Doch die Gegenspieler des designierten Chefs der Allgemeinen Chirurgie sind mächtig ¶ Chefarztstelle: Ponsel kämpft

Von Frank Schmälzle
OLiver Ponsel kämpft darum, dass die Zusage, die ihm das Klinikum gegeben hatte, eingehalten wird. Foto: Archiv/Ronald Wittek Foto: red

In der Chefarztkonferenz des Klinikums Bayreuth ist man sich in dieser Woche ziemlich einig: Die im August freiwerdende Stelle des Chefarztes der Allgemeinen Chirurgie soll ausgeschrieben werden. Alle bis auf einen, der selbst einen nicht habilitierten Arzt zu seinem Nachfolger machen will, stimmen zu. Und Oliver Ponsel? Der Leitende Oberarzt am Klinikum hat ein Schreiben aus dem Jahr 2008 in der Hand. Darin steht: Er soll Chef der Allgemeinen Chirurgie werden. Doch seit ein paar Wochen läuft alles anders. Für ihn alles quer.¶

 
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Der, um dessen Stelle am Klinikum es geht, sagt: „Ich schließe mich inzwischen der Meinung der Chefärzte an.“ Im Januar, als die mächtigsten Mediziner am Klinikum schon einmal über die Causa Ponsel diskutierten, hatte sich Prof. Klaus Henneking noch enthalten. Henneking ist Ponsels Chef, er hat ihn ausgebildet. Doch jetzt ist auch Henneking, der im August in den Ruhestand geht und den Chefposten in der Allgemeinen Chirurgie räumt, für eine Ausschreibung der Stelle. Weil ihm nicht gefallen hat, dass „Aufsichtsräte der Klinikum Bayreuth GmbH instrumentalisiert werden sollen, dass Öffentlichkeit hergestellt wird und Leserbriefe in der Zeitung stehen“, sagt Henneking.

Ein kaum verhohlener Vorwurf an Ponsel. Denn die Frage, ob das Klinikum ein Versprechen bricht, wird seit einem Kurier-Bericht in der vergangenen Woche heiß diskutiert. Das alles bedeute aber nicht, dass er gegen Oliver Ponsel als seinen Nachfolger sei. Henneking nennt ihn einen „sehr guten Chirurgen“.

Die Universitätsklinik Erlangen spricht mit

Es sind nicht nur Stilfragen, die hinter verschlossenen Türen im Klinikum diskutiert werden. Das Klinikum Bayreuth ist Lehrkrankenhaus der Universitätsklinik in Erlangen. Und in dem Vertrag, der dieser Zusammenarbeit zugrunde liegt, ist ein Absatz enthalten, in dem die Uniklinik das Bayreuther Krankenhaus auffordert, Chefarztstellen bei Neubesetzungen auszuschreiben. Diese Posten nicht einfach aus dem eigenen Haus wieder zu besetzen.

Das hat die Uniklinik zuletzt noch einmal bekräftigt: „Das Universitätsklinikum Erlangen und die Medizinische Fakultät haben der Geschäftsführung des Klinikums Bayreuth Anfang Dezember 2015 mitgeteilt, dass bei Stellennachbesetzungen bei Hauptabteilungen künftig möglichst eine bundesweite Ausschreibung erfolgen sollte und die Stellen mit Personen besetzt werden sollten, die habilitiert oder zumindest den Nachweis über hochrangige Publikationen erbringen können“, sagt der Pressesprecher der Uniklinik, Johannes Eissing. Das sei notwendig, um künftig enger akademisch zusammenarbeiten zu können. Was im Hintergrund steht: In Bayreuth soll möglicherweise ein Zweitcampus der Medizinischen Fakultät der Universität Erlangen entstehen. Dazu bräuchte es Chefärzte, die den akademischen Hintergrund und die Fähigkeit zur Lehre haben.

Eine Zusage und ihre Vorbehalte

Oliver Ponsel versteht die Welt nicht mehr. Eigentlich war alles klar. Am 30. Juni 2008 hatte er ein Schreiben bekommen. Unterzeichnet vom damaligen Geschäftsführer Roland Ranftl. Darin schreibt Ranftl wörtlich: „Wir freuen uns, Ihnen mitteilen zu können, dass sich sowohl der Aufsichtsrat wie auch die Geschäftsführung unseres Hauses dafür entschieden haben, Ihnen zuzusagen, die Nachfolge des Herrn Professor Henneking nach dessen Ausscheiden anzutreten.“ Ranftl knüpft diese Zusage allerdings daran, dass sich bis zur Neubesetzung keine schwerwiegend neuen Umstände ergeben. Im Klinikum sagt man jetzt: Die Hinweise aus Erlangen sind schwerwiegend.

