Für den Rechtsanwalt des Arztes, Wolfgang Nicklas, ist das mindestens versuchte Nötigung: Für die Vorwürfe gebe es keinerlei Beweise. Sie beruhten ausschließlich auf ungesicherten Aussagen Dritter. Mit dem angeblichen Belästigungsopfer habe die Klinikleitung bis heute nicht gesprochen. Alle Nachfragen, die unter anderem der Personalrat angestellt hatte, hätten ein ganz anderes Bild ergeben: Niemand belaste den Arzt, der latente homosexuelle Neigungen hat. Dem Arzt eine fristlose Kündigung nahezulegen sei ebenso verfehlt, wie ihm ein staatsanwaltschaftliches Ermittlungsverfahren in Aussicht zu stellen. Denn damit unterstelle man dem Mediziner strafbares Verhalten.
Der Arzt selbst räumt einen Facebook-Kontakt zu einem Schüler ein. Dabei sei es in einer Äußerung auch um seine Homosexualität, die er nie ausgelebt habe, gegangen. Von Belästigung sei diese Unterhaltung allerdings meilenweit entfernt gewesen.
Was Richter Glaser von dem Vorgehen der Klinikleitung hält, sagt er an einer Stelle der Verhandlung sehr deutlich: „Wir haben keinen handfesten Vorwurf gegen den Arzt auf dem Tisch. Wir haben nichts. Gar nichts.“ Tatsächlich aber habe die Klinikleitung dem Arzt schon im allerersten Gespräch anheim gestellt, die Klinik von sich aus und sofort zu verlassen. „Wenn man an einer weiteren Zusammenarbeit interessiert ist, thematisiert man das nicht im ersten Gespräch“, sagt der Richter. „Dann setzt man sich nochmals in Ruhe zusammen und stellt dem Mitarbeiter nicht gleich den Stuhl vor die Tür. Und genau das ist gemacht worden.“
Jetzt ist nur eine Eilentscheidung gefallen, weil der Arzt und sein Rechtsanwalt einstweilige Verfügungen beantragt hatten. Die grundlegende Frage, ob das Bezirkskrankenhaus bei der Aufarbeitung der Vorwürfe gegen den Arzt versagt, wird in einem Hauptsacheverfahren am 28. Oktober entschieden.