Wasserforum: Plädoyer für Glyphosat

Von Moritz Kircher
Ein Bauer besprüht sein Feld mit dem Pflanzenschutzmittel Glyphosat. Foto: Klaus-Dietmar Gabbert/dpa Foto: red

Das bayerische Umweltministerium sieht im in Glyphosat keine Gefahr fürs Trinkwasser. Der Bayerische Bauernverband (BBV) schwört auf das umstrittene Pflanzenschutzmittel. Und nicht einmal das Unternehmen N-Ergie, das im Nürnberger Raum mehr als eine halbe Million Menschen mit Trinkwasser versorgt, sieht im Einsatz von Glyphosat ein Risiko für das Grundwasser. Das zeigte sich neben weiteren interessanten Erkenntnissen zum Thema Trinkwasser beim Wasserforum Oberfranken in Thurnau.

 
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Eigentlich waren die Experten beim Wasserforum Oberfranken auf Schloss Thurnau zusammengekommen, um über die Bedeutung von Trinkwasser beim Bierbrauen zu diskutieren. Schließlich feiert man heuer 500 Jahre bayerisches Reinheitsgebot. In den Fachvorträgen dominierte allerdings die Diskussion um Glyphosat - das meist genutzte Pflanzenschutzmittel in der deutschen Landwirtschaft. Mal steht es im Verdacht, krebserregend zu sein, dann wieder nicht - je nach Studie.

Das sagt das Umweltministerium

An 99 Prozent der Grundwasser-Messstellen in Bayern könne kein Glyphosat nachgewiesen werden, sagte Michael Haug vom bayerischen Umweltministerium. Grund sei, dass das Mittel in den oberen Bodenschichten gebunden und dort abgebaut werde, bevor es ins Grundwasser gelangt. „Als Wassermensch sage ich, man möge Glyphosat erhalten, denn wir wissen nicht, was nachkommt“, sagte Haug.

Als eine Studie das Pflanzenschutzmittel in diversen Bieren feststellte, habe er die Diskussion nicht nachvollziehen können. „Alkohol in Getränken ist als sicher krebserregend eingestuft“, sagte Haug. Glyphosat gelte nur als vermutlich krebserregend. „Da muss man die Kirche auch mal im Dorf lassen.“

Das sagt der Bauernverband

Nach Zahlen des Umweltministeriums werden weltweit jährlich 80000 Tonnen Glyphosat in der Landwirtschaft eingesetzt. Einer der größten Verbraucher: Deutschland. Hierzulande landen jedes Jahr 7000 Tonnen des Unkrautvernichters auf den Äckern. „Pflanzenschutzmittel und Nitrat gehören natürlich nicht ins Trinkwasser“, sagte BBV-Mann Wilhelm Böhmer. Dennoch habe die Gesellschaft den Anspruch, dass die Nahrungsmittelproduktion funktioniere. „Da gibt es einen Zielkonflikt.“

Böhmer weiter: „Glyphosat ist für die Landwirtschaft wichtig zur Unkrautbekämpfung.“ Als kürzlich die Entscheidung über die weitere Zulassung des Mittels in der EU anstand, sei das Bundesinstitut für Risikobewertung für die Beratung in Brüssel zuständig gewesen. Dessen Urteil: Es gebe derzeit keine Anhaltspunkte, dass der Stoff krebserregend sei. Und doch habe sich Deutschland bei der Abstimmung über die Neuzulassung enthalten. „Da gibt man irgendwelchen Stimmungen nach“, sagte Böhmer. „Das ist für uns frustrierend.“

Das sagt der Wasserversorger

In Deutschland seien 270 Wirkstoffe für Pflanzenschutzmittel zugelassen, die in aktuell rund 800 verfügbaren Mitteln enthalten sind. Und trotzdem gebe es die „erfreuliche Tendenz“, dass immer weniger Stoffe im Trinkwasser nachweisbar seien, sagte Klaus Burkhardt vom Nürnberger Wasserversorger N-Ergie. „Glyphosat ist für uns bisher keinerlei Problem gewesen.“

Was alles im Trinkwasser landet

Das Pflanzenschutzmittel Glyphosat ist nur einer von vielen Stoffen, der über Umwege im Trinkwasser landen kann. Beim Wasserforum Oberfranken wurde auch über die Rückstande anderer Pflanzenschutzmittel diskutiert, ebenso über die sogenannten anthropogenen Spurenstoffe, die über das Abwasser in den Wasserkreislauf gelangen. Das sind zum Beispiel Rückstände von Medikamenten, die sich im Trinkwasser nachweisen lassen.

Dass immer wieder neue Diskussionen über Stoffe im Trinkwasser aufkommen, führt Klaus Burkhardt vom Nürnberger Wasserversorger N-Ergie vor allem auf eine immer bessere Analytik zurück. Mittlerweile ließen sich Spuren im Nanogrammbereich messen. Ein Nanogramm ist ein Milliardstel Gramm. „Die Konzentrationen, die wir momentan messen, sind gesundheitlich nicht relevant“, sagte Burkhard. Und trotzdem gebe es immer neue Diskussionen um Stoffe, mit denen das Trinkwasser belastet sei. Dem pflichtete Michael Haug vom Umweltministerium bei: „Alles, was man bisher gefunden hat, liegt weit unterhalb aller Grenzwerte.“

Dem Umweltministerium liegen Daten über die Messungen an den Trinkwasserquellen vor. Im bayernweiten Durchschnitt werden in 3,3 Prozent der Fälle einzelne Grenzwerte überschritten. In Oberfranken liegt der Wert bei 4,9 Prozent. Das liege aber weder am Glyphosat noch an Arzneimittelrückstanden. „Im Wesentlichen handelt es sich um Altlasten“, sagte Haug. Vor allem das Pflanzenschutzmittel Atrazin und dessen Abbauprodukte seien mancherorts immer noch im Grundwasser nachweisbar. Und das, obwohl der Einsatz von Atrazin in Deutschland seit 1991 verboten ist. „Mit zugelassenen Stoffen gibt es derzeit kein großes Grundwasserproblem“, sagt Haug.

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