Unterkunft Bernecker Straße bleibt – Probleme auch nach einem Jahr Erstaufnahmeeinrichtung Flüchtlinge müssen in Halle bleiben

Von Katharina Wojczenko
Schüler des GCE haben in einer Aktion Kleider zu den Flüchtlingen in der Bernecker Straße gebracht. Die Kleiderkammer in der Wilhelm-Busch-Straße ist weit weg – und zu klein, sagt der Verein Bunt statt Braun. ⋌Foto: Archiv/Ronald Wittek Foto: red

Regionalbischöfin Dorothea Greiner ist am Dienstag euphorisch: Sie hat zum ersten runden Tisch zur Flüchtlingsfrage eingeladen. Das Ergebnis: Der gute Wille ist da. Aber die Situation der Flüchtlinge in Bayreuth hat sich in den vergangenen Monaten nicht verbessert. Die Regierung verabschiedet sich vom Neubau der Erstaufnahmeeinrichtung. Und die Stadt will Geld zurück.

 
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Gekommen sind Verantwortliche von Stadt, Kreis und Bezirk, Aus der Politik, von den Kirchen, Kammern und Ehrenamtliche. „Flüchtlinge werden zur Chefsache“, hatte Greiner in der Einladung angekündigt. Entsprechend hoch sind die Erwartungen an den Runden Tisch. Denn spätestens seit einem Jahr beschäftigen die Flüchtlinge die Stadt Bayreuth massiv. Damals wurde die Unterkunft an der Wilhelm-Busch-Straße zur Not-Erstaufnahmeeinrichtung. Seit Montag ist sie offiziell Oberfrankens reguläre Erstaufnahmeeinrichtung, mit eigener Außenstelle des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge.

Die Probleme, die beim runden Tisch auf der Tagesordnung standen, monieren Helfer und Ehrenamtliche seit Monaten. Doch als Ergebnis verkündet Regionalbischöfin Greiner nur, dass sich der runde Tisch künftig zweimal im Jahr trifft. „Wir haben die Probleme festgehalten“, sagt Greiner und betont die Einigkeit der Runde, die hinter verschlossenen Türen tagte. „Keiner will, dass wir einander Vorwürfe machen.“ Die Hälfte der Tagesordnung bleibt nach Kurier-Information aus Zeitmangel unbearbeitet.

DAS KOMMT

Asylsozialberatung: Für die Erstaufnahmeeinrichtung in Bayreuth wird die Caritas zwei Stellen schaffen. Die Asylsozialarbeiter sollen im Januar anfangen. Die evangelische Kirche will über die Diakonie in der Außenstelle in Bad Berneck eine halbe Stelle bereitstellen, sagt die Regionalbischöfin. Die Antragsstellung laufe noch. Im Vorfeld gab es Abstimmungsbedarf. Greiner betont mehrfach: „Wir wollen keine Konkurrenz zur Caritas sein.“

Ausbildungspakt: Ganz Oberfranken wird mitmachen, die Hälfte der oberfränkischen Landkreise ist schon dabei. Am Dienstag war Bayreuth an der Reihe. Jeder Flüchtling unter 21 Jahren, der aus einem nicht sicheren Herkunftsland stammt, erhält künftig von der Bayreuther Ausländerbehörde eine Duldung. Voraussetzung: Er muss einen Ausbildungsplatz haben. Ausbildung schützt vor Abschiebung. Wer die Ausbildung erfolgreich abschließt, erhält eine Aufenthaltserlaubnis.

Am Dienstag nach dem Runden Tisch haben Stadt, Kreis, Handwerkskammer, Industrie- und Handelskammer für Oberfranken Bayreuth und Arbeitsagentur das Papier unterschrieben. "Auch wenn sie danach in ihr Heimatland zurück müssen, ist eine Ausbildung kein Schaden", sagt Regierungspräsident Wilhelm Wenning. Die Abmachung ist fünf Jahre gültig.

