Stichwahl in Sonneberg „Jetzt erst recht“ oder „Bloß nicht der“

Am 25. Juni gilt’s: Es entscheidet sich, wer neuer Sonneberger Landrat wird oder erster erster „blauer“ Landrat in Deutschland. Will man an der Briefwahl-Quote einen gewissen Trend festmachen, dann wird die Wahlbeteiligung – zuletzt 49 Prozent – vermutlich steigen.

 
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Mit Spannung verfolgt ein Tross von nationalen und internationalen Medienvertretern das Abstimmungsverhalten am Wahlsonntag im Landkreis Sonneberg. Wie mehrfach berichtet, verbindet sich das außergewöhnliche Interesse am Ausgang der Landratswahl in Südthüringen mit der Frage, ob es der AfD erstmalig in Deutschland gelingt ein kommunalpolitisches Spitzenamt zu erobern. Für die Alternative ist dies eine Prestigefrage.

Die „Süddeutsche Zeitung“ berichtete erst in ihrer Ausgabe vom Freitag unter Verweis auf den parlamentarischen Geschäftsführer der AfD-Bundestagsfraktion Stephan Brandner davon, dass die AfD in einem etwaigen Erfolg die Chance sieht ihre gegenwärtige Isolation zu durchbrechen: „An einem Oberbürgermeister oder Landrat aber kommen die anderen nicht mehr vorbei. er kann handeln, die anderen müssen mit ihm reden und verhandeln“. Brandner wird dem Vernehmen nach den Wahlsonntag in Sonneberg begleiten.

Auf Basis des ersten Wahlgangs stehen die Chancen in der Tat nicht schlecht für die „Alternative“. AfD-Bewerber Robert Sesselmann kam am 11. Juni auf 10 941 Stimmen und einen Anteil von 46,76 Prozent. Jürgen Köpper, der amtierende Landrat und Bewerber aus Reihen der CDU, folgt mit 35,71 Prozent der abgegebenen gültigen Stimmen bzw. 8371 Kreuzchen. Die Wahlbeteiligung am 11. Juni lag bei 49,08 Prozent.

Die zurückliegenden beiden Wochen gingen einher mit einer für den hiesigen ländlichen Raum vergleichsweise überaus hart empfundenen Auseinandersetzung. Dem CDU-Bewerber als dem demokratischen Kandidat den Vorzug zu geben bei der Wahl, dazu riefen öffentlich zahlreiche Akteure aus Politik, Wirtschaft, Vereins- und Kulturleben, der Kirche und vonseiten mehrerer Sozialverbände auf. Umgekehrt hatte sich Köpper in den vergangenen Tagen immer wieder gehässiger Gerüchte in den sozialen Netzwerken zu erwehren. Die AfD setzte derweil ihren Wahlkampf fort, verzichtete auf Großveranstaltungen und zeigte stattdessen – gleichauf der CDU – bei zahlreichen Infoständen Flagge oder verteilte Flugblätter in die Briefkästen. Punktuell bekam Sesselmann hierbei Unterstützung von Björn Höcke, dem wegen seiner vielfach rechtspopulistisch-völkischen Äußerungen umstrittenen Thüringer AfD-Landeschef.

Heftige Diskussion in Familien, Vereinen und unter Nachbarn

Die Entscheidung, wer in den kommenden sechs Jahren dem Gemeinwesen zwischen Rennsteigregion, Spielzeugstadt, Schaumberger Land und Föritztal vorstehen soll, entzweit nicht nur die politischen Gegner, die Umstände des Stimmenfangs polarisieren nicht minder die Bürgerschaft: Einer „Jetzt erst recht“-Stimmung steht demzufolge ein wachsender „Bloß nicht“-Block gegenüber. Vielfach machen der Lokalredaktion gegenüber Schilderungen die Runde, wonach in Familien, Vereinen oder unter Nachbarn mitunter heftige Diskussionen das Bild vorm Wahlsonntag am 25. Juni geprägt haben.

Diese Schärfe in der Debatte könnte einen gewissen Mobilisierungseffekt zur Folge gehabt haben. So ergibt eine Umfrage am Samstag und Sonntag unter mehreren Kommunen, dass das Briefwahlaufkommen erkennbar gestiegen ist. In Neuhaus am Rennweg zum Beispiel von knapp 900 in der ersten Runde auf rund 1100 in der zweiten. Ähnlich ist das Bild in Steinach. Hier hieß es vonseiten des Rathauses, rund 500 der etwa 3000 Wahlberechtigten in der Brunnenstadt hätten Briefwahlunterlagen beantragt. Aus Lauscha hieß es auf Nachfrage, dass bis Sonnabend der Eingang von 431 Wahlbriefen bilanziert wurde, was gegenüber den 336 gültig angegebenen Briefwahlstimmen vorab des 11. Juni ebenfalls einen deutlichen Aufwuchs darstellt.

Nichts anders in der Stadt Sonneberg: Hatte zur ersten Runde etwas über 2000 Frauen und Männer für gültig erklärte Briefwahl-Stimmzettel abgegeben, so sind vorab der Stichwahl rund 2850 Briefwahlunterlagen versandt worden, deren Rücklauf am Sonntagvormittag bereits bei 2600 lag.

Nimmt diese Beobachtung nun eine hohe Beteiligung aller Stimmbürger aus Sonneberg und Umgebung vorweg, könnte die Wahlbeteiligung vom 11. Juni mit rund 49 Prozent womöglich deutlich getoppt werden. Eine Überraschung wäre das übrigens nicht. Zur Erinnerung: An der vergangenen Bundestagswahl im September 2021 nahmen im Landkreis Sonneberg 72,6 Prozent aller Wahlberechtigten teil. Wem eine hohe Wahlbeteiligung zugute kommt, dem „Jetzt erst recht“- Anhängern Sesselmanns oder den Köpper-Fürsprechern wird sich 18 Uhr bei der Auszählung erweisen.

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