Eine Menschenkette auf dem Sternplatz und ein Plakat, für das sich die Polizei interessiert Rassismus bei Anti-Rassismus-Demo

Von Frank Schmälzle

Auf dem Sternplatz beteiligen sich am Sonntagnachmittag gut 50 Bayreuther an einer Menschenkette gegen Rassismus. Elena Nitzler, Sprecherin der Hochschulgruppe von Amnesty International, sagt: "Rassismus ist leider wieder gesellschaftsfähig geworden. Rassismus versteckt sich nicht mehr." Nur ein paar Meter davon entfernt wartet der Beweis.

 
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Es fällt erst auf den zweiten Blick auf: Irgendjemand hat braunes Klebeband um die Augen der Statue auf dem Wittelsbacherbrunnen an der Opernstraße geklebt. Und auch um die Augen der kleinen Wagner-Figur, die ein paar Schritte weiter am Annecyplatz steht. Dem Mini-Wagner hat der Unbekannte ein Schild um den Hals gehängt: "Blind in den Untergang?" Darunter zitiert er aus einem Text, den der türkischstämmige Journalist Deniz Yücel verfasst hat, als er noch bei der Tageszeitung taz war: "Der baldige Abgang der Deutschen aber ist Völkersterben von seiner schönsten Seite." Was der Plakataufhänger nicht schreibt: Diese Zeilen des Repoters, der jetzt für die "Die Welt" in Istanbul arbeitet und den der Bayreuther Unbekannte einen "Rassisten" nennt, ist Teil einer Glosse über den Geburtenschwund in Deutschland. Yücel sagt: Die Deutschen schaffen sich selbst ab. Yücel bejubelt nicht: Die Deutschen werden in ihrem eigenen Land zur Randgruppe. Das legt nur das zusammengebastelte Zitat nahe.

Polizei: "Das sieht nach Reichsbürgern aus"

Inzwischen interessiert sich die Polizei für den Augenverbinder und Plakataufhänger. Polizeisprecher Dominik Salosnig hat da so eine Ahnung: "Das sieht doch sehr nach einer Reichsbürger-Aktion aus." Reichsbürger lehnen die Demokratie ab und erkennen staatliche Autorität nicht an. Die Reichsbürgerbewegung hat in Teilen Verbindungen zum rechten politischen Spektrum. Und Reichsbürger gibt es auch in Bayreuth.

"Sie sind hier nicht am richtigen Ort."

Auf dem Sternplatz führen Elena Nitzler und ihre Mitstreiter von Amnesty International eine Diskussion. Als sie ein Plakat aufhängen, spricht sie ein Mann an. Über 1000 Angriffe auf Flüchtlingsheime im Jahr 2015, steht da drauf. Ob sie denn wüssten, dass 60 Prozent der Brände in den Heimen von den Flüchtlingen selbst gelegt werden, fragt der Mann. Woher er das denn wisse, fragen die Amnesty-Aktiven zurück. Aus dem Internet, die Seite sei aber inzwischen gesperrt. Die Wahrheit wolle ja offenbar niemand wissen. Eine ältere Dame sagt den Organisatoren der Menschenkette gegen Rassismus: "Sie sind hier nicht am richtigen Ort."

"Doch, sind wir", sagt Elena Nitzler. Nicht nur, weil die Demonstration genehmigt ist. So richtig wie in Berlin, München oder Hamburg, wo an diesem Wochenende ebenfalls Menschen gegen Rassismus demonstrierten. Bundesweit hatten 28 Organisationen dazu aufgerufen. "Wir müssen den Mut haben, Solidarität mit den Opfern zu zeigen", sagt Nitzler.

Übrigens: Am Montag ist Weltflüchtlingstag.

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