Möbelriese: Ein politisches Lehrstück

Von Thorsten Gütling
Ein politisches Meisterstück ist die Entscheidung des Bayreuther Stadtrats, für einen Möbelriesen Flächen im Industriegebiet bereit zu stellen. Und zwar von einer kleinen Fraktion, die den Möbler gar nicht will. Archivfoto: Marcus Führer/dpa Foto: red

Die Entscheidung, für einen Möbelriesen ein Grundstück im Industriegebiet und nicht nahe der Uni bereit zu stellen, ist ein politisches Meisterstück. Eingefädelt von einer der kleinsten Fraktionen. Die Finesse wird erst auf den zweiten Blick deutlich.

 
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Der Vorsitzende der CSU im Stadtrat, Stefan Specht, sagt: Die Entscheidung für den Standort an der früheren Kaserne sei aus Bequemlichkeit getroffen worden. Doch damit liegt er falsch. Denn der Stadtrat, und allen voran die Fraktionen von SPD, Bayreuther Gemeinschaft und Grünen, die für diesen Standort gestimmt haben, haben sich damit zwei Probleme geschaffen, die sie erst einmal lösen müssen.

Erstens:

Sie müssen beweisen, dass geht, was sie nicht nur vollmundig in der Sitzung, sondern auch dem Bayreuther Unipräsidenten Stefan Leible versprochen haben, dessen Wort in der Stadt schon so viel Gewicht hat wie das eines Bürgermeisters. Dass nämlich die als schwierig bezeichneten Eigentumsverhältnisse an der Dr.-Konrad-Pöhner-Straße auch ohne einen Möbelriesen aufgebrochen werden können. Dass das Gelände also auch ohne die Durchschlagskraft eines Möblers forschungsnahen Unternehmen zur Verfügung gestellt werden kann.

Zweitens:

Die Stadträte haben dem interessierten Möbelriesen ein Angebot gemacht, das dieser vielleicht gar nicht annehmen will. Denn wie das Verkehrsproblem direkt vor der Haustüre gelöst wird, wenn die Hochbrücke über die Autobahn in den nächsten Jahren abgerissen und neu gebaut wird, bleibt abzuwarten. Genauso, ob bis dahin durch die Änderung des Landesentwicklungsplans nicht doch wieder eine Ansiedlung in Himmelkron für den Möbler interessanter sein wird.

Zu verstehen wie eine Ablehnung

Man könnte also behaupten, die Stadträte hätten mit ihrer Entscheidung schon zum zweiten Mal gezeigt, dass sie einen Möbelriesen in Bayreuth gar nicht wollen. Schon eine Woche zuvor hatte sich im Bauausschuss für keinen der beiden Standorte eine Mehrheit gefunden. Damals wie heute waren die Grünen das Zünglein an der Waage. Und die haben von Anfang an gesagt, dass sie einen Möbelriesen wegen dessen wenig nachhaltiger Produkte und schlecht bezahlter Arbeitsplätze in Bayreuth ablehnen.

Die Grünen bekommen doch noch, was sie wollen

Sollte der jetzt tatsächlich nicht kommen, dann haben die Grünen das ganz schön geschickt eingefädelt. Dann gilt es, vor dieser politischen Meisterleistung – unabhängig davon, ob das am Ende gut oder schlecht für Bayreuth ist –  den Hut zu ziehen.

thorsten.guetling@
nordbayerischer-kurier.de

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