Anja Scherl auf Olympia-Kurs

Völlig unverhofft hat die Region Bayreuth nach Anne Haug (Triathlon), Nina-Laura Kreutzer (Schießen) und Florian Vogel (Schwimmen) einen weiteren potenziellen Olympiateilnehmer. Anja Scherl ist in Hamburg geradezu in den Blickpunkt gestürmt, als sie den Marathonlauf dort in 2:27:50 Stunden bewältigte, Dritte wurde, die Norm knackte und in der Bestzeitenliste der aktuellen deutschen Läuferinnen nun vorn steht.  „Diese Zeit  kann ich gar nicht so richtig fassen“, gestand die 30-Jährige.

 
Schließen

Diesen Artikel teilen

In der Oberpfalz geboren, in Bayreuth mit ihrem Ehemann Marco lebend, in Nürnberg als Softwareentwicklerin (in Vollzeit) arbeitend, für die LG Regensburg startend – Anja Scherl, geborene Schneider deckt ein breites bayerisches Spektrum ab. Dass sie in diesem Sommer das Nationaltrikot tragen könnte, hatte sich schon im Februar angedeutet. Nun scheint es Gewissheit zu werden.

„Ja, die Chancen auf einen Olympiastart stehen gut“, redet Anja Scherl nicht um den heißen Brei herum, „aber offiziell entschieden wird es erst Anfang Mai, wenn der Verband seine drei Teilnehmer nominiert.“ Vor Rio (Marathon am 14. August) steht wahrscheinlich Amsterdam auf ihrem Programm. Denn auch für die Halbmarathon-Europameisterschaft (7. bis 10. Juli) in den Niederlanden sollte Anja Scherl nominiert werden. „EM und Olympia passen terminlich gut zueinander“, sieht die Sportlerin darin keine Probleme.

1:11:17 Stunden hatte sie auf der halben Marathonstrecke im Februar in Barcelona erreicht. Von dieser Marke her lässt sich eine gewisse Marathon-Endzeit errechnen, und deshalb hatte die Bayreutherin auch darauf spekuliert, die vom Deutschen Leichtathletik-Verband (DLV) festgesetzte Norm für einen Olympiastart auf der 42,195-km-Distanz (2:30:30) in Hamburg zu unterbieten.

Der Marathon vom Sonntag in der Rückschau von Anja Scherl: „Bei Kilometer fünf und zehn lag ich im Rahmen der Planung und habe mich auch gut gefühlt.“ Dann wurde der Blick auf die Uhr etwas seltener, mit dem Resultat, dass bei Rennhalbzeit erst 1:13:57 Stunden vergangen waren. Zu schnell unterwegs? „Ich wollte dann mal schauen, wie lange es so geht. Ab Kilometer 32 ist es schwer geworden, und ich musste bis zum Ziel richtig kämpfen.“ Das gelang ihr. Sie war mit 1:13:53 auf dem zweiten Teil sogar geringfügig schneller als auf dem ersten und steigerte ihre persönliche Bestzeit gleich um mehr als acht Minuten! Schneller waren nur die Äthiopierinnen Meselech Melkamu (2:21:54) und Meseret Hailu (2:26:26).

Zunächst waren zwei Läufer aus Fürth gemeinsam mit der Bayreutherin unterwegs; und auch der „Hase“, der für den schnellsten deutschen Mann in Hamburg, Julian Flügel (Regensburg/2:17:10), Tempo gemacht hatte, gesellte sich noch dazu. Außerordentlich motivierend wirkte dann aber der Portugiese Rui Muga, der auch auf den letzten Kilometern neben Anja Scherl lief. „Go, go, go, hat er mich immer wieder angefeuert und ist bei mir geblieben, obwohl er selbst wohl noch etwas schneller hätte sein können“, berichtete die 30-Jährige. Die Dank-Mail gen Portugal ist bereits abgeschickt . . .

Erst mit 21 Jahren begann Scherls Karriere auf der Laufbahn. Die Sportlerin, die „in der Gegend von Amberg“ aufwuchs und in der Jugend Volleyball gespielt hatte, startete auf der Mittelstrecke (800 und 1500 Meter). „Als ich dann gleich bei meinem ersten Start bei der Deutschen Junioren-Meisterschaften Achte wurde, war das schon ein Ansporn, bei der Stange zu bleiben.“

Nun sorgt Ehemann Marco für die Motivation. „Vollstes Vertrauen“ habe sie in dessen Trainerfähigkeiten, sagt die 30-Jährige. Marco Scherl war übrigens in der Woche vor dem Hamburg-Marathon gesundheitlich angeschlagen. Um den Start von Anja nicht durch ein Anstecken zu gefährden, gab es deshalb getrennte Schlafzimmer.

INFO: Vor einem Jahr ist Anja Scherl auch in Bayreuth gestartet. „Zu Maisels Fun Run schaffe ich es diesmal aber leider nicht“, sagt sie zu einer möglichen Wiederholung. Am Lauftermin, dem 1. Mai, wird nämlich Anja Scherls 30. Geburtstag nachgefeiert.

Neben Scherl, die von ihrem Ehemann Marco trainiert wird, als Software-Entwicklerin in Nürnberg arbeitet und auch in Bayreuth beim Fun Run startete, haben bei den Frauen bisher nur die Zwillinge Lisa und Anna Hahner (Gengenbach) die Olympia-Norm des Deutschen Leichtathletik-Verbandes erfüllt.

 

 

 

 

 

Autor

Bilder