Barcelona: Dem Terror entkommen

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13 Tote und unzählige Verletzte forderte ein Terroranschlag in Barcelona. Die Bayreutherin Heike Fauser erlebte das Geschehen aus nächster Nähe mit. Gestern landete sie mit ihren Begleitern wohlbehalten am Frankfurter Flughafen. Foto: privat Foto: red

Die Bayreutherin Heike Fauser, ehemalige Kurier-Online-Redakteurin, ist heilfroh. Die 32-Jährige ist am Freitag unversehrt wieder von ihrer viertägigen Barcelona-Reise zurückgekehrt. Hier lesen Sie ihren Augenzeugenbericht.

 
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Freitagfrüh, 10.30 Uhr. Es ist ziemlich ruhig auf den Ramblas. An einem normalen Tag tummeln sich um diese Uhrzeit schon Tausende von Menschen hier. Heute aber ist nichts normal. Ich laufe mit meinem Freund und einem Kumpel auf dem Bürgersteig. Wir sehen die Absperrbänder und die fassungslosen Gesichter der Menschen, die in der Mitte der Las Ramblas gehen. Genau hier sind am Donnerstag mehrere Menschen bei einem Terroranschlag von einem Lkw-Fahrer tödlich oder schwer verletzt worden. Der Gedanke daran lässt mir ein Schauer über den Rücken laufen.

"El terrorismo: Das Wort ist überall zu hören"

Spanische TV-Journalisten führen Interviews mit Passanten auf der Straße, die Polizei hält Menschen zur Kontrolle an. Fahrzeuge kommen gar nicht erst durch. Die Anschläge sind Thema Nummer eins in Barcelona. Auch wenn wir die Sprache der Einheimischen nicht sprechen, das Wort „el terrorismo“ können wir verstehen.

 

Die vielen Geschäfte, die sich auf der Einkaufsstraße im Herzen Barcelonas befinden, haben zum Teil geschlossen. Auch das Tor zur beliebten Markthalle Mercat de la Boqueria, in der man alles kaufen kann, was das mediterrane Herz begehrt – von frischen Früchten, Smoothies, Fisch, Fleisch, Gebäck und Käse – ist zugesperrt.

Kassiererinnen tragen schwarze Trauer-Schleifen

Wir laufen zu einem naheliegenden Supermarkt und nehmen Proviant für die Rückreise mit. Normalerweise stehen Kunden zehn Kassen zum Bezahlen zur Verfügung, heute sind es allerdings nur vier. Die Kassiererinnen sind freundlich, verabschieden sich mit einem Lächeln. Dass sich noch am Vortag vor der Eingangstür ein Horrorszenario abgespielt hat, merkt man ihnen nicht an. Manche tragen aus Solidarität auf ihren Polo-Shirts einen Sticker mit einer schwarzen Schleife.

Polizeipräsenz vermittelt Sicherheitsgefühl

Beim Herausgehen sehen wir einen Polizisten mit Maschinenpistole. Las Ramblas ist jetzt mit Panzerfahrzeugen abgeriegelt. So viel Polizeiaufgebot - das war in den vergangenen Tagen nicht so gewesen. Während unseres viertägigen Städtetrips in Barcelona, haben wir nur selten Polizei gesehen. Heute aber ist sie da – und wir fühlen uns sicher.

Am Vortag war das anders.

Weil der Wetterbericht für Donnerstag 32 Grad meldete, entschieden wir spontan, unseren Shoppingtrip auf Las Ramblas auf den Vormittag zu verlegen. Nachmittags gingen wir an den Strand an die Barceloneta. Mit Freunden wollten wir uns abends zum Gondelfahren verabreden – ein fulminanter Blick über die Stadt sollte den Abschluss unserer Reise krönen. Auf dem Weg zurück zur U-Bahn rief kurz nach 17 Uhr die Tante unseres Freundes aus Polen an und erkundigte sich, ob mit uns alles in Ordnung sei. Ein Anschlag hätte sich in Barcelona ereignet. Wo, wusste zu diesem Zeitpunkt noch niemand.

Shoppingtour spontan auf Vormittag verlegt

Wir stiegen ein in die U-Bahn, wollten so schnell wie möglich zum Hotel kommen. Liceau wäre unsere Haltestelle gewesen, direkt an der Las Ramblas. Der Zug fuhr weiter ohne Anzuhalten. Wir passierten leere Stationen. Von da an war uns ziemlich schnell klar, dass sich der Vorfall an der Flaniermeile ereignet haben muss. Ein junges Mädchen aus Deutschland tippte mich von hinten an: „Du sprichst von einem Anschlag?“. Als ich ihr die Kurzmeldung von Spiegel-Online vorlas, schossen ihr die Tränen in die Augen. Ihr Freund, versuchte sie zu beruhigen.

Weiterfahren mit öffentlichen Verkehrsmittel unmöglich

Vier Stationen später hielt der Zug endlich an. Ein Weiterfahren mit anderen öffentlichen Verkehrsmitteln war nicht mehr möglich. Zwei Straßen weiter entdeckten wir Polizeibeamte. Sie empfehlen uns, in ein nahe liegendes Café zu gehen. Zum Hotel könnten wir erst mal nicht gehen, alles gesperrt. Wir fanden ein Café, in dem wir uns eine Stunde lang aufhalten konnten. Danach machte es zu – „zu gefährlich“, sagte uns die Bedienung. Wir liefen weiter auf die Hauptstraße. Die Meldungen überschlugen sich, angeblich hielt der Täter Geiseln in einem Restaurant fest.

"Endlich heil und unverletzt im Hotel"

Schnell wollten wir zum Hotel kommen. Fast alle Taxen waren besetzt, Sirenen waren zu hören. Endlich fanden wir ein Taxi, das uns tatsächlich direkt zum Hotel fahren konnte. Ich fragte den Taxifahrer, ob er Angst habe. "Angst?“, fragte er mich. „Nein, ich habe keine Angst. Sie haben doch einen schon gefasst. Du kannst ruhig raus gehen. Genau das wollen doch diese Leute erreichen, dass wir uns ängstigen und nicht mehr vor die Tür gehen.“

Wir sind froh, endlich im Hotel angekommen zu sein. Heil und unverletzt.

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