Stadtratsfraktion startet Unterschriftenaktion SPD-Widerstand in Bamberg gegen weitere 5000 Flüchtlinge

Von Elmar Schatz und Kerstin Fritzsche
Auf dem ehemaligen US-Areal in Bamberg, das dem Bund gehört, könnten 5000 Flüchtlinge untergebracht werden. Dagegen regt sich jetzt Widerstand. Foto: dpa Foto: red

Die Bamberger SPD-Spitze hat eine Unterschriftenaktion sowie eine Stadtratsresolution gegen die Zuweisung von zusätzlichen 5000 Flüchtlingen angekündigt. Dabei ist dies noch nicht beschlossene Sache; eine Entscheidung wird am Freitag erwartet. Die SPD-Fraktion beantragt eine gemeinsame Resolution im Stadtrat. Sie appelliert an Bundes- und Landesregierung, keine weiteren Asylbewerber und Flüchtlinge nach Bamberg zu senden. Darum geht es auch um das Kasernen-Gelände. Dort sind bereits seit über einem Jahr Flüchtlinge. Und die Stadt Bamberg ist noch nicht Eigentümerin des Geländes.

 
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"Die Belastungsgenze in Bamberg ist erreicht", so der SPD-Fraktionschef Klaus Stieringer. Aktuell leben in Bamberg rund 650 Asylbewerber in verschiedenen Einrichtungen und zusätzlich knapp hundert unbegleitete jugendliche Flüchtlinge.

Sobald in Bamberg das neu eröffnete Rückführungszentrum voll belegt ist, werden dort 1500 Asylbewerber untergebracht sein; insgesamt habe Bamberg somit die Verantwortung für 2250 Asylbewerber und Flüchtlinge übernommen, heißt es in einer Facebook-Meldung der SPD. Damit leiste Bamberg mehr als die meisten Kommunen in Bayern und Deutschland.

"Die Aufgabe ist nur durch großen Einsatz der Mitarbeiter und durch Ehrenamtliche möglich"

"Diese humanitäre Aufgabe kann Bamberg nur durch großen Einsatz der Stadtmitarbeiter - und vor allem  durch das außerordentliche Engagement von ehrenamtlichen Helferinnen und Helfern meistern", so Stieringer. Es geht der SPD dabei aber nicht nur um die bestehenden Unterkünfte: Am Mittwoch wurde bekannt, dass auf das Gelände der ehemaligen US-Kaserne im Osten noch mehr Flüchtlinge kommen könnten. Hier ist aber ein schickes, neuesv Wohnviertel geplant. Das neue Viertel solle zwar bunt sein, heißt es auf der entsprechenden Info-Seite der Stadt Bamberg zur Konversion. Aber "bunt" meint hier: " Das neue Quartier soll bunt, lebendig und faszinierend sein. Alt und Jung sollen hier ebenso ein neues Zuhause finden wie kreative Köpfe, Kulturbegeisterte oder Dienstleister aus der Gesundheitsbranche. Grünflächen, Mehr-Generationen-Häuser, ein urbanes Quartier für Familien, eine Nahversorgung mit Bäcker, Kindertagesstätte und Gemüsehändler oder moderne Büroräume für Start-up-Unternehmen." Von Flüchtlingen ist keine Rede.

"Wir warnen ausdrücklich davor, dass diese Solidargemeinschaft aus Wohlfahrtsverbänden, Kirchen, Politik und ehrenamtlichen Einrichtungen durch die Zuweisung von zusätzlich 5000 Asylbewerbern und Flüchtlingen gefährdet wird", so Stieringer.

Die positive Grundstimmung und außerordentliche Hilfsbereitschaft in Bamberg sowie die große Solidarität in der Bevölkerung droht nach Ansicht der SPD-Stadtratsfraktion "zu kippen, wenn eine ungerechte und einseitige Zuteilung erfolgen sollte. Das von der Bundesregierung eingeforderte Grundprinzip der Gleichbehandlung aller EU-Mitgliedstaaten muss auch für die kommunale Familie in der Bundesrepublik Deutschland gelten", so Stieringer.

Resolutionsentwurf für den Stadtrat

Die SPD-Stadtratsfraktion bringe daher einen Resolutionsentwurf in die nächste Vollsitzung des Stadtrates am 30. September ein und fordere alle Fraktionen und Gruppierungen auf, sich in einem gemeinsamen Appell gegenüber der Bundes- und Landesregierung Gehör zu verschaffen.

"Die Solidargemeinschaft in Bamberg wird überstrapaziert, die Glaubwürdigkeit der Politik und die Integrationsmöglichkeit der Flüchtlinge ist in Gefahr - deshalb rufen wir alle Stadträtinnen und Stadträte auf, sich unserem Appell an die Bundesrgierung und die Staatsregierung anzuschließen und so ein starkes Signal nach Berlin und München zu senden: Bamberg leistet einen großen und vorbildlichen Beitrag in der augenblicklichen Krise. Diese Hilfsbereitschaft darf nicht ausgenutzt werden", so Stieringer.

