Kostet ein Trick Bischofsgrün die Klinik?

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Mit einem Trick könnte es die DRV schaffen, in Bayreuth eine neue Klinik anstelle der maroden Herzoghöhe zu bauen. Foto: Harbach Foto: red

Versäumnisse, Verschwendung und falsche Vorgaben: harte Vorwürfe vom Bundesrechnungshof an die Deutsche Rentenversicherung Nordbayern (DRV). Ob sie überhaupt noch eine Reha-Klinik in Bayreuth betreiben kann, ist zweifelhaft. Denn ohne könnte sie jedes Jahr eine Million Euro sparen. Aber ein Ass hat die DRV noch im Ärmel.

 
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Der Kampf der beiden Reha-Kliniken Herzoghöhe in Bayreuth und Höhenklinik in Bischofsgrün ist längst entschieden. Gewinner ist – die Höhenklinik. Jedenfalls wenn es nach den Zahlen geht, die der Bundesrechnungshof zugrunde legt. Der hatte im vergangenen Jahr ein Empfehlungsschreiben von Bonn nach Bayreuth geschickt und damit die Planungen der DRV für einen Klinik-Neubau in Bayreuth im Keim erstickt. Nachdenken, nachrechnen und neu planen hieß die Hausaufgabe der Steuergeldwächter an den Rentenversicherungsträger. Vereinfacht gesagt: Ein Neubau ist zu teuer, lohnt sich nicht, zu viele Betten, zu wenige Versicherte.

Kampf der Kliniken

Seitdem tobt der Kampf um den Erhalt beider Kliniken, der sogar die Landespolitik beschäftigt. Im Gesundheits-Ausschuss des Bayerischen Landtages sprachen sich medienwirksam alle Fraktionen für den Erhalt beider Kliniken aus. Und stellten sich damit gegen die Pfennigfuchser des Bundesrechnungshofes. Die sagen: „Die Pflegesätze der Klinik Herzoghöhe liegen weit über den Pflegesätzen, die die DRV Nordbayern vergleichbaren privaten Einrichtungen zahlt. Die DRV Nordbayern könnte grob überschlagen mehr als eine Million Euro Beitragsmittel jährlich einsparen, wenn sie ihre Patienten nicht ihrer Klinik Herzoghöhe, sondern privat betriebenen Einrichtungen zuwiese.“ 1:0 für Bischofsgrün.

Die Bonner Sparfüchse gehen noch weiter: „Nach den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit muss sie deshalb überprüfen, ob der Weiterbetrieb ihrer Klinik Herzoghöhe nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten zu rechtfertigen ist.“ 2:0 für Bischofsgrün.

Die Auslastung der Kliniken bis zu 98 Prozent spielt für den Bundesrechnungshof überhaupt keine Rolle. Im Gegenteil: Denn zukünftig könnte die Auslastung stark sinken. Da die DRV ihre eigenen Häuser bevorzugt, wenn sie ihre Versicherten auf Reha schickt, vergebe sie die Möglichkeit, Geld zu sparen. Selbstbereicherung durch Selbstbedienung? Werner Krempl, Chef der DRV Nordbayern und einst selbst Mitarbeiter am Bundesrechnungshof, kennt die Vorwürfe seiner Ex-Kollegen. „Ein General-Angriff gegen die Häuser der Rentenversicherung insgesamt.“

Eine Oligarchie

Allein ein günstigerer Tagessatz lasse nicht auf eine bessere Wirtschaftlichkeit schließen. „Es kommt auf die Leistung an“, sagt Krempl. Und er lässt die „Milchmädchen-Rechnung: privat ist gleich billiger“ nicht gelten. In dem Fall müsste die DRV alle ihre Häuser schließen und die Patienten nur noch in billigere und privat betriebene Einrichtungen schicken. Wenn die DRV nicht mehr als Anbieter auf dem Reha-Markt mitmische, „kommt es zu einer Konzentration von ein paar Großen“, die allen die Preise diktieren. „Eine Oligarchie.“ Das sei auch nicht gerade wirtschaftlich.

