Kein Asyl bei der katholischen Kirche

Von Thomas Knauber
Foto: Ralf Münch Foto: red

Kurz vor Heiligabend wurde ein iranischer Flüchtling, der im Blauen Haus lebte, nach Ungarn abgeschoben. Alle, die ihn kannten, waren schockiert: Er hatte sich gut eingelebt und Deutsch gelernt. Sein Fall zeigt das menschliche Leid, das durch die Abschiebepraxis ausgelöst wird. Geholfen hätte ihm ein Kirchenasyl. Die evangelischen und methodistischen Pfarrer sind dazu bereit. Aber die katholische Seite gibt sich verhalten.

 
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Susanne Bauer vom Unterstützerkreis erklärt den Hintergrund, warum der Iraner gehen musste. Er war vor seiner Einreise in Ungarn registriert worden. Getreu des Dublin III-Verfahrens muss er dorthin zurück. Ein Widerspruch gegen das Schnellverfahren und auch das Einschalten eines Anwalts helfen meist nicht.

"Es gibt bloß einen Ausweg: Kirchenasyl. Das kleine Edelsfeld hat zum Beispiel zwei Leute im Kirchenasyl." Dieses Asyl hilft dem Flüchtling, auf sechs Monate Aufenthalt in Deutschland zu kommen. Mit diesen sechs Monaten wird dann die Registratur in Ungarn hinfällig. Ein neues deutsches Verfahren kann beginnen.

Katholischer Pfarrer lehnt ab

Susanne Bauer sprach deshalb schon die Pfarrer an. Der Unterstützerkreis und die Tafel könnten für die Zeit im kirchlichen Schutzraum helfend zur Seite stehen. Aber sie spürte von der katholischen Pfarrei "leider nicht die Offenheit dafür". Pfarrer Peter Klamt sagte ihr, er habe keine Zeit dafür. Klamt erläutert gegenüber der Redaktion, dass er im Augenblick aus praktischen Gründen keine Möglichkeit sieht, weil die geeigneten Zimmer noch nicht bewohnbar sind. Grundsätzlich müsse er auch mit dem Bistum Rücksprache halten - "und da wird unter Umständen ein Riegel vorgeschoben. Ich habs aber noch nicht probiert."

Der evangelische Dekan Dr. Gerhard Schoenauer nahm schon einmal in seiner früheren Pfarrgemeinde Thalmässing jemanden ins Kirchenasyl. Er sieht auch jetzt keine Probleme. Mit dem methodistischen Pastor Stefan Schörk hat er schon gesprochen. Gemeinsam will man für eine Unterkunft sorgen. "Wir finden eine Lösung." Zwar muss auch die Landeskirche gefragt werden, aber nach einer Überprüfung des Falls - "da gibt es einen bestimmten Fahrplan" - steht dem Asyl nichts im Weg.

Susanne Bauer hat im Moment drei Pegnitzer Flüchtlinge, die auf so ein Kirchenasyl angewiesen wären - oder alternativ untertauchen müssen. Sie versteht die "Riesenangst" dieser Menschen, die den Ablehnungsbescheid bekommen und dann nicht wissen, wann die Polizei auftaucht, um sie zum Flughafen zu bringen: Morgen oder in fünf Wochen? "Früh um vier Uhr stehen dann plötzlich Polizisten im Raum. Ich hab mich schon mal mit ihnen unterhalten: Sie finden das auch nicht so toll. Abgesehen davon ist es furchtbar, jeden Abend mit der Ungewissheit ins Bett zu gehen, ob ich in aller Frühe abgeholt werde."

Landratsamt: Frühes Abholen muss sein

Aber Dr. Ingrid Gleißner-Klein, die im Landratsamt für diese Abschiebungen zuständig ist, verteidigt den frühen Abholtermin. Doch bei dem Iraner sei es nicht 4 Uhr, sondern 6 Uhr gewesen. Dies ist nötig, weil das Flugzeug in Frankfurt um 13 Uhr nach Ungarn startet. Mit der Überprüfung im Gesundheitsamt, bei Dr. Klaus von Stetten, und der langen Fahrtzeit sowie Eincheckzeit am Flughafen komme man locker auf sechs oder sieben Stunden Vorlaufzeit. "Wir reißen uns nicht darum, die Leute so früh aus dem Bett zu klopfen."

Was erwartet nun den Iraner in Ungarn? Susanne Bauer hörte, dass die Flüchtlinge dort für einen Schlafplatz bezahlen müssen. Können sie es nicht, holt der Wirt die Polizei. Zwei Jahre im Gefängnis seien die Folge. "Das Gefängnis ist dort kein Spaß. Diese schlechte Behandlung: Ist das keine Menschenrechtsverletzung? Was haben sie verbrochen? Viele saßen schon bei der Anreise zu uns zwei Jahre im Gefängnis. Das merkt man. Sie brauchen lange, bis sie sich wieder über etwas freuen können."

Ingrid Gleißner-Klein hat aber keine Informationen, dass Ungarn die Flüchtlinge so hart behandelt. "Da schwirren viele Gerüchte durch die Lande. Geben Sie darauf nichts." Ein Anruf der Redaktion in der ungarischen Botschaft in Berlin bestätigt es. Der Sprecher berichtet von Flüchtlingsheimen wie in Deutschland. "Bei uns ist es nicht so streng, sondern wie überall. Zuerst können die Flüchtlinge irgendwo wohnen, dann suchen sie sich Arbeit und leben ihr eigenes Leben."

Susanne Bauer spricht noch einen anderen Punkt an, der ihr unklar ist. Es betrifft das Landratsamt. Denn dort hat es ihr Unterstützerkreis mit Abteilungen zu tun, die unterschiedliche Ziele haben. So gibt es das Projekt "Demokratie leben" um Sachgebietsleiter Detlev Schmidt, das sich bemüht, Menschen anderer Nationalität in Oberfranken willkommen zu heißen. Und es gibt das Sachgebiet von Ingrid Gleißner-Klein, die "sehr rigide" für Abschiebungen sorge.

"Es soll keine Kontakte geben"

Das Landratsamt lasse auch nicht, wie es in anderen Landkreisen üblich ist, Flüchtlingsfamilien bei deutschen Familien wohnen, sondern setze auf Großunterkünfte. "Da merkt man, wo es hingehen soll: Es soll keine menschlichen Kontakte geben, damit es keine Proteste gibt, wenn die Abschiebung ansteht." Hier lenkt Pressesprecher Michael Benz vom Landratsamt ein. Man werde zusehends auch auf private Unterkünfte umstellen, sagt er, wie es schon im Landkreis Kulmbach üblich ist. Einen Versuch gab es in Eckersdorf. Aber man zog sich wieder zurück, weil die Wohnungsmängel kein menschenwürdiges Leben ermöglichten.

Ingrid Gleißner-Klein geht noch auf die angeblich konträren Abteilungen im Landratsamt ein. "Wir arbeiten zusammen!", sagt sie. Detlev Schmidt habe mit anerkannten Flüchtlingen zu tun, sie hingegen müsse umsetzen, was an Bescheiden vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) kommt. Darunter sind Überstellungen in andere Länder nach dem Dublin-Verfahren, aber auch direkte Rückführungen in Heimatländer. Dies betrifft im Moment vor allem die Albaner, Kosovaren und Serben, weil das Bamf zunächst mit dem Balkan befasst ist. Wann Afghanistan an der Reihe ist - dies ist auch ein Land, in das direkt zurückgeschoben werden soll, einige Afghaner leben in Pegnitz und Auerbach -, weiß sie nicht.