Unkonventionell - mit einem Hang zu Fettnäpfchen
Varadkar hat die irische Politik dennoch in den vergangenen Jahren geprägt. Mit seinem unkonventionellen Stil eckte der Sohn eines Inders und einer Irin oft an, der offen homosexuell lebende Politiker scheute klare Worte nicht und trat immer wieder in Fettnäpfchen. Doch seine moderne Amtsführung öffnete die streng katholische Gesellschaft nach Ansicht von Kommentatoren auch weiter. Er sei stolz, dass er beigetragen habe, Irland moderner und gleichberechtigter zu machen, sagte er in seiner Rücktrittsankündigung.
Varadkar hatte bereits Regierungserfahrung als Verkehrs- sowie Gesundheitsminister, als er 2017 zum Parteichef gewählt und erstmals Ministerpräsident wurde. Nach der Parlamentswahl 2020 einigte sich seine Fine Gael auf eine Ämterteilung mit Martins Fianna Fail - der neue Taoiseach Martin wurde Ende 2022 planmäßig von Varadkar abgelöst und übernahm dessen Amt als Außenminister. Ziel der beiden Parteien ist, die linksgerichtete Partei Sinn Fein, die für die sofortige Wiedervereinigung mit Nordirland eintritt und einst als politischer Arm der Terrormiliz IRA galt, aus der Regierung zu halten. Sinn Fein ist mittlerweile in beiden Teilen Irlands die stärkste politische Kraft.
"Es gibt nie den richtigen Zeitpunkt, mein Amt niederzulegen", sagte Varadkar. Nun sei jedoch ein besserer als sonst. "Der Haushalt für 2024 ist fertig, die Verhandlungen über den nächsten haben noch nicht begonnen." Auch die politische Lage in Nordirland habe sich beruhigt und die Beziehungen zum wichtigen Nachbarn Großbritannien seien nach dem Brexit wieder gut und stabil, sagte Varadkar.
Er deutete zudem Erschöpfung mit dem Amt an. Er empfehle zwar jedem eine politische Karriere. "Allerdings sind Politiker Menschen, und wir haben unsere Grenzen. Wir geben alles, bis wir nicht mehr können, und dann müssen wir etwas anderes machen", sagte Varadkar. Er betonte, er habe noch keinen Plan für die Zukunft. Berichten zufolge könnte Varadkar nach der Europawahl im Juni aber auf einen Posten in der EU-Kommission spekulieren.