Eckersdorf: Sechs Artisten kommen nicht vom Fleck, weil ihr Lkw kaputt ist Mini-Zirkus, Riesen-Not

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Eine Zirkusfamilie in Not: Mandy, Alfons, Alois, Manjana und Henry (von rechts) mit den Alpakas Cäsar und Hubert. Foto Wittek Foto: red

Kein Geld, ein Todesfall und ein kaputter Laster: Der kleine Zirkus Renz Venezia steckt in Schwierigkeiten. Seit zwei Monaten hängt er auf dem Platz hinterm Eckersdorfer Rathaus fest. Wie es weitergeht, wissen die Artisten nicht.

 
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Es ist schon der zweite Zirkus innerhalb weniger Monate, der in Eckersdorf hinter dem Rathaus gestrandet ist. Doch bei Renz Venezia sind die Schwierigkeiten groß. Seit 23. November keine Verdienste mehr – und auch keine in Sicht. Denn der DAF-Lastwagen gab nach einer Vorstellung in Amberg seinen Geist auf. Die erste Reparatur bezahlten die Zirkusleute, die zweite schaffen sie schlicht nicht mehr. Kein Geld mehr. So zieht sich das ursprünglich auf zwei Wochen angelegte Gastspiel schon zwei Monate hin. Ein Ende ist nicht in Sicht.

Der Ölofen in dem großen Wohnwagen rackert sich ab, aber er schafft es nicht, die fahrende Zwei-Zimmer-Wohnung zu heizen. Drinnen sieht es sauber, aber abgelebt aus, eine simple Ledercouch, ein Tisch, eine Einbauküche, ein Schlafzimmer, ein kleiner Fernseher. Sechs Artisten verteilen sich auf drei Wagen, sie alle sind zum Nichtstun verdammt. „Wir leben, aber nicht reich“, sagt Alois Renz (50), der Chef der Truppe: „Wir sind in Not.“

Der Lkw, mit dem er normalerweise die zehn Wagen zum nächsten Vorstellungsplatz fährt, steht in einer Amberger Werkstatt. Seit November. Das Steuergerät hat seinen Geist aufgegeben. „Sobald wir das Geld für die Reparatur zusammen haben, fahren wir weiter“, sagt Renz. Und er hofft, dass er wieder was verdient. Im Moment bekommen die Artisten Arbeitslosengeld vom Bayreuther Jobcenter. Das muss reichen für Tierfutter, täglich für 20 Euro Heizöl für zwei Wagen, für Essen, für Gas. „Das reicht aber nicht“, sagt Renz.

Ob es nach dem 1. Februar weiter Geld gibt, darüber muss das Amt noch entscheiden. Die Schwierigkeit: Die Renz‘ haben keinen Wohnsitz in der Region. Das Amt will laut einem Schreiben erst entscheiden, wenn feststeht, dass die Familie ohne eigenes Verschulden nicht weiterziehen kann.

Das Rathaus in Eckersdorf zeigt Verständnis. Laut einem Schreiben der Bürgermeisterin Sybille Pichl (FWG) ist es „nachvollziehbar“, dass die Artistenfamilie ohne Lkw nicht weiterziehen könne. Und weiter auf dem Rathausplatz wohnen müsse. Auch Verwaltungsleiter Bernhard Brosig zeigt Verständnis. Man müsse sich nur mal „in so eine Lage versetzen“, Artistenfamilien wie die Renz‘ würden seit Jahrzehnten nichts Anderes kennen. Man könne die nicht einfach in einen Bürojob umsetzen.

Allein beim Gedanken an einen anderen Beruf schütteln die jungen Familienmitglieder die Köpfe. „Ich bin da reingewachsen“, sagen sie. Neben Vater Alois ist das Mutter Dunja Renz (45), die Töchter Mandy (24), Manjana (17), Sohn Alfons (19) und Neffe Henry (23). Sie füttern und pflegen die drei argentinischen Zwergponys, die zwei Alpakas Herbert und Cäsar, sowie die vier Tiroler Haflinger-Pferde. Mehr ist im Moment nicht zu tun. Die Tiere, darauf legen sie Wert, seien die nächsten zwei Wochen noch versorgt. Genug Futter, Heu und Streu für den feuchten Boden.

Ob Zirkus, zumal ein so kleiner, noch Zukunft hat? „Doch“, sagt Renz. Er habe halt viel Pech gehabt, erst der Tod seines 80-jährigen Vaters im November, dann der kaputte Lkw, dann zwei fast leere Vorstellungen. „Wir hätten Ressourcen für den Winter gehabt“,sag t er. Alle weg. Ein Platz für Vorstellungen in der Weihnachtszeit war schon in Kulmbach reserviert. Er musste gestrichen werden. „Wenn der Lkw wieder da ist, dann können wir uns weiterhelfen“, asgt Renz. Dann will er „weiterziehen“. Und „dass wir weniger im Kühlschrank haben, ist halt so.“ Aber wann wird das sein? "Vielleicht hilft uns jemand."

Nur einer Sache ist er sich sicher und damit widerspricht er seinen Kindern zum Thema Berufswahl: „Ich tät‘s nicht mehr machen. Weil ich älter bin und klüger.“

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