Schlösserverwaltung will in ihrer Dokumentation auch auf jüdische Tradition eingehen Das Bayreuther Opernhaus soll "mehr als Wilhelmine" sein

Von Michael Weiser        

Es ist ein Theaterbau. Es ist ein Juwel. Es ist Weltkulturerbe. Und noch mehr: Am Markgräflichen Opernhaus lässt sich Geschichte erfahren. Das Welterbezentrum im Redoutenhaus wird seine Ausstellung darauf einrichten: Umfassender als zuvor geplant soll dort Bayreuther Geschichte dokumentiert werden, verspricht die Schlösserverwaltung. Das heißt: mehr als Wilhelmine.

 
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"Bayreuth besitzt zwei der bedeutendsten Opernhäuser der Welt", sagt Schlösserverwaltungspräsident Bernd Schreiber, und da wird ihm wohl niemand in Bayreuth widersprechen wollen. Es lohnt sich aber zu fragen, wie das Provinzstädtchen überhaupt zu diesem Doppelgestirn kam.

"Hofjuden" besorgten das Geld für die markgräflichen Prunkbauten

Also: Wagner wäre nicht nach Bayreuth gekommen, wäre da nicht das Markgräfliche Opernhaus gewesen. Und das wäre kaum geplant worden, hätten nicht Markgraf Friedrich und vor allem seine Gattin Wilhelmine auf standesgemäßem Theatergenuss bestanden. Und es wäre erst recht nicht gebaut worden, hätte der Markgraf nicht seine "Hoffaktoren" und "Hofjuden" gehabt: Die besorgten das Geld für die Parks und Bauten, die aus Bayreuth überhaupt erst eine richtige Residenzstadt machten. Standesgemäßer Prunk aber "verschlang beträchtliche Summen", stellt Bezirksheimatpfleger Günter Dippold in einer Untersuchung fest.

Markgrafens waren also meistens klamm. Wie klamm, belegt ein Brief Friedrichs  aus dem Jahre 1737. Da klagt er über die Gläubiger, von denen er "beständig behelliget und von etlichen sogar bey denen höchsten Reichsgerichten belanget" werde. Ohne seine Hofjuden, zu diesem Schluss kommt Dippold, wäre Friedrich im Regen gestanden.

Einer der fähigsten Finanziers war Moses Seckel. 1759  half der Hofjude mit einem einzigen Geschäft sich, seiner Gemeinde und seinem stets auf neues Geld angewiesenem Herrscher. Er kaufte für die erkleckliche Summe von über 8000 Gulden das "alte Comoedien- und Redouten-Hauss" direkt neben dem gut zehn Jahre zuvor errichteten Opernhaus.

Mit dem Kauf des Redoutenhauses Erlaubnis für Bau einer Synagoge

Seckel erhielt auch die Erlaubnis, eine Synagoge einzurichten. Und zwar im hinteren Teil des Hauses, der als Opernraum und als Reithalle, aber auch als Redoute gedient hatte, als Saal für Tanzveranstaltungen also, an drei Seiten von einer Galerie eingerahmt. Es war der Beginn einer jüdischen Tradition in engster Nachbarschaft zum fürstlichen Repräsentationsbau, die mit Unterbrechungen bis zum heutigen Tage anhält.

Zehn jüdische Familien, die für den Betrieb der Synaoge notwendig waren, durften sich zusätzlich in der Stadt ansiedeln. Im Vorderhaus aber wohnte Moses Seckel - dort also, wo die Schlösserverwaltung das Informationszentrum für das Weltkulturerbe-Opernhaus unterbringen wird.

Wagner war auch da

War in einer ersten Präsentation der Schlösserverwaltung die Dokumentation noch sehr auf Wilhelmine ausgerichtet gewesen, signalisiert Bernd Schreiber nun eine Weiterentwicklung der ursprünglichen Konzeption. Natürlich habe dieses Haus eine Geschichte vor und nach Wilhelmine, sagte Schreiber, "und dieser Aspekt der Geschichte wird ausreichend Niederschlag finden. Es gibt da sehr gute museale Konzepte".

Zur Nachgeschichte zählt übrigens auch Wagners Wirken: Der Meister wäre schließlich nicht nach Bayreuth gekommen, hätte er nicht vom wilhelminischen Prachtbau gehört. Der erwies sich dann zwar als zu klein und überhaupt ungeeignet. Aber zur Feier der Grundsteinlegung seines Festspielhauses dirigierte Wagner dort immerhin Beethovens 9. Symphonie. Aber selbsverständlich will man auch umfassend über die sehr spezielle Theaterkultur des Barock berichten, so Schreiber.

Markgräfliches Gesamtpaket für die Vermarktung

Auch in einem anderen Bereich wird die Arbeit der Schlösserverwaltung weitere Kreise ziehen. Auch das Weltkulturerbe-Juwel sei schließlich nur Teil eines größeren Ganzen, sagt Schreiber. „Das einzigartige kulturelle Erbe Bayreuths besteht nicht nur aus dem Opernhaus, dem Herzstück des barocken Bayreuth, sondern auch aus dem Neuen Schloss, der Eremitage, Sanspareil und Schloss Fantaisie."  Schreiber drängt da in der Vermarktung auf ein Gesamtpaket.

Zum Gesamtpaket gehört auch die Bespielung. Da legt sich Schreiber so weit fest, dass das Opernhaus "in erster Linie ein Museumsraum" sei. Dem müsse sich eine künftige Nutzung anpassen. Sicher werde das Haus bespielt werden, etwa wie zu Zeiten des "Bayreuther Barock", als selten gespielte Opernwerke dort aufgeführt, "aber es wird keine Intendanz geben". Man habe daher schon mit der Bayreuth Marketing- und Tourismusgesellschaft gesprochen, des weiteren mit "privaten Veranstaltern". Es seien "fruchtbare Gespräche" gewesen, sagte der Chef der Schlösserverwaltung. 

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