Antrag nachbessern!
Nach hitziger Diskussion bei der Kreismitgliederversammlung der FDP haben die Jungen Liberalen ihren Antrag zunächst einmal zurückgezogen. Erst wollen Sing und seine Mitstreiter weitere Informationen einholen, ihren Antrag nachbessern, dann die FDP und schließlich den Stadtrat überzeugen. Dass das nicht einfach wird, zeigen die ersten Reaktionen: Oberbürgermeisterin Brigitte Merk-Erbe sagt: „Eine Privatisierung der Gewog, auch nur in Teilen, lehne ich kategorisch ab.“ Sozialer Wohnungsbau dürfe schließlich nicht zum Spekulationsobjekt und nicht allein unter Renditeaspekten betrachtet werden.
Kritik aus allen Fraktionen
In das gleiche Horn stößt der Fraktionsvorsitzende der Bayreuther Gemeinschaft, Stephan Müller: „Die Gewog muss vollständig in der Hand der Kommune bleiben“, fordert er. Nur so sei dauerhaft sichergestellt, dass der soziale Wohnungsbau auch wirklich sozial bleibe. Apropos sozial: Auch SPD-Fraktionschef Thomas Bauske macht klar: „Die SPD wird das nicht mittragen.“ Es gebe auch gar keinen Grund, die Schulden der Stadt zeitnah zu senken. Bayreuth stehe besser da als andere Städte vergleichbarer Größe. Außerdem zeige der Haushalt der Stadt, dass schon jetzt rund 60 Millionen Euro zur Schuldentilgung ausgegeben werden können, wenn das nur gewollt wäre. Ebenfalls „keine Notwendigkeit, das Tafelsilber der Stadt zu verkaufen“ sieht Altoberbürgermeister Michael Hohl (CSU). Die Stadt komme beim Schuldenabbau gut voran und müsse auf Engpässe auf dem Wohnungsmarkt immer wieder zeitnah reagieren. „Die Gewog hat gezeigt, dass sie das kann“, sagt Hohl. „Dafür brauchen wir als Stadt aber auch den Zugriff.“ Und Sabine Steininger, Fraktionschefin der Grünen im Stadtrat und Mitglied im Aufsichtsrat der Gewog, sagt: „Ich halte nichts von einer Privatisierung. Günstigen Wohnraum für sozial Schwache anzubieten, ist eine unserer dringendsten Aufgaben.“ Zur Schuldentilgung gebe es andere Möglichkeiten. Die Veräußerung des Verkehrslandeplatzes zum Beispiel.
Die Jungen Liberalen wollen diskutieren
Dass man ihn für seinen Vorschlag zerreißen würde, das habe er schon geahnt, sagt Matthias Sing. Er habe aber überhaupt erst einmal eine Debatte anstoßen wollen. Darüber, wie die Stadt entschuldet werden könnte. „Und die Teilprivatisierung der Gewog wäre nur ein Weg“, sagt Sing, der mittlerweile schon einen Schritt weiter ist: Nicht ein großer Investor, sondern die Bayreuther selbst könnten ihr Geld ja in die Gewog einbringen. Sing spricht von Anteilen zwischen 1000 und 5000 Euro, ideal für Kleinanleger, die sich eine Eigentumswohnung nicht leisten können, aber mehr wollten, als ihr Geld nur auf das Sparbuch einzuzahlen.
Das wollen die Jungen Liberalen jetzt diskutieren. Dazu sollen interessierte Bürger genauso wie Experten und Vertreter der Gewog eingeladen werden. Ein Termin steht noch nicht fest.
Info: Das Beispiel Dresden
Die sächsische Landeshauptstadt hat 2006 als erste deutsche Kommune all ihre Wohnungen verkauft. Damit konnte die Stadt auf einen Schlag ihre Schulden in Höhe von 740 Millionen Euro tilgen. Eine amerikanische Investorengruppe hatte für die rund 48.000 Wohnungen 1,7 Milliarden Euro geboten. Die Sozialchart verpflichtete den Investor unter anderem dazu 41.000 Wohnungen in ihrer aktuellen Form zu erhalten. Für 8000 Wohnungen erhielt die Stadt ein jahrzehntelanges Belegungsrecht. Mieter über 60 Jahre und Behinderte sollten zudem lebenslanges Wohnrecht erhalten. Die 492 Mitarbeiter der Wohnungsbaugesellschaft genossen fünf Jahre lang Kündigungsschutz.
Sechs Jahre später kam es dennoch zum Streit. Unter anderem weil der Investor eine Regel nicht eingehalten habe, wonach bisherige Mieter bei einem Weiterverkauf der Wohnungen mit einem Preisvorteil von 15 Prozent bedacht werden mussten. Der Investor sprach von einem Missverständnis und erklärte sich bereit, 36 Millionen Euro Vertragsstrafe zu zahlen um einem Gerichtsprozess zu entgehen.