Polizei fahndet nach zwei Männern, die in mindestens fünf Apotheken mit der gleichen Masche aufgefallen sind Die Polizei fahndet nach Rezeptfälschern

Von Thorsten Gütling
In mindestens fünf Bayreuther Apotheken sind Rezeptfälscher vorstellig geworden. Jetzt fahndet die Polizei nach zwei Männern. Archivfoto: Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände Foto: red

Der Plan war gut durchdacht: Ein Mann ruft in der Apotheke an und bestellt eine große Menge Schmerzmittel. Zur Abholung kommt er am Samstag, wenn kein Arzt erreichbar ist, und legt ein nahezu perfekt gefälschtes Rezept vor. In Bayreuth ist diese Masche jetzt aufgeflogen. Die Polizei fahndet nach zwei Männern.

 
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Als ein Mann am vergangenen Samstag die Apotheke im Med-Center betritt, gerät er an die Falsche. Apothekerin Alice Bloß, die an diesem Tag hinter dem Tresen steht, ist auf der Hut. "Weil wir in letzter Zeit oft gefälschte Rezepte bekommen. Das ist ein gewaltiger Trend." Bloß ist sofort skeptisch. 300 Tabletten des Schmerzmittels Tilidin sind eine ungewöhnlich hohe Menge. Sie händigt dem Mann, der vorgibt, die vielen Tabletten für einen Chef auf Montage abholen zu wollen, nur 20 statt 300 Tabletten aus. Als Notration fürs Wochenende. Den Rest könne der Mann am Montag abholen, sagt sie. Bis dahin wolle sie das Rezept prüfen.

Der Mann reagiert überraschend entspannt

Der Mann reagiert entspannt. Erklärt, dass er das nachvollziehen könne und ruft damit bei Apothekerin Bloß ein schlechtes Gewissen hervor. Verdächtigt sie den Mann zu Unrecht? Als Apotheker wolle man den Menschen schließlich helfen, sagt sie. Doch sie bleibt hart. Und wählt am Montag die Telefonnummer des Berliner Arztes, der das Rezept ausgestellt haben soll. Der wiederum reagiert genervt. Nachfragen wie die von Bloß erreichten ihn ständig, sagt er. Und ja, das Rezept sei eine Fälschung. Daraufhin setzt die Apothekerin ein Schreiben auf, um andere Bayreuther Apotheker zu warnen. Und sie ruft die Polizei, die aber längst informiert ist.

Kurze Zeit später, das gleiche Spiel

Denn der Abholer, vermutet Bloß, habe auch deshalb so entspannt reagiert, weil er sich seine Tabletten noch in vielen anderen Apotheken besorgen wollte. Und Bloß hat Recht. Kurz darauf wird der Mann, oder einer seiner Komplizen, in der Hof-Apotheke am Sternplatz vorstellig. Genauso wie in mindestens drei weiteren Apotheken im Stadtgebiet. Wolfgang Bauer, dem zwei der betroffenen Apotheken gehören, spricht von Strohmännern. Eine seiner Apothekerinnen hatte die Polizei zuerst informiert. In einer seiner Apotheken wurde der Abholer auch gefilmt. Die Polizei nimmt das Band zur Auswertung mit. Seitdem fahndet sie nach einem 1,75 Meter großen Mann, der akzentfreies Deutsch sprechen, 20 bis 30 Jahre alt sein und dunkle Haare, sowie eine leicht dunkle Hautfarbe haben soll.

"Da waren Profis am Werk"

Das Rezept, das der Mann in den Apotheken vorlegte, nennt Bauer perfekt. "Da waren Profis am Werk. Wir hatten eigentlich keine Chance." Das Rezept habe bis ins Detail einem echten geglichen. Vom Kreuzchen, mit dem der Arzt dem Apotheker verbietet ein anderes, Wirkstoff gleiches Medikament herauszugeben, bis zum Ausrufezeichen, das bedeutet: Vorsicht, unübliche Menge.

Und dennoch: Auch seine Mitarbeiter rufen am Montag bei dem Berliner Arzt an. Weil sich die Fälscher dann doch zwei kleine Fehler erlaubt haben. Die auf dem Rezept vermerkte, sogenannte lebenslange Arztnummer passt nicht zu dem Doktor. Und auf dem Rezept ist er außerdem als Allgemeinarzt bezeichnet. Gewöhnlich heißt es Arzt für Allgemeinmedizin.

Suchtstoff Tilidin

Tilidin ist ein starkes Schmerzmittel, das normaler weise bei Bandscheibenvorfällen und Arthrose verschrieben wird. Den Wert von 300 Tabletten beziffert Apotheker Wolfgang Bauer auf rund 180 Euro. Auf dem Schwarzmarkt könne aber leicht der dreifache Preis erzielt werden. Die Polizei spricht von einer Ausweichdroge und Bauer nennt das Mittel "heiß begehrt bei Drogensüchtigen und Dealern". Beinahe so begehrt wie der Wirkstoff Fentanyl, für den es ein Betäubungsmittelrezept brauche. "Aber das kann man nicht fälschen", sagt Bauer.

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