nachwuchs zu kommen, sei die Ausbildung von Flüchtlingen. Dafür bräuchten die Betriebe aber Rechtssicherheit. Deshalb müsse es dabei bleiben, „dass Geduldete für die Gesamtdauer einer Ausbildung ein Bleiberecht bekommen und anschließend mindestens zwei Jahre im erlernten Beruf eingesetzt werden können“. Einer „Schmalspurausbildung“ oder einer Teilqualifikation für Flüchtlinge erteilte Zimmer eine Absage. „Das Handwerk braucht qualifizierte Fachkräfte, die ihren ganzen Beruf beherrschen.“

Gute Sprachkenntnisse wichtig

Laut Hauptgeschäftsführer Thomas Koller absolvieren derzeit im Kammerbezirk 73 Flüchtlinge eine Ausbildung, 47 ein Praktikum und 31 eine Einstiegsqualifizierung. Ganz wichtig für einen Erfolg sei die Beherrschung der Sprache. „Wenn das noch nicht der Fall ist, raten wir den Firmen mittlerweile sogar ab.“ Es habe sich gezeigt, das das Fehlen ordentlicher Sprachkenntnisse und die Abbrecherquote in direktem Zusammenhang stehen.

Der HWK-Haushalt 2017

Die Handwerkskammer plant für 2017 mit einem Haushaltsvolumen von 30,25 Millionen Euro. Dabei entfallen laut Hauptgeschäftsführer Thomas Koller 28,1 Millionen Euro auf den Verwaltungshaushalt und 2,15 Millionen Euro auf den Vermögenshaushalt. Die Investitionen steigen dabei gegenüber dem Vorjahr um rund eine Million Euro. Der Verwaltungshaushalt fällt dagegen netto um 439 000 Euro niedriger aus. Brutto liege das Minus bei rund vier Millionen Euro. Der Unterschied resultiere aus erstmals angewandten Abschreibungsregeln, so Koller.

Bei den Ausgaben machen die Personalkosten mit 12,6 Millionen Euro die größten Einzelposten aus. Die Steigerung um rund 0,6 Millionen Euro erklärte Koller mit Tarifsteigerungen sowie Neueinstellungen vor allem im Bereich des neuen Kompetenzzentrums digitales Handwerk. Insgesamt fließen 69 Prozent der Ausgaben im Verwaltungshaushalt in die Aus-, Fort- und Weiterbildung.

Die Gesamteinnahmen der Kammer resultieren laut Haushaltsplan zu 50 Prozent aus selbst erwirtschafteten Gebühren, zu zwölf Prozent aus zweckgebundenen Zuschüssen von Bund und Land und zu 38 Prozent aus den Kammerbeiträgen. Diese werden auch 2017 nicht steigen, beschloss die Vollversammlung.

238 Mitarbeiter hat die Handwerkskammer aktuell. 16 Prozent sind laut Koller zur reinen Verwaltung zu rechnen, aber gut zwei Drittel sind in der klassischen Aus- und Fortbildung tätig.

Interessanter Einzelposten: Die Einnahmen aus Kursen im Auftrag der Arbeitsverwaltung gehen mehr und mehr zurück. Der Grund ist die gute Situation auf dem Arbeitsmarkt.

Lesen Sie auch:Es brummt im Handwerk

Autor