Neun von  26 Chefärzte haben keinen Professoren-Titel

Ponsel sagt: „Die Zusammenarbeit mit der Uniklinik Erlangen wird sicher nicht an meiner Personalie scheitern.“ Denn von 26 Chefärzten des Klinikums hätten neun keinen Professoren-Titel, sind nicht habilitiert. „Wenn es ein noch zehnter wäre, würde die Erlangener wohl kaum den Vertrag kündigen“, sagt Ponsel. Sollte die engere Zusammenarbeit tatsächlich scheitern, dann viel eher an fehlenden strukturellen und finanziellen Voraussetzungen. Wo sollen die Studenten untergebracht werden? Und hat eigentlich schon mal jemand mit der Uni Bayreuth gesprochen, ob die überhaupt genügend Räume für ein neues Fach Medizin anbieten könne?

Ponsel sagt auch: Die Lehrkrankenhausvereinbarung mit Erlangen werde nicht berührt, wenn er Chef der Allgemeinen Chirurgie werden sollte. In der Vereinbarung stehe nicht, dass ein Habilitierter, ein Professor diese Position übernimmt. „Was ist eigentlich wichtiger?“ Ein Professorentitel oder ein Arzt, der für die Versorgung der Patienten sorgt?

Ponsel: "Ich wollte mich habilitieren"

Dass der fehlende Professoren-Titel zum Problem werden könnte, hat Ponsel geahnt. Deshalb habe er dem Klinikum angeboten, sich zu habilitieren, sagt er. An der Medizinischen Fakultät der Universität Magdeburg habe er einen Professorentitel erwerben wollen. Zugleich aber habe man ihn am Klinikum Bayreuth gebraucht. Zwei, drei Tage in Magdeburg – den Rest der Woche in Bayreuth: So hätte die Habilitation zwar länger gedauert. „Aber ich hätte es gemacht“, sagt Ponsel. Wenn man ihm am Klinikum nicht gesagt hätte, er solle es bleiben lassen. Er werde hier gebraucht. Und er habe ja eine schriftliche Zusage. Das Klinikum bestätigt eine solche Aussage nicht.

Ponsel hätte in den vergangenen Jahren gehen könne, er hatte Angebote. Aber er blieb. Er berichtet von Weiterbildungen, Hospitanzen und Kursen, die er absolviert hat. Um das von ihm geforderte hohe Engagement zu erfüllen. Jetzt versteht er die Welt nicht mehr. Die Zusage des Klinikums, die er juristisch prüfen ließ und die seiner Meinung nach wasserdicht ist, soll plötzlich nicht mehr gelten.

Wie es weiter geht, weiß gerade niemand

Wie die Sache weitergeht? Offizielle Stellen im Klinikum belassen es bei Allgemeinplätzen. „Der Aufsichtsrat beschäftigt sich intensiv mit der Chefarztnachfolge Chirurgie“, sagt Klinikums-Sprecherin Christiane Fräbel.“ Im April tritt der Aufsichtsrat zu seiner nächsten Sitzung zusammen. Dann könnte eine Entscheidung fallen.

Wenn es sie denn überhaupt braucht, sagt Ponsel. Das Klinikum sei eine GmbH, das GmbH-Gesetz verpflichte das Krankenhaus nicht zu einer Ausschreibung. Eigentlich habe der Aufsichtsrat schon entschieden. Im Sommer 2008, als man ihm die Nachfolge zugesagt habe. Noch im Dezember 2015 sei der Aufsichtsrat der Meinung gewesen, eine Ausschreibung sei nicht nötig. Und: Die Chefarztstellen der Pulmologie, der Pathologie und der Orthopädie seien in der Vergangenheit sämtlich ohne Ausschreibung besetzt worden.

In der Chefarztkonferenz ist man sich dennoch weitgehend einig. Eine Ausschreibung muss sein. Einer sagt aber auch: „Es ist eine Schweinerei, dass man den Kollegen Ponsel über acht Jahre lang hingehalten hat.“

Oliver Ponsel hat Rückhalt

In der vergangenen Woche hatten sich mehr als 90 niedergelassene Ärzte dafür ausgesprochen, dass Oliver Ponsel neuer Chefarzt der Allgemeinen Chirurgie am Klinikum Bayreuth wird. Das Schreiben ging an die Aufsichtsratsvorsitzenden der Klinikum Bayreuth GmbH, Oberbürgermeisterin Brigitte Merk-Erbe und den Landrat Hermann Hübner, und an die Mitglieder des Aufsichtsrats. Den niedergelassenen Ärzten, heißt es in dem Brieg, sei es "von extremer Wichtigkeit, Chefärzte im Klinikum Bayreuth zu haben, von denen wir wissen, dass sie ihrer Aufgabe gewachsen sind und eine sehr gute Versorgung unserer Patienten garantieren". Die Initiatoren des Schreibens wiesen gegenüber dem Kurier darauf hin, dass sie ihre Patienten ans Klinikum überweisen. Wenn die Ärzte Patienten stattdessen Patienten nach Kulmbach, Münchberg, Pegnitz oder Kemnath schicken würden, "träfe das das Klinikum schon". Nach dem Kurier-Bericht hatten sich Leser in Leserbriefen und Internet-Kommentaren für Ponsel eingesetzt.

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