Fachärzte: 61.000 Termine in sechs Monaten

Von Peter Rauscher
Der Bayreuther Dienstleister Gedikom vermittelt Ärzte im Notdienst und seit Januar auch Fachärzte bei Überweisungen. Foto: Andreas Harbach/Archiv Foto: red

Der Patientenbeauftragte der Bundesregierung, Karl-Josef Laumann, ist sauer auf die Kassenärztliche Bundesvereinigung. Deren Einschätzung, die seit Januar geltende gesetzlich vorgeschriebene Facharztvermittlung sei ein Flop, widerspricht er heftig. „Die KBV führt die Menschen offenbar bewusst in die Irre."

 
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Rund 61.000 durch die Terminservicestellen vermittelte Termine in gerade einmal einem halben Jahr sind enorm viel“, teilte Laumann dem „Nordbayerischen Kurier“ auf Anfrage mit. Die „Bild“-Zeitung hatte den Vorstandsvorsitzenden  der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), Andreas Gassen, mit den Worten zitiert: „Wenn es dabei bleibt, werden wir aufs Jahr geschätzt auf 120.000 Termine kommen. Vor dem Hintergrund von einer Milliarde Arzt-Patientenkontakten im Jahr ist das wenig.“

"Terminservicestellen werden nicht wirklich gebraucht"

Die KBV hatte die von der Politik durchgesetzten Terminservicestellen von Anfang an abgelehnt. Sie sollen die oft langen Wartezeiten für gesetzlich Versicherte bei Fachärzten beschleunigen. Gassen sagte: „Letztlich muss man sagen, dass unsere Einschätzung richtig gewesen ist: Die Terminservicestellen werden nicht wirklich gebraucht.“

Dagegen erklärte Laumann, die Zahl zeige, dass die Entscheidung des Gesetzgebers richtig gewesen sei, die KVen zur Errichtung der Terminservicestellen zu verpflichten. „Es kann nicht sein, dass Menschen, die dringend einen Termin bei einem Facharzt benötigen, keinen erhalten. Wenn es die Terminservicestellen nicht gäbe, wäre genau das jedoch offenbar 61.000 Mal in Deutschland passiert. In einigen Fällen hätte das sicherlich zu gesundheitlichen Schäden führen können.“

Wildwuchs bei der Erreichbarkeit

Laumann würde über die Zahl 61.000 hinaus überdies gerne wissen, wie viele Menschen sich an eine der Terminservicestellen gewandt und keinen Termin vermittelt bekommen hätten. Und wie viele die Terminservicestelle überhaupt nicht erreicht hätten. Denn in puncto Erreichbarkeit gebe es einen „ziemlichen Wildwuchs“, sagt Laumann. So sei beispielsweise die Terminservicestelle der KV Brandenburg nur zwei Stunden am Tag und das zu den allgemeinen Arbeitszeiten telefonisch erreichbar. „Da frage ich mich: Wie soll da etwa der ganz normale Schichtarbeiter die Chance haben, sich an die Servicestelle zu wenden?“ Hier könne sicherlich nicht von der bisherigen Anruferzahl auf den tatsächlichen Bedarf geschlossen werden.

In Bayern ist Gedikom zuständig

Die Terminservicestellen sollen Patienten Facharzttermine binnen vier Wochen vermitteln, längere Wartezeiten sollen dadurch vermieden werden. Patienten, die diese Dienstleistung in Anspruch nehmen, verzichten weitgehend auf die freie Arztwahl. Für die Kassenärztliche Vereinigung Bayern nimmt der Bayreuther Dienstleister Gedikom seit dem 25. Januar neben dem telefonischen Notdienst auch die telefonische Facharztvermittlung vor. Gedikom-Geschäftsführer Christian Hess war für eine Stellungnahme am Montag nicht erreichbar.

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