Ein „König“ voller Demut und Dankbarkeit
Die spanische Zeitung „Marca“ erklärte Alonso kurzerhand zum „König von Deutschland“, weil es ihm gelungen sei, „die Tyrannei der Bayern zu beenden“, und als der Baske am Sonntagabend selber über den Titel sprach, wirkte er wie ein sehr weiser König. Fröhlich ertrug er eine Bierdusche seiner Spieler während der Pressekonferenz, um dann zwar völlig durchnässt, aber weiterhin sehr aufmerksam und geduldig Journalistenfragen zu beantworten. Alonso ist ein König, der selbst in diesem großen Augenblick Demut und Dankbarkeit ausstrahlte. Vielleicht liegt das ganz große Geheimnis hinter diesem besonderen Erfolg tatsächlich im Wesen des Trainers, der sich nicht nur deshalb als Teil des Teams begreift, weil er beinahe noch genauso gut kicken kann wie die Spieler.
Spezielle Verbindung zur Mannschaft
Obwohl bereits in der Wochenmitte ein bedeutsames Spiel bei West Ham United samt Reise nach London ansteht, durfte die Mannschaft bis tief in die Nacht feiern und bekam am Montag frei. Alonso vertraut seinen Spielern und berichtete von seiner speziellen Verbindung zu den Profis. „Ich will immer in der Nähe der Mannschaft sein“, erzählte er. „Ich will viel mit der Mannschaft sprechen, ich weiß, was die Spieler fühlen. Und diese Verbindung und die Empathie zu spüren, das ist wichtig.“ Im Verlauf des Abends zeigte sich sogar Werner Wenning, die graue Eminenz des Clubs, der sich sonst immer fern hält aus der Öffentlichkeit. Der langjährige Vorstandsvorsitzende der Bayer AG, der jetzt dem einflussreichen Gesellschafterausschuss des konzerneigenen Fußballunternehmens vorsitzt, sagte im Bauch des Stadions: „Wir sind vor allem mit einer inneren Haltung vorangegangen.“
Selbst Traditionalisten, die womöglich kritisch anmerken, dass mit Bayer Leverkusen ein Verein diesen Titel gewonnen hat, der aufgrund seiner engen Verbindung zum Bayer-Konzern ein paar Vorteile hat, müssen anerkennen, dass in diesem Club zuletzt schlicht und einfach fabelhaft gearbeitet worden ist.
Meisterleistung auf allen Ebenen
„Der Schlüssel waren die Spieler“, sagte Alonso – Spieler, die sich auch Borussia Dortmund, RB Leipzig und vielleicht sogar Eintracht Frankfurt hätten leisten können. Es handelt sich bei diesem Meistertitel also nicht um einen Sieg des Kommerzes über den moralisch überlegenen Rest, sondern um eine Meisterleistung der Facharbeit auf allen relevanten Ebenen.
Alonso hatte sogar die Größe, ein Stück dieses Erfolges an seine unglücklichen Vorgänger abzugeben, in deren Zeit der nun überwundene Vizekusen-Mythos entstand und gefestigt wurde. Der Titel sei „die Konsequenz einer Toparbeit über viele Jahre“, sagte er. „Ich erinnere an Kollegen aus der Vergangenheit: Christoph Daum, Klaus Toppmöller, Roger Schmidt und viele mehr. Ich will das teilen mit vielen Leuten.“ Und zumindest solange Leute wie Xhaka und der wie entfesselt spielende Wirtz im Club bleiben, muss der FC Bayern fürchten, einem Konkurrenten gegenüber zu stehen, der tatsächlich besser ist.