Den Vorwurf gibt der Bundesrechnungshof zurück: Die DRV Nordbayern berücksichtige weder ihren eigenen Bedarf an Betten noch den aller Träger von Reha-Maßnahmen. Hier klingt der Überhang von 400 Betten durch, den die DRV selbst einräumt. Für einen nur mittelgroßen Träger hat sie die meisten Betten pro Versichertem.

Weniger Betten

Diese sollte, sagt Krempl, mit einem Neubau um etwa 100 Betten reduziert werden. Was dem Bundesrechnungshof natürlich zu wenig ist, denn er sieht nicht die einzelnen Träger oder Klinik-Standorte, sondern dass „bundesweit ausreichende Kapazitäten für medizinische Reha-Leistungen verfügbar sind. Deshalb ist ein weiterer ,Vorrat‘ an Rehabilitationsplätzen auch im Hinblick auf die demographische Entwicklung in Deutschland nicht erforderlich.“

Aber sieht der Bundesrechnungshof auch die Qualität, etwa die Wartezeiten für Versicherte, wenn die Bettenzahl reduziert wird? Ja. „Bei den Prüfungen sind uns auch keine nennenswerten Wartezeiten auf verfügbare Plätze bekannt geworden.“ Eine neue Klinik ist also nicht nötig. 3:0 für Bischofsgrün.

Die Hoffnung endet am 23. März

Die Ausgabenwächter vom Bundesrechnungshof ließen im vergangenen Jahr eine kleine Hoffnungsspalte: Der DRV-Vorstand sollte alles noch einmal durchrechnen. Einzige Bedingung: Er muss bei seiner Rechnung die „Schließung“ der Bayreuther Klinik mit einkalkulieren, wobei sie offen ließen, ob damit eine Teil- oder Komplettschließung gemeint war. Dies ist laut Krempl geschehen. Ergebnis? Bischofsgrün oder Bayreuth? Das eben soll am 23. März verkündet werden.

Die DRV könnte beide Kliniken schließen und eine neue bauen, direkt neben der Lohengrin-Therme, wo die Stadt ihr günstig Gelände angeboten hat. In die Wirtschaftlichkeits-Berechnungen dürfen laut Gesetz zwar keine strukturpolitischen Gesichtspunkte einfließen, wohl aber Standortvorteile wie die Verkehrsanbindung. 3:1 für Bischofsgrün.

Hinzu kommt die medizinische Infrastruktur, die in Bayreuth klar besser ist. 3:2. Und die DRV könnte noch etwaige nötige Renovierungen in der Bischofsgrüner Klinik mit einrechnen. Der Ausgleich, 3:3.

Der Trick

Jetzt könnte ein Neubau sogar günstiger werden. Der Trick: Das vom Bundesrechnungshof kritisierte Überangebot an Betten wäre zwar immer noch da, aber um ein Viertel reduziert. Die Hausaufgabe, wirtschaftlicher zu arbeiten, könnte die DRV damit erfüllen. Das ist die Führung. 4:3 für Bayreuth.

Allerdings wird der Bundesrechnungshof auch diesen Trick unter die Lupe nehmen. Laut Krempl aber soll eine Entscheidung getroffen werden, „wo wir in wirtschaftlicher Hinsicht nicht angreifbar sind“.

Was bisher geschah

Die DRV Nordbayern betreibt acht Reha-Kliniken mit 1335 Betten ihrer rund einer Million Versicherten. Sie wollte für ihre Klinik Herzoghöhe in Bayreuth einen Ersatzneubau für rund 54 Millionen Euro errichten. Der Bundesrechnungshof, Deutschlands oberste Prüfer im Umgang mit Steuer- und Beitragsgeld, hielt das für zu teuer und unrentabel. Er hat nie die Schließung der Klinik gefordert, sondern nur eine bessere Wirtschaftlichkeitsberechnung.

Erstmals äußert er sich in einem laufenden Verfahren so ausführlich auf die Fragen des Kuriers.

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