DAS IST UNGELÖST

Kleiderkammer:Seit Monaten fordert der Verein Bunt statt Braun größere Räume, um alle Spenden annehmen und sortieren zu können. „Für eine Erstaufnahme mit 580 Plätzen reicht die provisorische bei weitem nicht aus“, sagt Anna Westermann. Der Verein hat der Stadt mehrere Räume vorgeschlagen, ein Treffer war nicht dabei. Oberbürgermeisterin Brigitte Merk-Erbe sagt am Dienstag dazu: Die Standortsuche habe sich „verdichtet“. Wenn alles klappt, könne es im Frühjahr eine neue Kleiderkammer geben. Wie die Flüchtlinge dorthin kommen sollen, habe man nicht vertieft. Die Ideen reichen von zu Fuß gehen bis Sonderbus.

Sozialräume: Mehr Räume für Begegnungen in der Erstaufnahmeeinrichtung, um Ängste abzubauen, damit Ehrenamtliche die Flüchtlinge sinnvoll beschäftigen können, ihnen Deutsch beibringen, mit den Kindern spielen. Das ist ein weiterer Dauerwunsch von Anna Westermann vom Verein Bunt statt Braun.

Auch hier bleibt es am runden Tisch beim Informationsaustausch. Denn bauliche Veränderungen an der Wilhelm-Busch-Straße, um zusätzlichen Platz zu schaffen, sind nicht geplant, sagt Regierungspräsident Wilhelm Wenning auf Kurier-Nachfrage. „Wir sind in der Stadt im Gespräch wegen freier Flächen.“ Wenn, würde die Regierung dort in Fertigbauweise arbeiten. „Das hängt von der Stadt ab.“ Und vom Preis. „Wir zahlen anständig, wollen uns aber nicht über den Tisch ziehen lassen.“

DAS KOMMT NICHT

Bernecker Straße: Stadt und Regierung hatten angekündigt, nach Ersatz für den umstrittenen Standort der auf mehrere Orte verteilten Erstaufnahmeeinrichtung zu suchen. Davon ist nicht mehr die Rede. Im Gegenteil: Regierungspräsident Wenning nennt die ehemalige Verkaufshalle jetzt als einziges Umbauprojekt. Dort wird der Innenhof so überdacht, dass Flüchtlinge künftig vor Wind, Wetter und Blicken geschützt von den Schlafräumen im Obergeschoss zu den Wasch- und Toilettencontainern im Hinterhof kommen. Stahlträger sollen die Konstruktion aus einer Art festerer Zeltplane abstützen.

Ob die Regierung den Mietvertrag mit dem Eigentümer verlängert hat, kann Wenning nicht beantworten. Ebenso wenig, ob die Konstruktion über den Winter hinaus dort bleiben wird.

Herzogmühle: Auf dem Gelände der Herzogmühle sollte ursprünglich ein Neubau für die Erstaufnahmeeinrichtung entstehen. Zuletzt in Regie des Freistaats. Wenning sagt auf Kurier-Nachfrage: „Der Freistaat wird das nicht übernehmen.“ Wegen des Hochwassergebiets dort und weil das Restgebiet zu klein ist. Die Stadt hat nach Kurier-Information bereits 600 000 Euro investiert – für Planungs- und Ingenieursleistungen sowie Abbruchkosten.

Der Ältestenausschuss hat deshalb am Montag die Stadtverwaltung beauftragt, mit dem Freistaat Bayern über eine Rückerstattung zu verhandeln, teilt die Stadt mit. Freistaat und Stadt hatten im November 2014 einen Vorvertrag geschlossen, wonach die Stadt nach den Vorgaben des Freistaats die Erstaufnahmeeinrichtung bauen und an diesen vermieten sollte. Der Vorvertrag platzte, weil der Freistaat nicht wie versprochen die zusätzlichen Personalkosten der Stadt übernehmen wollte.

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