Der SPD-Kreisvorsitzende und Stadtrat Felix Holland kündigt zudem eine Unterschrichtensammlung an, "damit der Bund und das Land wissen, was in Bamberg gedacht wird". Es gehe darum, die "Interessen der Stadt deutlich zu vertreten".

Noch ist die Stadt nicht Eigentümerin der Ex-Kaserne

Auf Facebook gab es erste Reaktionen wie "Schämt Euch!". In Bamberg stellt die SPD den Oberbürgermeister, der bei der Eröffnung des Rückführungszentrums am Mittwoch davor warnte, die Stadt und die Bevölkerung mit zusätzlichen Flüchtlingen auf dem ehemaligen US-Kasernengelände zu überfordern. Fakt ist aber: Hier gibt es bereits Flüchtlinge. Drei Gebäude auf dem Gelände im Osten der Stadt sind bereits eine Unterkunft für Flüchtlinge, schon seit über einem Jahr. Und noch laufen die Ankaufsverhandlungen; die Stadt ist noch nicht Eigentümerin der Kaserne. Zwar ist die Konversion mit der Noch-Eigentümerin, der Bundesanstalt für Immobilien-Aufgaben (Bima), seit Februar beschlossene Sache.

Aber jetzt erst ist das städtebauliche Entwicklungskonzept für das Gelände durch das Beschließen des Rahmenplans in Kraft. Der Bayerische Rundfunk vermeldete am Mittwoch, die Bima habe bisher lediglich eine Begehung des Geländes und eine Kapazitätsprüfung bestätigt. 

UPDATE 21. September 2015, 12.36 Uhr:

Doch keine Unterschriften-Aktion: Eine Unterschriftenliste oder Onlinepetition gegen die Aufnahme weiterer 5000 Flüchtlinge werde es von der SPD nicht geben, erklärte der Bamberger SPD-Chef Felix Holland. Vielmehr müsse der Weg des Dialogs mit der Bevölkerung, den Gewerkschaften, den Religionsvertretern sowie den Aktionsbündnissen fortgeführt werden. Damit macht Holland einen Rückzieher. Noch am Donnerstag war im sozialen Netzwerk Facebook eine Unterschriftensammlung angekündigt worden, „damit der Bund und das Land wissen, was in Bamberg gedacht wird.“ Doch es gibt auch andere Töne. „Bevor Menschen in Zelten den Winter verbringen müssen, könnten Städte wie Schweinfurt, Bamberg und Roth mit ihren Konversionsgeländen einen Beitrag leisten. Über die Größenordnung werden wir reden müssen.“ Das erklärten der Chef der SPD Bamberg-Land, Andreas Schwarz, MdB, und der Chef der SPD Bamberg-Forchheim, Jonas Merzbacher.

Hintergrund: Konversion in Bamberg

(kfe). Das zwischen 1950 und 1955 errichtete Kasernengelände in Bamberg wurde erst im Dezember 2014 an die Bima übergeben, denn erst Ende September 2014 zogen die Amerikaner dort ab. Viele Bürger und Politiker befürchteten nun zähe Verhandlungen zwischen der Stadt und der Bima und entsprechend einen mehrere Jahre dauernden Leerstand. Tatsächlich ist die Situation aber nicht vergleichbar mit Städten, bei deren Konversionsbemühungen die Wohnungen tatsächlich mehrere Jahre leer standen oder stehen. Zum anderen ist ein Teil der 2400 Wohnungen bereits genutzt - für Asylbewerber. Dieser Teil gehört schon seit August 2014 dem Bund. Dort dienen drei Häuser als Gemeinschaftsunterkunft für 100 Flüchtlinge.

Auch ohne Leerstand ist aber jetzt schon klar, dass umfassende Sanierungsarbeiten auf die Stadt zukommen, denn erst am 7. Februar wurde bekannt, dass mehrere Häuser, die sogenannte Pines Housing Area, mit Schadstoffen belastet ist. Es wurde festgestellt, dass der dort verwendete schwarze Parkettkleber stark teerhaltig ist und damit mit sogenannten PAK-Stoffen durchsetzt ist. Daher sei ein vollständiges Entfernen des Parketts einschließlich Kleber und unterlagernder Fasermatten zwingend erforderlich. Insbesondere müssten auch alle Kleberanhaftungen vom Estrich entfernt werden. Zudem müsse - hier könne man auf die Erfahrung anderer Städte mit Konversionsgebäuden zurückgreifen - auf Asbestfasern geprüft werden. Die letzte Sanierung fand nach Angaben der Stadt zwischen 2000 und 2004 statt.

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