Flüchtlinge: So schmeckt für uns Heimat

Von Marie-Christine Fischer
Von den vielen Leckereien, die Basel Awwad, Suaad Darwisch und Abd Alrahman Alistuani (v.l.) aufgetischt haben, werden auch Darwischs Kinder Sham (7) und Jamal (10) noch locker satt - und eine Reihe anderer Besucher des Transitionhauses. Foto: Andreas Harbach Foto: red

Reichlich Fett, jede Menge Gewürze und bloß keine Äpfel in den Salat! Suaad Darwisch, Basel Awwad und Abd Alrahman Alistuani haben Rezepte und Essgewohnheiten mitgebracht, als sie von Syrien nach Deutschland geflüchtet sind. Sie sind ein Stück alte Heimat in der neuen. Und ein Weg, um auch ohne viele Worte Kontakte zu knüpfen.

 
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Die drei sind im Transitionhaus zusammengekommen, um gemeinsam Gerichte aus der arabischen Küche zubereiten. Erste Hürde: an die entsprechenden Zutaten zu kommen, was in Bayreuth gar nicht so einfach ist.

"Viele Lebensmittel, die für uns ganz gewöhnlich sind, gibt es hier nicht im Supermarkt, und wenn, sind sie sehr teuer", sagt Basel Awwad (34), der als Altenpfleger arbeitet. Er fährt deshalb immer mal wieder nach Nürnberg. Dort gibt es einen arabischen Supermarkt, samt Weinblättern, frischem Schafskopf und -magen. "Ich mache dann einen Großeinkauf, friere Lebensmittel ein", erzählt er.

Grünen Hartweizen bekommt man auch in Bayreuth

Für den Moment muss die örtliche Auswahl reichen: Frikeh - türkisch Firik Bulgur, ein grüner Hartweizen - und Basmati-Reis bekommt er im Lebensmittelladen hinter der Moschee des Islamischen Kulturzentrums in der Friedrich-Puchta-Straße. Frisches Fleisch allerdings ist aus, Gemüse rar, also macht Basel Auuad noch einen Abstecher zum Discounter.

Zurück in der Küche des Transitionhauses. Suaad Darwisch (40) kennt sich dort ähnlich gut aus wie in ihrer eigenen. Sie wohnt mit Mann und Kindern im ersten Stock und hilft regelmäßig mit, wenn die Volxküche donnerstags im Transitionhaus ein einfaches Essen aus meist von Foodsharing geretteten Lebensmitteln kocht, zu dem alle Bayreuther eingeladen sind. Ein Griff zu Schneidebrett, Messer und Topf und sie macht sich an eine Reistorte Namens Maklube. Das bedeutet so viel wie umdrehen.

Maklube

Das braucht man: 500 g Basmati-Reis, 1 große Kartoffel, 2 Auberginen, 2 Tomaten, je 1 rote, gelbe und grüne Paprika, Sonnenblumenöl

So geht's: Reis wässern. Auberginen und Kartoffel in fingerdicke Scheiben schneiden und in einem großen Topf mit reichlich Öl goldbraun frittieren. Reis abgießen und darauf geben. Mit Wasser bedecken, mit Kräutersalz, Pfeffer und Knoblauchpulver würzen und gemeinsam garen. Wenn der Reis gar ist, leicht abkühlen lassen, stürzen. Mit Tomaten- und Paprikastreifen garnieren.

Auch die Männer machen sich ans Werk. Männer am Herd - in Syrien eher eine Seltenheit, wobei sich das langsam ändere. Student Abd Alrahman Alistuani (27) hat das Kochen von seinem Bruder gelernt und von den Köchen des Hotels in Katar, in dem er fünf Jahre an der Rezeption gearbeitet hat. Sein Lieblingsessen? "Pizza." Die gibt es regelmäßig in der WG, in der er mit zwei deutschen Studenten wohnt.

"Wir kaufen Gewürze im Kilo"

Darwisch und Awwad hingegen kochen vorwiegend arabische Gerichte - Vertrautes in einer Welt, in der sie sich an viel Neues gewöhnen müssen. Und sei es nur daran, dass Gewürze in Deutschland in Döschen zu 100 Gramm angeboten und entsprechend sparsam verwendet werden. "Wir kaufen Gewürze im Pfund oder Kilo", sagt Darwisch. Auch dass Deutsche Äpfel in den Salat schneiden und Zucker ins Salatdressing geben, ist ihr etwas supekt. Da lieber Frikeh.

Frikeh

Das braucht man: 900 g Firik Bulgur, 150 g Butter, 1 Zwiebel, 500 Gramm Rindergulasch

So geht's: Butter in einem Topf schmelzen. Firik Bulgur und gleiche Menge Wasser dazugeben, garen. Mit Salz, Pfeffer, Muskat, Ingwer und Knoblauchpulver würzen. Zwiebel würfeln und mit dem Fleisch anbraten. Mit Salz und Pfeffer würzen und mit dem Frikeh servieren. Dazu schmeckt Salat.

In der Reistorte ist jede Menge Sonnenblumenöl verschwunden, im Frikeh ein ordentliches Stück Butter. Über diese Feststellung können die drei nur Schmunzeln. "Wir verwenden immer viel Fett", sagt Awwad. Dann zückt er sein Handy, googelt kurz und macht mit Hilfe von Übersetzer und Bildersuche klar: Statt Butter verwendet man in seiner Heimat gerne Schwanzfett vom Hammel. Fett - wenn man so möchte das Stichwort für das nächste Gericht.

Sambosak

Das braucht man: 500 g Mehl, Sonnenblumenöl, 1 Zwiebel, 500 g Karotten und Erbsen (tiefgefroren)

So geht's: Zwiebel würfeln und in Öl anbraten. Karotten und Erbsen zugeben und garen, bis diese weich sind. Mit Salz, Pfeffer und reichlich Curry würzen. Aus Mehl, 6 EL Öl und heißem Wasser einen knetbaren, nicht zu flüssigen Teig herstellen. In drei Portionen teilen und zwei Millimeter dick ausrollen. Mit einem Glas Kreise von rund acht Zentimetern Durchmesser ausstechen. Auf jeden Kreis einen Teelöffel Gemüse geben, zusammenklappen und die Ränder mit Daumen und Zeigefinger zusammendrücken. Eine tiefe Pfanne rund einen Zentimeter hoch mit Öl füllen. Öl erhitzen und Teigtaschen darin ausbacken.

"Im Ramadan gab es das bei meiner Mutter jeden Tag", erzählt Awwad. Ist das nicht ganz schön viel Aufwand? "Ja, aber das ist eben Tradition." Die Füllung ist verbraucht, ein wenig Teig noch übrig. Also bäckt Awwad daraus spontan ein Fladenbrot mit Sesam und Gewürzen darauf. Da werden Erinnerungen wach: "In Syrien backen und essen die Familien das oft nebenbei, wenn sie abends vor dem Fernseher sitzen."

Lesen Sie auch den Buchtipp zum Thema: "Rezepte für ein besseres Wir", ein Koch- und Lesebuch, entstanden in der Zusammenarbeit mit Flüchtlingen.

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