Hammerstätter fühlen sich abgeschnitten

 Foto: red

Plötzlich war er da. Praktisch über Nacht. Ein mehrere Hundert Meter langer Zaun hinter den Wohnhäusern des Bauvereins. Seitdem sind die Anwohner abgeschnitten von der Wilhelminenaue, die nach der Landesgartenschau Naherholungsgebiet für die Bayreuther werden soll. Von allen Wegen, die sie über viele Jahre ungehindert gehen konnten. Von einem Zaun, den so gut wie keiner will. Eine Spurensuche.

 
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Herbert (65) und Ingrid Lerner (60) stehen mit ihrem Hund Leopold an dem Zaun hinter dem Haus, in dem sie seit 25 Jahren wohnen. „Den will hier keiner“, sagt Ingrid Lerner. Es traue sich nur keiner, den Mund aufzumachen. „Ich war früher beim Bundesgrenzschutz“, sagt ihr Mann. „Der Zaun hier erinnert mich an den Grenzzaun zur DDR. Der hat mich genauso gestört, als ich damals dort Dienst geschoben habe.“ Innerhalb kurzer Zeit sei der Zaun gebaut worden. „Kurz vor der Eröffnung der Landesgartenschau. Um Ostern herum“, sagt Ingrid Lerner. Gebaut, nachdem die Hochwasserschutzmaßnahmen und der Bau des Damms am Flößanger in den letzten Details abgeschlossen waren.

"Von allen alten Wegen abgeschnitten"

„Wir sind jetzt von allen Wegen abgeschnitten, die wir sonst immer gegangen sind. Mit unserem Hund rüber auf die Wiesen. Oder als kleine Abkürzung in die Stadt. Auch auf die große Streuobstwiese kann man jetzt nicht mehr. Da sind früher immer Nachbarn rüber, haben Äpfel gesammelt und sie im Haus den Leuten vor die Tür gestellt“, sagt die 60-Jährige. Doch es sind nicht nur die Wege der Lerners: „Der Bauverein hat den Zaun, den das Wasserwirtschaftsamt bauen musste, auch noch auf eigene Kosten verlängert. Bis vor zum Bürgergarten und zum Kindergarten. Man kommt nicht einmal mehr auf den Bolzplatz, ohne weite Wege laufen zu müssen“, sagt Ingrid Lerner. „Früher war das alles offen.“

Im Bürgergarten arbeitet gerade ein Mann, der seinen Namen nicht nennen will. „Wir wollten den Zaun auch nicht. Wir waren entrüstet, als der gebaut wurde. Der Garten ist ja etwas, was für die Hammerstatt mit da sein soll.“  Von der anderen Seite des Zauns ruft eine junge Frau, die mit ihrem Hund spazieren geht, den Lerners zu: „Wohnt ihr da? Der Zaun ist doch bekloppt, oder? Den hätte kein Mensch gebraucht.“ Die Familie Lerner vermisst, wenn schon ein Zaun dort stehen soll, um möglicherweise Fremde von den Grundstücken der Mehrfamilienhäuser fernzuhalten, „wenigstens einen Durchlass“, wie Herbert Lerner sagt. Ein Tor oder eine Öffnung, die man aus der Entfernung nicht wahrnimmt.

30.000 Euro

„Der Zaun war nicht unser Wunsch. Ich finde ihn selber doof“, sagt Walter Fischer, der bis im vergangenen Jahr beim Wasserwirtschaftsamt in Hof für Bayreuth zuständig war und jetzt als Referent für Wasserschutz bei der Regierung ist. Der Damm, der einen Teil des Hochwasserschutzes für Bayreuth leisten soll, musste aufgrund des Bauvereins errichtet werden. „Deren Bedingung war, das steht auch im Grunderwerbsvertrag drin, dass wir nach Abschluss der Maßnahme einen Zaun bauen“, sagt Fischer. „Sieben oder acht Jahre haben wir immer wieder mit den Leuten vom Bauverein diskutiert, zuletzt im Oktober vergangenen Jahres. Aber man wollte diesen Zaun unbedingt.“ Rund 30 000 Euro habe der Zaun gekostet, „wir haben so weit gebaut, wie das Geld reichte“, sagt Fischer. Den Rest habe der Bauverein ergänzt. Zu erkennen an den leicht unterschiedlichen Farbtönen. Der Zaun stoße nicht nur bei den Anwohnern und beim Wasserwirtschaftsamt auf Unverständnis, „er macht es uns auch schwer, den Damm anständig zu pflegen“.

Julia Fick, Vorstand des Bauvereins, sagt: Die Sache mit dem Zaun sei „vor meiner Zeit entschieden worden“. Seit 2009 leitet sie die Genossenschaft, die Verträge seien von Aufsichtsrat und Vorstand vorher ausgehandelt und unterschrieben worden. „Das haben die Gremien so festgelegt. Das hätte man auch nicht ändern können.“ Man habe befürchtet, dass über den Damm Radfahrer oder Fußgänger kommen, die die Bauvereinsgrundstücke als Schleichweg nutzen. Bislang, sagt Julia Fick, hätten sich noch keine Anwohner bei ihr direkt beschwert. „Und so lange sich niemand bei mir offiziell meldet, kann man auch nicht überlegen, ob man etwas ändern kann.“ Man könne „nur etwas tun, wenn man es weiß. Eine schwierige Sache mit dem Zaun“.

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