Oberbürgermeisterin ruft Fraktionsvorsitzende zusammen - Michael Hohl (CSU): Jobabbau wäre "ein mittlerer Meteoriteneinschlag" Bangen um BAT: Stadtrat ist alarmiert

Von Frank Schmälzle
Ist der Lack ab bei der BAT in Bayreuth? 1400 Mitarbeiter bangen um ihre Arbeitsplätze. Und inzwischen bangen Bayreuther Kommunalpolitiker mit. Foto: Archiv/Andreas Harbach Foto: red

Die Entscheidung, ob der Tabak- und Zigarettenhersteller British American Tobacco (BAT) in seinem Bayreuther Werk Arbeitsplätze abbaut oder gar Teile der Produktion an andere Standorte verlagert, rückt näher. Mitte des Jahres will die BAT ihre Entscheidung verkünden. Schon jetzt aber beschäftigt das Thema die Bayreuther Kommunalpolitik. Die Zeichen stehen auf Sturm. Oberbürgermeisterin Brigitte Merk-Erbe lädt zur Krisensitzung im Rathaus.

 
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Die Schlagzahl wird höher: Am Donnerstag war der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der CSU, Michael Hohl, in der Hamburger BAT-Zentrale zu Besuch. Er sagt: "Sollte die BAT in Bayreuth Jobs abbauen, wäre das ein mittlerer Meteoriteneinschlag." Für Freitag hat Oberbürgermeisterin Brigitte Merk-Erbe die Vorsitzenden der Stadtratsfraktionen zu einer Runde hinter verschlossenen Türen eingeladen. Eine Thema dabei: Bleibt die BAT in Bayreuth? Sie schweigt. Die Inhalte der Besprechung sollen vertraulich bleiben.

Die Fakten: Das BAT-Werk in Bayreuth ist das größte, das der Konzern weltweit betreibt. Das einzige in Deutschland. Aktuell sind mehr als 1400 Menschen dort beschäftigt. Damit ist die BAT neben medi der größte private Arbeitgeber in Bayreuth. Zählt man die Arbeitsplätze bei Zulieferern und Dienstleistern hinzu, die von der BAT abhängen, geht es im schlimmsten Fall um mehr als 2000 Jobs. Und: Die BAT ist einer der größten Gewerbesteuerzahler. Seit Jahren kommt etwa ein Sechstel des gesamten Gewerbesteueraufkommens der Stadt aus dem Werk an der Weiherstraße. Zuletzt, im Rekordjahr 2015, waren es etwa 15 Millionen Euro. Insgesamt macht die Gewerbesteuer etwa ein Drittel der Einnahmen der Stadt aus.

Die Befürchtungen: Fraktionsvorsitzende im Stadtrat machen sich Sorgen: Zu allererst um die Arbeitsplätze. Und darüber hinaus: Was, wenn die Steuereinnahmen künftig wegfallen? Hat die Stadt dann ein Konzept, wie sie den Ausfall kompensieren oder wo sie sparen will? Aus dem Stadtrat heißt es auch: Die Stadt müsse alles tun, um einem Arbeitsplatzabbau oder einer Teilschließung entgegenzuwirken. Verliere das Bayreuther Werk seinen Status als das weltweit größte, lägen weitere Einschnitte nahe. Der Stellenabbau hat allerdings bereits begonnen: 2014 kündigte die BAT an, 80 Arbeitsplätze abzubauen. Was nach Meinung von Insidern  für das Bayreuther Werk spricht: Die BAT habe die innenpolitische Entwicklung in der Türkei im Blick. Das Unternehmen stelle sich die Frage nach der Produktions- und Rechtssicherheit, sollte es Produktionsteile an das Werk in der Türkei vergeben. Doch es gibt konzernintern auch andere Konkurrenten: Durch den Zukauf eines Werks in Kroatien seien die Karten noch einmal neu gemischt worden. Das hatte Bernd Meyer dem Kurier gesagt. Bis Februar war er Standortchef in Bayreuth. Inzwischen ist er für die Produktion, die Lieferkette und die Forschung und Entwicklung aller zehn Werke der BAT-Region Westeuropa verantwortlich. Er ist einer der Entscheider.

Das sagt BAT: "Wir beteiligen uns nicht an Spekulationen und kommentieren keine Gerüchte", sagt BAT-Sprecherin Karin Schlömer aus der Hamburger BAT-Zentrale. Das Unternehmen stehe vor der Aufgabe, seine Kapazitäten angesichts rückläufiger Produktionsvolumina zu optimieren. Eine Expertengruppe prüfe dies gerade. "Dieser Prozess ist noch nicht abgeschlossen", sagt Schlömer. Und es bleibe bei der bisherigen Aussage: Mitte des Jahres soll eine Empfehlung vorliegen, wie die Produktionsvolumina auf die Werke aufgeteilt werden sollen. Es wird eine gemeinsame Entscheidung der deutschen Geschäftsführung und der Konzerngremien geben.

Die Hintergründe: Das Bayreuther BAT-Werk und seine Mitarbeiter haben sich reingehängt. In den vergangenen beiden Jahren hat die Produktqualität jeweils im zweistelligen Prozentbereich zugelegt – abzulesen auch an den sinkenden Reklamationsquoten. Die Leistung an den Maschinen war noch nie so hoch. Im Dezember 2015 hat das Bayreuther Werk einen neuen Produktivitätsrekord aufgestellt. Aber: In dem unternehmensinternen Wettstreit der Standorte sei der Kostenvergleich immer mehr auf die Lohnkosten reduziert worden, sagte Paul Walberer, Gesamtbetriebsratsvorsitzender der BAT Deutschland. „Und dann ist es natürlich klar, dass wir im Vergleich zu Polen oder Rumänien schlechter abschneiden.“ Alles andere als ein klares Bekenntnis der BAT zu ihrem weltweit größten Werk in Bayreuth, könne ihn nicht zufrieden stellen. Eine Teilschließung zum Beispiel – und solche Szenarien gebe es – werde die Kostenstruktur des Bayreuther Werks nicht verbessern. Nach Kurier-Informationen sollen der BAT Berechnungen vorliegen, nach denen sich Kosten einer Produktionsverlagerung innerhalb eines Jahres amortisierten.

Die Geschichte: Schon zweimal stand das Bayreuther Werk zur Disposition. Im Jahr 2006 entschied der Konzern, Bayreuth unangetastet zu lassen. Damals wurde der niederländische Standort Zevenaar geschlossen. 1987 stand der Fortbestand des 30 Jahre zuvor in Bayreuth in Betrieb genommen Werkes zum ersten Mal auf der Kippe. Damals hatte der Konzern erwogen, entweder seine Fabrik in Bayreuth oder die im Schleswig-Holsteinischen Ahrensburg zu schließen.  

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Die Entscheidung fällt im Sommer

 

Die wichtigsten Ereignisse für die BAT seit der Gründung des Bayreuther Werks haben wir im Video zusammengestellt:

Bilder