Acht Familien verlangen Soforthilfe Neuenmarkt: Wasseropfer mit der Geduld am Ende

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Starkregegen flutete vor etwas mehr als einem Jahr die Keller etlicher Hegnabrunner Bürger. Die Kanalisation war völlig überlastet. Inzwischen hat der Gemeinderat ein Hochwasserschutzkonzept beschlossen. Die Hochwasseropfer fordern jedoch vorab Verbesserungen.

 
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"Uns würde bereits ein Signal von seiten der Gemeinde Neuenmarkt reichen", sagt Dieter Sachs, Sprecher von acht Hochwasser geschädigten Familien. Im August 2014 hatten mehrere Anwohner in der Königsberger und der Waldenburger Straße erhebliche Wasserschäden nach einem Unwetter in ihren Häusern erlitten. Doch bis das Hochwasserschutzkonzept umgesetzt sei, vergehe noch einige Zeit, so Sachs. "Daher sollten kleinere Bauarbeiten am Kanal die Situation vorzeitig entschärfen."

Hauptproblem: Oberflächenwasser

Denn das Hauptproblem sei das Oberflächenwasser, so Sachs. Die Gemeinde dulde seit Jahrzehnten, dass Unmengen Oberflächenwasser von Wiesen und Feldern in den Kanal der Kommune eingeleitet werde. "Damit verstößt die Gemeinde gegen ihre eigene Satzung", kritisiert Sachs und wandte sich an Kulmbacher Landratsamt. Die Landwirte, von deren Grundstücken Wasser in die Kanalisation fließe, bezahlten keine Abwasser- oder Kanalgebühren.

Gemäß § 15, Absatz 1, der Wassersatzung ist es verboten, Stoffe in die öffentliche Entwässerungsanlage einzubringen, "die die öffentliche Entwässerungsanlage oder die angeschlossenen Grundstücke gefährden oder beschädigen." Nach Ansicht von Sachs ist dies bei drei Kellerflutungen in den Jahren 1996, 2007 und 2014  der Fall. In Absatz 2 werden die schädlichen Stoffe beispielhaft aufgezählt. Unter anderem werden auch Jauche und Gülle genannt. Für ihn liegt daher eine Ordnungswidrigkeit nach §20 vor.

Ordnungswidrigkeit müsste Gemeinde ahnden

Dies unterstreicht Sachs in einem Schreiben, das er an das Landratsamt Kulmbach verfasst hat. Philipp Hetzel, Abteilungsleiter Kommunales, Bauwesen, Natur- und Umweltschutz, teilt seine Bedenken nicht vollständig. In seiner Antwort heißt es: "Die dort genannten Beispiele betreffen aber nicht das von Ihnen angesprochene Oberflächenwasser von landwirtschaftlichen Flächen." Wer vorsätzlich Oberflächenwasser einleite, begehe tatsächlich eine Ordnungswidrigkeit. Für deren Verfolgung wäre die Gemeinde selbst zuständig. Die Gebührenfrage stellt sich Hetzel zufolge nicht. Weil die von den Feldern und Wiesen abfließenden Niederschläge kein Abwasser im Sinne der Entwässerungssatzung seien.

Verstoß gegen eigene Satzung?

"Wir werden notfalls gerichtlich prüfen lassen, ob ein Verstoß nach der Wassersatzung vorliegt oder nicht", kündigt Sachs an. "Sollten diese Einleitungen weiterhin von der Gemeinde geduldet werden, gibt es neben der Untätigkeitsklage auch eine Anzeige." Die Geschädigten seien mit ihrer Geduld am Ende.

Dabei ist die Stimmung zwischen den Hochwasseropfern und Bürgermeister Siegfried Decker bereits seit langem stark angeknackst. Sie warfen ihm wiederholt vor, wie berichtet, seinem Versprechen nach "unbürokratischer, schneller Hilfe" keine Taten folgen zu lassen. Es fehle echte Gesprächsbereitschaft, "gebetsmühlenartig" werde auf das Hochwasserschutzkonzept des Büros IBP verwiesen. Das sage: Die Abwasseranlage im Siedlungsgebiet sei für das bebaute Gebiet ausreichend dimensioniert.

Einziger Ausweg: Selbsthilfe

"Man könnte mit geringem Aufwand seitens der Gemeinde die Überflutungsgefahr im Siedlungsgebiet stark mindern – es fehlt aber scheinbar der Wille", sagt dagegen Sachs, und ist es langsam müde, immer wieder vergeblich auf die Oberflächenwasserproblematik hinzuweisen. Den betroffenen Familien bleibe nur die Selbsthilfe. Weil "Hilfe von der Gemeinde Neuenmarkt in den nächsten fünf bis zehn Jahren nicht zu erwarten" sei.

Bürgermeister Decker war gestern für eine Stellungnahme nicht erreichbar. Das Landgericht Bayreuth hatte im März die Klage eines Hochwasseropfers auf Schadensersatz für erlittene Hochwasserschäden im Jahr 2007 abgelehnt. Der Unterlegene strebt ein Berufungsverfahren an.

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