„Das war eine Achterbahnfahrt“
„Jeder hatte eine unfassbare Bereitschaft“, sagte Füllkrug. Nach dem Abpfiff waren viele Spieler zwar total müde, zugleich aber so vollgepumpt mit Energie, dass sie selbst den Weg zur Feier vor die Südtribüne sprintend zurücklegten.
Irgendwann erschien Clubchef Hans-Joachim Watzke auf dem Rasen, weil er ganz nah dabei sein wollte im Moment des Glücks. „Das war eine Achterbahnfahrt“, sagte er, „es ist ja für Borussia Dortmund nicht jeden Tag so. Das ist ein stolzer Tag für alle Borussen.“ Im exklusiven Kreis der Halbfinalisten trifft der Revierklub in der übernächsten Woche zunächst im heimischen Stadion auf Paris St. Germain, das Finale in London sei jetzt „definitiv das Ziel“, sagte Füllkrug.
Die Maßgabe ist nicht abgehoben. Zwar haben die Franzosen viel mehr Geld zur Verfügung als der BVB, aber in der Vorrunden-Gruppe war Dortmund bereits Erster vor dem Team um Kylian Mbappé. Das nährt die Zuversicht.
Zumal das Gesamtbild dieses Abends Erinnerungen an das große Jahr 2013 weckte, als der BVB zuletzt im Halbfinale dieses Wettbewerbs stand und sich ebenfalls in einem Viertelfinaldrama – damals gegen den FC Malaga – durchsetzte. Die Situation war freilich eine andere. Vor elf Jahren waren die Dortmunder gerade zwei Mal nacheinander Deutscher Meister geworden, sie wurden von Jürgen Klopp trainiert, der auf dem ganzen Kontinent bestaunt wurde, und spielten diesen berühmten Vollgas-Fußball, der State of the Art war. Im laufenden Jahr ist der BVB hingegen ein Klub, der mit sich selbst, mit seinen Krisen, eigenen Unzulänglichkeiten und Schwächen kämpft.
Mannschaft voller Krisenspieler
Auch gegen Atlético standen mehrere Krisenspieler auf dem Platz: Jadon Sancho, der in der Hinrunde bei Manchester United aussortiert wurde, Karim Adeyemi, Emre Can, Mats Hummels und Nico Schlotterbeck, die zuletzt nicht mehr gut genug für die Nationalmannschaft waren. Niclas Füllkrug hat ebenfalls viele schwere Zeiten erlebt und musste 30 Jahre alt werden, bis er zu Saisonbeginn seine erste Champions League-Partie überhaupt absolvierte. Und die Frage, ob Typen wie Julian Ryerson oder Salih Özcan auf diesem Niveau heimisch werden können, lässt sich zumindest kontrovers diskutieren. Einen Weltklassespieler hat Borussia Dortmund derzeit nicht.
Umso erstaunlicher, dass Kehl am Ende dieser denkwürdigen Nacht feststellen konnte: „Es ist definitiv eine Aussage, unter den besten vier Teams in Europa zu sein.“