Wendel-Rücktritt: Der EHC ist keine Firma

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Von der gefeierten Rettung zum vorzeitigen Abschied. Und das im Rekordtempo. Nur elf Monate stand Matthias Wendel an der Spitze des EHC Bayreuth. Doch woran sind der zurückgetretene Vorsitzende und seine Frau Margrit gescheitert?

 
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Es lag sicher nicht an ihrem weitreichenden Engagement. Vielmehr unterschätzten sie, dass es etwas ganz anderes ist, einen Verein zu sanieren, als ihn dann im Tagesgeschäft zu führen.

Ohne die Wendels würde es den EHC Bayreuth nicht mehr geben. Ihre Finanzspitzen im sechsstelligen Eurobereich retteten die Tigers in der vergangenen Saison vor der Insolvenz. Auch der Aufstieg in die DEL2 wäre ohne das Ehepaar nicht möglich gewesen. Die Wendels haben großen Anteil daran, dass der Etat entscheidend erhöht werden konnte. Die Leistungen der beiden für den Verein stehen außer Frage. Die Fans feierten das Ehepaar dafür völlig zurecht. Der Name Wendel wird in der Geschichte des Vereins immer eng mit der Rettung vor der Pleite und dem Aufstieg in die DEL2 verbunden sein.

Ehrenamtliche Mitarbeiter sind keine Angestellten

Es krankte bei der Vereinsführung jedoch auf zwischenmenschlicher Ebene. Die Wendels betrachteten den EHC wie eine Firma. Aus finanzieller Sicht ist das völlig in Ordnung und notwendig. Doch die Mitarbeiter sind eben keine Angestellten, sondern zum überwiegenden Teil ehrenamtlich tätig. Sie bringen ihre Arbeitsleistung nicht ein, um Geld zu verdienen oder Vorteile zu haben. Sie sind mit Herzblut dabei, weil sie „ihren EHC“ unterstützen, Teil der Tigers-Familie sein wollen.

Doch diese Gemeinschaft begann unter der Regie der neuen Familienoberhäupter immer mehr zu bröckeln. Langjährige ehrenamtliche Helfer verließen den Verein. Die Häufung der Abschiede ließ sich irgendwann auch nicht mehr damit erklären, dass bei einer Neustrukturierung des Vereins mit eisernem Besen gekehrt werden muss. Viele Helfer beklagten, dass ihre Meinung sowieso keine Rolle spiele. Ihnen fehlte die Wertschätzung. Und dann war da noch der Umgangston. Schreie statt Lob, Beleidigungen statt konstruktiver Kritik. Teilweise wurden die Dispute öffentlich im Stadion ausgetragen.

Ein Ende mit einem großen Knall

In einem kleinen, von Ehrenamtlichen abhängigen Verein wie dem EHC Bayreuth konnte das nicht lange gut gehen. Immer mehr Verärgerte taten ihren Unmut kund, wenn auch teilweise hinter vorgehaltener Hand. Die Stimmung kippte von „pro Wendel“ immer mehr in die entgegengesetzte Richtung. Dass nun ein Fanclub öffentlich Kritik am Umgangston von Margrit Wendel äußerte, brachte das Fass zum Überlaufen. Der Vorsitzende zog die Konsequenzen – wohl vor allem, um seine Frau aus der Schusslinie zu nehmen. Das Engagement der Wendels endete so wie es begonnen hatte: mit einem großen Knall.

Doch hätte es diesen großen Knall überhaupt gebraucht? Matthias Wendel hatte sowieso angekündigt, sich spätestens in November aus dem operativen Geschäft zurückziehen zu wollen und es mehr und mehr in die Hände des EHC-Geschäftsstellenleiters und jetzigen Hoffnungsträgers Thomas Bothstede zu übergeben. Doch – und das ist nachvollziehbar – Matthias Wendel beendete lieber abrupt sein Engagement beim EHC, um seine eigene Familie zu schützen, als die Tigers-Familie wieder in ruhigeres Fahrwasser zu führen. Letzteres muss nun die Hauptaufgabe seines noch zu suchenden Nachfolgers sein. Der künftige Tigers-Vorsitzende muss dafür sorgen, dass beim EHC und in seinem Umfeld wieder alle an einem Strang ziehen. Das ist die große Baustelle, denn finanziell stehen die Tigers – dank des Ehepaars Wendel – auf gesunden Füßen.

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