In der Nürnberger Unterkunft von Fliederlich hat der 23-Jährige einen geschützten Ort gefunden. Drei weitere Plätze sind vergeben, was aber immer noch viel zu wenige seien, sagt Ralph Hoffmann. „Wir müssen täglich Bewerber ablehnen. Wenn wir nach dem Bedarf gehen, könnten wir ein Haus für 50 oder 60 Flüchtlinge betreiben."
Ein Leben ohne Unterdrückung
Oleksandr gefällt es, mit seinen Mitbewohnern über alles sprechen zu können. Er ist dankbar, ohne Druck und Unterdrückung leben zu können. Der Alltag im Haus gleicht dem einer Wohngemeinschaft. Die Bewohner unternehmen viel, kochen und essen zusammen und unterstützen sich gegenseitig. Ein Paar ist übrigens nicht darunter. Kürzlich war die Deutschlehrerin zu Besuch: „Da lerne ich kein Fränkisch, aber Deutsch“, sagt Oleksandr mit einem Lachen.
Der Ukrainer hofft, bald in Deutschland arbeiten zu dürfen. Am liebsten würde er Physiotherapie studieren – dafür muss er aber Bleiberecht haben. Bis dahin würde er gerne als Barkeeper oder Kellner arbeiten. Das hat er auch schon in Warschau und Kiew gemacht. Er braucht aber dafür die Erlaubnis der Behörden. Nur wenn kein Deutscher Interesse an einem Angebot zeigt, hat er die Chance auf den Job.
Wie geht es weiter?
Nicht nur die Zukunft von Oleksandr in Deutschland ist ungewiss, auch die seiner besonderen Wohngruppe. Ende des Jahres will der Besitzer das Haus umbauen. Der Verein Fliederlich muss dann andere Räume für das Projekt finden. Ralph Hoffmann zeigt sich optimistisch: „Es laufen schon Gespräche, wo wir im Anschluss hinziehen können.“
Aus ganz Deutschland erhält Fliederlich nun Anfragen, die ersten Erfahrungen weiterzugeben. In Berlin hat mittlerweile ebenfalls eine Unterkunft dieser Art eröffnet, in Hannover und München sind sie in Planung. Hoffmanns Vision ist es, in allen größeren Städten ein solches Angebot einzurichten. „Es geht schließlich immer um Menschen.“
Info: Der Verein Fliederlich betreibt das Wohnheim für alle, die sich als lesbisch, schwul, bisexuell, transsexuell, transgender, intersexuell oder queer bezeichnen und deshalb Diskriminierung ausgesetzt sind. Die Finanzierung läuft über die Stadt Nürnberg, die das Geld wiederum vom Freistaat erhält. Nürnberg beherbergt aktuell rund 8500 Flüchtlinge in 130 städtischen Unterkünften und 15 größeren Flüchtlingsheimen des Bezirks Mittelfranken. Drei der Heime mit insgesamt 60 Plätzen sind nur für Frauen eingerichtet. Grundsätzlich begrüße die Stadt weitere Unterkünfte für bestimmte Gruppen oder Minderheiten, wenn es laut fachlichen Überlegungen Sinn mache, sagt Dieter Maly, der Leiter des Nürnberger Sozialamtes.