Hilfe für Hebammen: Eine schwere Geburt

Von Peter Rauscher
Anja Maier, Kulmbacher Kreisvorsitzende des Bayerischen Hebammenverbandes aus Wonsees. Foto: red Foto: red

Geburtshelferinnen brauchen selber Hilfe. Das Bayerische Gesundheitsministerium hat deshalb ein millionenschweres Hilfsprogramm aufgelegt, das im  neuen Jahr startet. Auch Hebammen in Bayreuth und Kulmbach sollen profitieren. Aber noch ist unklar, wie.

 
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Anja Maier aus Wonsees arbeitet seit 26 Jahren als Hebamme, als eine der letzten freiberuflichen Geburtshelferinnen im Landkreis Kulmbach. Sie hat keine Belegbetten im Krankenhaus und macht keine Hausgeburten, sondern betreut Frauen vor und nach der Geburt zuhause.  Die 47-Jährige mit drei Kindern kann nur deshalb freiberuflich arbeiten, weil ihre Familie sie unterstützt, sagt sie dem Kurier. „Abzüglich Altersvorsorge und Krankenkasse komme ich auf zehn bis zwölf Euro Stundenlohn.“ Warum sie diesen Beruf dann ausübt? „Ich habe meinen Traumberuf gelernt, und liebe ihn immer noch wie am ersten Tag, trotz der vielen Hürden.“

Rund um die Uhr in Bereitschaft

Sie wünscht sich, dass der verantwortungsvolle Beruf besser vergütet werden würde und dass sie eine Kollegin in der Nähe hätte, die sie unterstützen und vertreten könnte. „Ich bin sieben Tage rund um die Uhr in Bereitschaft. Wenn ich einmal im Jahr in den Urlaub fahre, kann ich schon Wochen vorher keine Kundinnen mehr annehmen und habe  zwei bis drei Monate kein Einkommen“, sagt Maier, die Kreisvorsitzende des Bayerischen Hebammenverbandes für Kulmbach ist. Der Bayreuther Kreisvorsitz ist nicht besetzt. 

40 Euro pro Geburt

Hebammen wie sie sollen nun Unterstützung erhalten.  Gesundheitsministerin Melanie Huml (CSU) hat ein „Zukunftsprogramm Geburtshilfe“ aufgelegt, das die Hebammenversorgung im Freistaat verbessern soll. Das Förderprogramm sieht vor, dass die kreisfreien Städte und die Landkreise ab 2018 für jedes neugeborene Kind pauschal 40 Euro als Förderung erhalten. Was sie damit machen, bleibt den Kommunen selbst überlassen, sagt die Ministerin: "Hierbei kann es sich um die Errichtung von Vermittlungszentralen, Werbekampagnen oder andere Maßnahmen handeln, die dazu dienen, die Hebammenversorgung zu stärken." Dafür stünden jährlich fünf Millionen Euro zur Verfügung.

Millionen für kleine Geburtsstationen

Weitere 25 Millionen Euro jährlich sind für den Erhalt der kleinen Geburtsstationen eingeplant. Kliniken mit 300 bis 800 Geburten pro Jahr könnten aus diesem Topf bis zu einer Millionen Euro als Förderung beantragen, so das Ministerium.

Geld aus dem zweiten Topf könnte also zum Beispiel an das Klinikum Kulmbach fließen. Geschäftsführerin Brigitte Angermann teilte mit, es werde gerade geprüft, ob die Voraussetzungen vorlägen.  Das Klinikum Bayreuth liegt mit rund 1300 Geburten im Jahr über der Fördergrenze, zusammen mit der Sana-Klinik Pegnitz, die vom Programm profitieren könnte, liegt die Geburtenzahl laut Landratsamt bei knapp 1600. Das heißt: Bleibt es bei dieser Zahl, können Stadt und Landkreis mit rund 64.000 Euro aus dem ersten Fördertopf rechnen. Was mit dem Geld, das Mitte 2018 erstmals fließen soll, passiert, steht nach Auskunft der Stadt und des Landkreises noch nicht fest.

Astrid Giesen hätte da schon eine Idee. Sie ist Landesvorsitzende des Bayerischen Hebammenverbandes und begrüßt das Förderprogramm. „30 Millionen Euro im Jahr sind viel Geld“, sagt sie. Es bringe aber wenig, einer Hebamme pro Geburt 40 Euro mehr zu zahlen. „Besser wäre es, wenn die Kommunen mit dem ersten Fördertopf die ambulante Versorgung stärken würden, in dem sie eine Koordinationsstelle für ihren Landkreis schaffen“, schlägt Giesen vor. Diese Koordinatoren könnten den Hebammen Arbeit abnehmen, die sie belaste und die nicht in ihre Kernkompetenz falle: Netzwerke schaffen und Qualitätsmanagement zum Beispiel. Und sie könnten Vertretungen organisieren, wenn Hebammen im Urlaub sind. „Das wäre gut investiertes Geld.“

Anja Maier wäre damit ein wenig geholfen - und nicht nur ihr. „Die beste Qualität hat die Geburtshilfe in kleinen Häusern, wo man nicht wie am Fließband behandelt, sondern sehr persönlich betreut wird“, sagt sie. Doch  in Bayern wurden laut Hebammenverband 2015 acht Kreißsäle geschlossen, zwei weitere vorübergehend. Astrid Gießen sieht den Trend zur Zentralisierung „ambivalent“. Einerseits verfügten große Geburtskliniken über hohe medizinische Qualität und große Personalressourcen, was vor allem bei Risikogeburten von Vorteil sei. Andererseits: Wenn die Fahrt in den Kreißsaal eine Stunde dauert, könne es sein, dass das Baby so lange nicht wartet.

Neue Vergütungsregelung

Neue Vergütungsregeln für freiberufliche Hebammen gefährden nach Ansicht von Christian Bernreiter (CSU), Chef des bayerischen Landkreistages, '"nicht nur das bewährte bayerische Beleghebammensystem, sondern mittelfristig die gesamte Geburtshilfe in Bayern. Er fürchtet, dass sich noch weniger Hebammen in der Fläche niederlassen wollen. Im Herbst hatte ein Schiedsspruch einen Streit zwischen den gesetzlichen Kassen und den Hebammen-Verbänden beendet. Demnach sollen Beleghebammen, die im Rahmen eines Schichtdienstes im Krankenhaus Geburten begleiten, nur noch zwei Entbindende gleichzeitig betreuen. Käme eine dritte Frau zum Beispiel mit Schwangerschaftsbeschwerden hinzu, bekämen sie dafür kein Geld. In Bayern arbeiten besonders viele Kliniken mit diesen Beleghebammen - ihr Anteil liegt laut Gesundheitsministerium bei 52,1 Prozent, im Bundesdurchschnitt nur bei 17,2 Prozent. dpa(Mit Material von dpa und epd)

 

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