EHC-Chef erklärt seinen Rückzug

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EHC-Chef Matthias Wendel will sich bis November aus dem Tagesgeschäft zurückziehen. Foto: Peter Kolb Foto: red

Die Verpflichtung von Thomas Bothstede als Geschäftsstellenleiter ist ein großer Umbruch in der Verwaltung des EHC Bayreuth – vor allem da Vorsitzender Matthias Wendel die Entscheidungsgewalt abgibt und sich vom Tagesgeschäft zurückziehen will. Eine Reaktion auf die aufkommende Kritik an seiner Vereinsführung sei das nicht, doch räumt Wendel auch Fehler ein.

 
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Bislang heißt der starke Mann beim EHC Bayreuth Matthias Wendel. Haben Sie sich mit Thomas Bothstede nun einen starken Nebenmann geholt?
Matthias Wendel: Es wird nur noch einen starken Mann geben – und der heißt Bothstede. Meine Frau und ich werden uns bis spätestens November aus dem operativen Geschäft zurückziehen. Klar werde ich als Vorsitzender auf die Arbeit Bothstedes schauen, aber er trifft die Entscheidungen. Er bekommt als Geschäftsstellenleiter die Befugnisse eines Geschäftsführers. Schließlich soll die erste Mannschaft spätestens Anfang 2017 aus dem Verein ausgelagert werden. Diese GmbH soll der neue starke Mann dann leiten.

Überraschend ist Ihr Rückzug dennoch, denn in den vergangenen Monaten wurde beim EHC ja keine Entscheidung ohne Ihre Zustimmung getroffen.
Wendel: Wir hatten stets drei Ziele. Erstens: Die Sanierung des Vereins. Zweitens wollten wir die DEL2-Zulassung erhalten. Und drittens wollten wir eine funktionierende Vereinsinfrastruktur mit Verwaltung und Geschäftsstelle schaffen. Für den dritten Punkt war es immer der Plan, jemanden zu finden, der uns hier entlasten oder im besten Fall für uns übernehmen kann. Mit Bothstede haben wir einen echten Profi für den EHC gewonnen, der uns den Rückzug erleichtert. Er hat uns in zahlreichen Gesprächen das Gefühl gegeben, dass er Lust darauf hat, bei den Tigers etwas zu bewegen. Er brennt für die Aufgabe. Und er weiß, dass viel Arbeit wartet, denn aktuell haben wir sicherlich keine zweitligataugliche Verwaltung.

Vor etwa einem Jahr gab es einen ähnlichen Hoffnungsträger: Michael Rumrich kam als neuer Geschäftsstellenleiter, sollte den Verein professionalisieren – ist aber gescheitert.
Wendel: Das war eine andere Situation. Damals waren wir in der Sanierungsphase des Vereins. Da konnte ich als Vorstand nicht sagen: Ich übergebe die Geschäfte an eine andere Person. Dafür glich der Verein zu sehr einem schwankenden Schiff. Jetzt ist der EHC saniert, schuldenfrei und hat der DEL2 einen soliden Plan vorgelegt. Darauf kann ein Profi wie Bothstede aufbauen. Es gibt eine klare Absprache: Ab 1. September trifft Thomas Bothstede die Entscheidungen beim EHC. Er wird Zugriff auf alle Unterlagen und Zahlen haben.

Ist die Einstellung Bothstedes auch ein Resultat aus der Entwicklung der vergangenen Monate? Haben Sie unterschätzt, wie schwierig und zeitaufwendig es ist, den Verein nach der gelungenen Sanierung zu führen?
Wendel: Das hat damit nichts zu tun. Ich wollte nie in diesem Umfang in die Vereinsarbeit einsteigen, aber es hat sich eben so entwickelt. Nun haben wir jemand gefunden, der den Verein in Eigenverantwortung führen kann, ohne dass jemand im Hintergrund Anweisungen gibt.

Zuletzt wurde immer mehr Kritik laut. In den sozialen Medien oder dem EHC-Fanforum wird Ihnen eine schlechte Vereinsführung vorgeworfen. Zuletzt haben sogar die Fans alle Planungen für Fahrten zu Auswärtsspielen auf Eis gelegt, bis die Unstimmigkeiten im Verein beseitigt sind. Sind das Gründe für Ihren Rückzug?
Wendel: Auch das hat damit nichts zu tun. Unsere Zielsetzung existierte weit vor der nun aufgekommenen Kritik. Mir wäre es am liebsten gewesen, Bothstede würde schon seit zwei Monaten für den EHC arbeiten. Dann gäbe es den Fan-Unmut gar nicht. Aber Bothstede steht eben bis Ende August noch bei den Hamburg Freezers unter Vertrag. Wegen der Auswärtsfahrten haben wir bereits Kontakt mit dem Fanbeauftragten aufgenommen. Dieses Problem lässt sich sicher bald lösen.

