Aus 500 Schweinen wird Tiermehl

Von Peter Engelbrecht
 Foto: red

Nach dem Massensterben von 500 Mastschweinen durch den Ausfall der Lüftungsanlage in einem Betrieb in Himmelkron werden nun die Kadaver in einem Spezialbetrieb in Walsdorf (Landkreis Bamberg) entsorgt. Teilweise werden daraus Tiermehl und Tierfett gewonnen. Unterdessen läuft die Suche nach der Ursache des Dramas. 

 
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Der Entsorgungsbetrieb gehört zum Zweckverband Tierkörperbeseitigung Nordbayern. Zu ihm haben sich neun kreisfreie Städte und 16 Landkreise zusammengeschlossen. Die verendeten Schweine würden verarbeitet, das gewonnene Tiermehl und -fett werde von Abnehmern in deren Kraftwerken verbrannt, erläuterte Betriebsleiter Robert Schuster. „Das kommt selten vor“, kommentierte er die große Zahl von 500 verendeten Mastschweinen. Pro Tag verarbeitet der Betrieb rund 300 Tonnen Schlachtabfälle und verendete Tiere, da falle diese Menge nicht auf. Die Kosten der Entsorgung werde von der Tierseuchenkasse übernommen, erläuterte Schuster.

Das pulverförmige Tiermehl hat einen annähernd gleichen Brennwert wie Braunkohle. Es wird als Ersatzbrennstoff in Kraft- und Zementwerken eingesetzt. Das Tierfett wird von dem Betrieb in Walsdorf in der eigenen Verbrennungsanlage zur Dampfgewinnung verfeuert, Reste werden andernorts verfeuert. 

Zwei Gutachter suchen unterdessen nach der Ursache des Lüftungsausfalls. Die Ventilatoren, die normalerweise rund um die Uhr frische Luft in den Stall blasen, waren ausgefallen. Auch die automatische Alarmierung des Mästers über den Stillstand der Lüfter funktionierte nicht. Andreas Koller, Veterinär am Kulmbacher Landratsamt, rechnet damit, dass am kommenden Donnerstag ein Ergebnis der technischen Untersuchung feststehen wird. „Ich bin seit 20 Jahren Amtstierarzt in Kulmbach, einen Fall in dieser Dimension hatte ich noch nie“, berichtete er.

Koller erläuterte die Vorschriften: Nach der entsprechenden Verordnung ist eine Alarmanlage, die den Ausfall der elektrischen Lüftungsanlage anzeigt, Pflicht. Wie diese Alarmanlage auszusehen hat, darüber gibt es keine Vorgabe. Es kann eine entsprechende Information über das Telefon sein oder auch eine Sirene oder ein Blinklicht direkt am Stall.

Die rechtliche Seite: Eine Pflichtversicherung für Nutztierbestände gibt es nicht. Die Bestände selbst wie auch ein möglicher Ertragsausfall infolge des Verendens der Tiere können freiwillig versichert werden. Üblich ist es, beides miteinander zu verbinden. Experten gehen davon aus, dass es Standard ist, größere Tierbestände mit einen erheblichen Wert zu versichern.

Im Raum Bayreuth gibt es 23 Betriebe mit mehr als 100 Mastschweinen (Durchschnitt 460), im Raum Kulmbach sind es 19 mit einer Durchschnittsgröße von 280 Tieren. Zwei bis drei Höfe halten um die 1000 Mastschweine, besagen die amtlichen Daten. Der Bauernverband bezifferte die durchschnittliche Bruttomarge pro Mastschwein im vergangenen Jahr auf zwölf Euro. Da zählt die Menge.

Ganz andere Größenordnungen gibt es in Mecklenburg-Vorpommern: Die größte Schweinemastanlage zählt dort 24.000 Tiere, gefolgt von einem Betrieb mit 18.500 und 16.600 Schweinen. Diese Zahlen nennt der „Fleischatlas“, herausgegeben 2016 von der Heinrich-Böll-Stiftung und dem Bund für Umwelt und Naturschutz. Die Massentierhaltung zeigt massive Folgen: Nitrate im Boden, Ammoniak in der Luft, kaum neue Arbeitsplätze.

Fleischpreise würden um drei bis sechs Prozent steigen

Der „Spiegel“ hatte im September 2016 eine Wende in der Nutztierhaltung verlangt. Das Geld dafür sei da, es müsste nur umgewidmet werden. 6,8 Milliarden Euro an Agrarsubventionen allein durch die EU werden an deutsche Bauern ausgezahlt, die Höhe hängt vor allem von der bewirtschafteten Fläche ab. Besser wäre es, das Geld an den Zustand der Tiere zu binden, schrieb das Magazin.

Der Wissenschaftliche Beirat für Agrarpolitik, ein Beratergremium des Bundeslandwirtschaftsministeriums, veröffentlichte 2015 einen Bericht zur Nutztierhaltung in Deutschland. „Die derzeitigen Haltungsbedingungen eines Großteils der Nutztiere sind nicht zukunftsfähig“, urteilten die Experten. Der Beirat stellte Leitlinien für eine nachhaltige Nutztierhaltung auf und ermittelte Mehrkosten von jährlich drei bis fünf Milliarden Euro – dadurch würden sich die Verbraucherpreise um drei bis sechs Prozent erhöhen.

 

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