Wie gehen Sie generell mit der Fan-Kritik um?
Wendel: Man registriert das, kann den Unmut nicht wegdiskutieren. Spurlos geht das nicht an mir vorbei. Aber durch die Einstellung des neuen Geschäftsstellenleiters wird sich die angespannte Situation wieder beruhigen.

Unmut gibt es auch bei den Ehrenamtlichen. Etwa 15 habe ihre Arbeit für den Verein eingestellt. Vor dem Hintergrund, dass Sie selbst gesagt haben, dass das Konstrukt EHC nur funktionieren kann, wenn alle Ehrenamtlichen an einem Strang ziehen, sind die Zurückgetretenen sicherlich ein großer Verlust.
Wendel: Das will ich jetzt nicht beantworten. Es gab ja unterschiedliche Gründe für die Rücktritte, da kann man nichts pauschalieren. Einige haben ihre Arbeit auch aus privaten Gründen beendet, die nichts mit dem Verein zu tun haben. Außerdem würde ich die zurückgetretenen Ehrenamtlichen, die wesentliche Tätigkeiten ausgeführt haben, auf acht bis neun beziffern. Jetzt ist es die Aufgabe von Bothstede und mir, neue Ehrenamtliche heranzuführen. Die ersten Gespräche laufen, wir sind auf einem guten Weg. So haben wir bereits vier neue ehrenamtliche Helfer gefunden, die entstandene Lücken schließen werden.

Ihre bisherige Zeit beim EHC gleicht einem Wechselbad der Gefühle. Sie waren der gefeierte Held, als Sie durch Ihr finanzielles Engagement den Verein gerettet haben. Doch nun weht Ihnen mächtig Gegenwind ins Gesicht. Haben Sie durch falsche Entscheidungen diesen Stimmungswandel mit herbeigeführt?
Wendel: Es wurden Entscheidungen getroffen, die nötig waren. Und das mit aller Konsequenz. Was aber nicht heißt, dass wir nicht auch Fehler gemacht haben. Wir konnten und wollten Vereinsmitarbeitern nicht die Zugeständnisse machen, die sie gerne gehabt hätten. Wenn welche deswegen aufhören, muss das akzeptiert werden.

Einige Ehrenamtliche haben aber aufgehört, weil sie mit dem Umgangston im Verein nicht klar kamen.
Wendel: Das muss man hier jetzt nicht aufarbeiten. Man müsste bei jedem Fall ins Detail gehen. Das wäre nicht zielführend, schließlich soll jetzt Ruhe einkehren. Wir blicken nach vorne, und mit Bothstede erwartet uns eine positive Zukunft. Ich sehe die Zukunft des EHC auch in Bezug auf das Engagement von Ehrenamtlichen nicht in Gefahr.

Ist Ihr persönlicher Rückzug aus dem operativen Geschäft der Beginn Ihres kompletten Abschieds vom EHC?
Wendel: Es ist zu früh, darüber zu spekulieren, ob ich im Mai erneut als Vorsitzender kandidiere. Ich gehe davon aus, dass sich die Einstellung Bothstedes als Glücksgriff erweist, so dass ich mich nicht zwingend einer Neuwahl stellen muss. Es zeichnet sich ab, dass meine zuvor genannten drei Ziele dann erreicht sind. Dann sehe ich meine Arbeit als erledigt an. Ein möglicher Nachfolger müsste auch nicht die Bürde eines 1,7-Millionen-Etats tragen, sondern könnte sich dank der GmbH-Gründung auf den Vereinsbereich beschränken. Und ich habe immer gesagt, dass ich nicht an meinem Amt als Vorsitzender klebe.

Bis Mai bleiben Sie im Amt. Kann ein Vereinsvorsitzender eigentlich ausschließlich repräsentativ tätig sein?
Wendel: Es gibt noch genug Aufgaben. Ich werde Thomas Bothstede – falls er das wünscht – unterstützend zur Seite stehen. Einige Sponsoren haben eine persönliche Bindung zu mir. Diese werde ich weiter betreuen, aber mehr und mehr Aufgaben an den neuen Geschäftsstellenleiter abgeben. Zudem gilt es, wieder Ruhe in den Verein zu bringen. Zudem muss die Verbesserung der Strukturen im Nachwuchsbereich vorangetrieben werden. Für mich rückt also die reine Vereinsarbeit in den Vordergrund.

Alles zum neuen starken Mann beim EHC Bayreuth, Thomas Bothstede, lesen Sie hier.

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